Am Spieltag von Hufflepuff gegen Gryffindor schien gefühlt das erste Mal in diesem Jahr wirklich die Sonne. Heute war mal wieder einer der Tage, wo ich die unsichtbare Decke der großen Halle bereute. Da es noch Frühjahr war, stand die Sonne relativ tief und blendete die Leute, während sie ihren morgendlichen Kaffee tranken. Adina und auch noch ein paar andere Slytherins hatten Sonnenbrillen auf der Nase, während die meisten sich darauf beschränkten, die Augen zusammenzukneifen oder die Hände vors Gesicht zu halten.
„Glaubt ihr, wir können gleich beim Spiel etwas sehen?", fragte Adina nachdenklich mit einem Blick zum Himmel.
„Ich hoffe doch. Durch die kurzfristige Umbesetzung des Teams hat Gryffindor eine hohe Chance zu verlieren. Vor allem weil Cormac McLaggen kein Teamplayer ist. Was man so hört, macht er wohl Harry den Kapitänsposten streitig. Wenn ich mich nicht irre, werden sie also durch Hufflepuff fertig gemacht. Harry hätte wirklich einen anderen Ersatz-Hüter nehmen sollen."
„Und dieser Gedanke macht dich natürlich glücklich", murmelte Adina in einem ziemlich vorwurfsvollen Ton.
„Jetzt tue mal nicht so, als würde es dir kein bisschen sadistische Freude bringen, wenn heute die Gryffindors verlieren. Du hast die letzten Jahre deshalb immer wieder von der kleinen Patricia eins auf den Deckel gekriegt. Also spare es dir, den Moralapostel spielen zu wollen. Das ist nicht dein Ding, Süße. Du bist der Bösewicht dieser Geschichte, Adina, nicht die Heldin. Auch wenn Patricia dir etwas anderes einreden wollte. Du hättest dir einen besseren Platz für deine Zukunft sichern sollen, als du es noch konntest. Aber stattdessen hast du dein Herz durch die kleine Kriegsnymphe aufweichen lassen."
„Du hast vollkommen recht. Eigentlich solltest du der Moralapostel sein, nicht ich. So funktioniert unsere Beziehung. Du sagst mir, ich soll nicht zum Bösewicht mutieren, und ich sage dir, dass dein Outfit gar nicht geht. Das trifft heute übrigens zu. Die Farbkombi geht gar nicht."
„Du liegst falsch. Das war das Ding zwischen dir und Patricia. Unser Ding ist es, dass du mir gegenüber haltlose Drohungen aussprichst und ich mir jeden Tag überlege, wie ich dich möglichst langsam und qualvoll umbringe, wenn du keinen Nutzen mehr für mich hast. Also sieh zu, dass du deinen Nutzen nicht verlierst, kleine Malfoy", zischte ich ihr zu.
Die Wassernymphe zuckte allerdings nur wenig beeindruckt mit den Schultern, bevor sie ihre Sonnenbrille demonstrativ zurechtrückte und ihre Nase wieder in Richtung Sonne streckte. Eins musste man ihr wirklich zugestehen. Sie hatte sich Eier zugelegt.
„Draco kommst du eigentlich gleich, um dir das von unserer geschätzten Tahnea prophezeite Desaster anzusehen?", fragte Adina ihren Bruder.
„Nein, ich habe zu tun", kam die übliche Absage von Draco, weshalb mir von der Wassernymphe ein böser Blick zugeworfen wurde. Sie fand wohl, ich sollte ihren Bruder zu diesem Spiel überreden. Dabei war ich mir sehr sicher, dass würde nichts an seiner Nervosität wegen des kaputten Kabinetts ändern.Auch auf der Tribüne blendete die Sonne nicht weniger. Wir hatten zum Glück einen Sitzplatz, bei dem uns das grelle Licht im Rücken stand, weshalb wir problemlos den Spielverlauf zusehen konnten. Ganz anders als die Leute auf den gegenüberliegenden Rängen. Die würden wohl nur die Kommentare haben.
Sehr zu meiner Verwunderung blieb die Stadionsprecher allerdings ruhig, als die Hufflepuffs das Spielfeld betraten. Auch als die Gryffindors kurz darauf folgten, war kein Wort zu hören. Dabei konnte man dort mal wieder beobachten, wie McLaggen Anweisungen geben wollte, weshalb Harry ihn auf seinen Platz verwies. Der wahre Kapitän sollte wohl noch einmal deutlicher machen, dass er wirklich der Chef war. Ansonsten würde er schon bald entthront werden.
Die Mannschaftskapitäne gaben sich wie immer die Hände. Daraufhin folgte der Pfiff von Madam Hooch, welcher den Beginn des Spiels verkündete. Die Mannschaften sausten in die Höhe. Die Jäger rasten auf den Quaffel zu, um ihn gleich zu Beginn für ihre Mannschaft zu sichern, während die Treiber losflogen, um die Klatscher unter Kontrolle zu bringen und die Sucher über dem Spielfeld anfingen ihre Kreise zu ziehen.
Zacharias Smith bekam den Quaffel in die Finger. Sofort setzte er zum Angriff an und versuchte bis zu den Gryffindorringen vorzudringen, vor denen Cormac McLaggen flog.
„Und da ist Smith von Hufflepuff mit dem Quaffel", hörte man Lunas verträumte Stimme durch das Stadion hallen. „Das war natürlich der Stadionsprecher vom letzten Mal, und Ginny Weasley ist in ihn reingeflogen, ich schätz mal, mit Absicht – so hat es jedenfalls ausgesehen. Smith war ziemlich fies gegen Gryffindor, ich vermute, das bereut er jetzt, wo er gegen sie spielt – oh, seht mal, er hat den Quaffel verloren, Ginny hat ihn Smith abgeluchst, ich mag sie wirklich, sie ist sehr nett ..."
„Ich dachte, Luna hätte ein Scherz gemacht, als sie mir heute Morgen im Gemeinschaftsraum erzählt hat, dass sie Stadionsprecherin ist", hörte ich Jamie erstaunt sagen.
„Warum redest du noch mit ihr?", kam es entsetzt und schnippisch zugleich von Adina. Ich fragte mich wirklich, wovor sie gerade mehr Angst hatte. Das dieses Gespräch bedeutete, wir würden bei Voldemort auffliegen, oder Jamie interessierte sich doch noch für die kleine Verrückte? Wenn man ihre Eifersuchtsattacken bedachte, war es vermutlich gerade eher Letzteres. Für Ersteres war ich nämlich definitiv die größere Gefahr.
„Ich rede nicht mehr mit ihr. Das hält sie aber nicht davon ab, immer mal wieder mit mir zu reden. Sie ist nun mal recht speziell. Sie hat noch nicht verstanden, dass wir keine Freunde mehr sind", verteidigte sich Jamie, allerdings stand ihm dabei das schlechte Gewissen ins Gesicht geschrieben. Und das kam auf jeden Fall durch die Kündigung der Freundschaft von Luna und ihm, nicht von der Gefahr, die er über uns alle brachte. Er hatte einfach ein zu weiches Herz, was die Verrückte anging.
„... aber jetzt hat ihr dieser große Hufflepuff-Spieler den Quaffel abgenommen, mir fällt sein Name nicht mehr ein, so ähnlich wie Bibble – nein, Buggins –", redete Luna munter weiter.
„Er heißt Cadwallader!", rief Proffesor McGonagall laut neben der Ravenclaw, weshalb das Studium anfing zu lachen. Die Verrückte ließ sich davon aber nicht beirren. Sie bedankte sich bei der Lehrerin, bevor sie einfach weiter plapperte.
Währenddessen schien McLaggen vergessen zu haben, was für eine Aufgabe er eigentlich auf dem Spielfeld hatte. Anstelle weiterhin die Ringe zu bewachen, kritisierte er lauthals Ginny, weil sie sich hatte den Quaffel abnehmen lassen. Das Ganze hatte allerdings nur zu Folge, dass Cadwallader freie Bahn hatte, weil dem Hüter nicht auffiel, dass der große rote Ball an seinem Ohr vorbeirauschte. Was für ein Idiot.
„McLaggen", brüllte Harry ihm nun zu, „kümmer dich endlich mal um deinen eigenen Kram und lass die andern in Ruhe!"
„Du bist nicht gerade ein großartiges Vorbild!", schrie McLaggen mit zornesrotem Gesicht zurück, was mich zum Kichern brachte. Potter fehlte eindeutig die Durchsetzungsfähigkeit als Mannschaftskapitän. Allerdings war das auch nicht verwunderlich, wenn man bedachte, dass letztes Jahr auch eher Hermine alles bei der DA durchgesetzt hatte, nicht er.
„Und jetzt hat Harry Potter Streit mit seinem Hüter", sagte Luna heiter, während im Publikum Hufflepuffs wie Slytherins johlten und jubelten. „Ich glaub nicht, dass ihm das helfen wird, den Schnatz zu finden, aber vielleicht ist es ein schlauer Trick ..."
Ich musste nur noch mehr lachen. Der Verrückten traute ich tatsächlich zu, dass sie von einem Trick der Gryffindors ausging. Jemand, der glaubte, die Kriegsnymphenfamilie würde aus Drachen bestehen, glaubte nun einmal an alles.
Noch immer zornig vor sich hinfluchend, riss Harry seinen Besen wieder herum. Er wollte anscheinend ein gutes Vorbild für seine Mannschaft sein und wieder nach dem Schnatz suchen. Da hatte sich McLaggen aber gut durchgesetzt.
Das Spielgeschehen ging weiter. Erneut ging das Gerangel um den Quaffel los. Die Gryffindors schlugen sich genau so, wie ich es vorhergesagt hatte. Das Jäger-Trio war eine gut funktionierende Einheit wie immer. Ansonsten hätten sie am Ende der ersten halben Stunde schon längst verloren gehabt. Doch McLaggen konnten sie nicht ausgleichen. Immer wieder motzte er seine Mannschaftskollegen an, weil sie in seinen Augen etwas falsch machten, weshalb er seinen eigentlichen Job total vergaß.
Luna hingegen hatte schon längst das Spielgeschehen und den Spielstand aus den Augen verloren. Viel lieber lenkte sie die Aufmerksamkeit der Spieler auf ihrer Meinung nach interessantere Dinge wie Wolkengebilde. Zacharias Smith, der den Quaffel bisher kaum länger als eine Minute in der Hand hatte, dichtete sie außerdem ein „Verlierer-Zipperlin" an. Was auch immer das sein sollte.
„Siebzig zu vierzig für Hufflepuff", bellte Professor McGonagall irgendwann in Lunas Megafon.
„Was schon?", fragte Luna ganz zerstreut. „Oh, seht mal! Der Hüter von Gryffindor hat das Schlagholz von einem Treiber in der Hand."
Belustigt sah ich dabei zu, wie McLaggen einem der Treiber vorführte, wie man dem angreifenden Cadwallader einen Klatscher entgegenschlug. Dabei waren die Ringe natürlich mal wieder vollkommen ungeschützt. Wirklich gut mit dem Holz umgehen konnte er ebenfalls nicht. Insgesamt war das mal wieder eine sehr unnötige, aber auch sehr typische McLaggen-Aktion.
Harry wirbelte mal wieder zu der Szene herum. Anscheinend wollte er sich einen erneuten Machtkampf mit seinem Hüter liefern. Ich für meinen Teil hätte ihn ja schon längst in die Wüste geschickt. Dann könnten sich wenigstens die anderen Spieler konzentrieren. Die Ringe waren so oder so ungeschützt.
„Gib ihm sofort den Schläger zurück und scher dich zurück zu den Torpfosten!", brüllte Harry seinen Treiber an.
Ich verdrehte die Augen, war ja klar, dass er nicht den Mumm hatte, McLaggen jetzt und hier aus der Mannschaft zu werfen. Dabei wäre es mehr als angemessen.
Genau in diesem Moment gab McLaggen dem Klatscher einen fürchterlichen Schwinger. Er traf ihn allerdings nicht richtig, weshalb er auf Harry zuraste. Dieser schaffte es tatsächlich nicht mehr, ihm auszuweichen, weshalb er von diesem niedergestreckt wurde.
Ich fing lauthals an zu lachen, während Potter ohnmächtig in Richtung Boden segelte. Die beiden Treiber seines Teams schossen sofort los, um ihm zu helfen. Tatsächlich konnten sie ihn noch auffangen, bevor er auf den Boden aufschlug. Damit wurden wohl leider seine schlimmsten Verletzungen verhindert, aber sein Ego wäre deshalb wohl sehr angekratzt.
Leider war damit wahrscheinlich der interessanteste Teil des Spiels vorbei. Jetzt gab es niemanden Höherrangigen mehr, dem McLaggen die Stirn bieten konnte. Die anderen Teammitglieder hatten es bisher die ganze Zeit Harry überlassen. Ginny schrieb ich noch das Temperament zu, um dem Hüter gleich die Meinung zu geigen. Allerdings war ihr wohl klar, dass eine solche Szene eher etwas für nach dem Spiel war.Ich hatte mich bei Draco untergehakt, während wir gemeinsam durch die Gänge von Hogwarts zum Essen liefen. Nach dem Spiel war ich zu ihm in den Raum der Wünsche gegangen, um in aller Ausführlichkeit davon zu berichten. Vor allem von Harrys wirklich amüsanten Absturz.
Tatsächlich war das wesentlich befriedigender als das Ende vom Spiel. Da den Gryffindors der Sucher und somit die Möglichkeit den Schnatz zu fangen gefehlt hatte, war es nicht wirklich überraschend, dass sie haushoch mit 60 zu 320 Punkten verloren hatten. Zusätzlich hatte mir noch Harrys Streiterei mit McLaggen gefehlt. Irgendwie hatte sich niemand anderes aus dem Team wirklich mit ihm anlegen wollen.
So wirklich überraschte es mich nicht. Hätten sie alle McLaggen von Anfang an gesagt, er hätte nichts zu sagen, wäre er wohl mittlerweile Still, doch stattdessen musste es der unfähige Harry regeln. Nur Ginny traute ich es zu, dem Hüter den Kopf abzureißen, aber sie kam wohl zu der Erkenntnis, das Quidditchfeld war der falsche Ort dafür.
Trotzdem sah man mit jeden Mal, wie bei Ginny die Zündschnur etwas kürzer wurde. Als McLaggen sie das nächste Mal anschnauzte, flog sie einfach an ihm vorbei, beim dritten Mal zeigte sie ihm den Vogel und erst nach dem Spiel schnauzte sie ihn an, dass er nur eine Aushilfe war und deshalb gar nichts zu sagen hätte.
Doch so wirklich glücklich hatte mich das nicht gemacht. Das konnte aber auch daran liegen, dass ich Harry um einiges mehr haste als die anderen Gryffindors, weshalb ich eine besondere sadistische Freude empfand, wenn er Schaden erlitt. Umso lustiger war es jetzt auch, mit Draco über ihn abzulästern.
Wir hatten uns gerade von einem Lachanfall erholt, weil ich in aller Ausführlichkeit von McLaggens Klatscher erzählt hatte, als andere Stimmen zu hören waren. Die beiden Personen mussten hinter der nächsten Ecke stehen.
„Ach, komm schon, Ginny. Das war doch komisch!", hörte man sich Dean Thomas beschweren.
„Daran war wirklich überhaupt nichts komisch. McLaggen hat Harry verletzt und uns auch noch den Sieg gekostet", hörte man sich die Gryffindor-Jägerin bei ihrem Freund beschweren.
Draco sah mit einem breiten Grinsen zu mir herüber. Im nächsten Moment lachte er schon wieder los. Ich stimmte mit ein. So viel zu, wir waren gerade damit fertig, über diesen Vorfall zu lachen. Offensichtlich waren wir es doch noch nicht.
Ginny kam um die Ecke und funkelte uns wütend an. Als sie sah, wen sie vor sich hatte, verschränkte sie noch wütend die Arme und streckte ihr Kinn in die Höhe.
„Du bist genauso wie die Slytherins, Dean. Lachst darüber, was passiert ist. Ich gehe jetzt nach Harry gucken", verkündete sie ihrem Freund, der noch immer außer Sichtweite hinter der Ecke stand. Dann rauschte sie auch schon wütend davon. Wenn da mal nicht bald eine hoffentlich sehr dramatische Trennung folgte. Dann hätten wir wenigstens noch mehr zum Lachen.
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Hexagramm - Papiertiger
أدب الهواةDreizehn Nymphen mit dreizehn Kräften und dreizehn Flüchen. Drei Jäger und zehn Gejagte. Sirius, der Lügner; ihre leibliche Familie, die sie nicht genug wollten, um nach ihr zu suchen; der dunkle Lord, der ihr alles nahm - Patricias Wut hat sie noch...