Auch die restlichen Ferien verliefen nicht wirklich aufschlussreicher als die bisherigen Tage. Irgendwie hatte ich kein Glück, was Informationsbeschaffung anging. Oder kein Talent. Patricia hatte eigentlich ständig die Kriegsnymphenfamilie nach Informationen gefragt. Zugegebenermaßen, war es immer eine sehr erfolgreiche Strategie gewesen, doch vielleicht hatte sie damit nur verschleiert, wie unfähig sie war, selbst etwas herauszufinden. Obwohl, Karkaroff hatte ich problemlos aufspüren können. Es lag also wirklich nur daran, dass Tyche mal wieder nicht auf meiner Seite war.
Diese gemeine Bitch.
Dabei hätte die Halbgöttin des Schicksals momentan allen Grund dafür, mich zu unterstützen. Ich war gegen Ares, was ihr doch sicherlich gefiel. So wie der Kriegsgott sich ständig über die schon längst Verstorbene ausließ, waren sie definitiv keine guten Freunde. Es musste ihr doch wirklich sehr gut gefallen, dass er nun auf einer Müllkippe lag. Ob er es wohl jemals zurück zu einer Kriegsnymphe schaffen würde?
Aber nein, sie unterstützte mich natürlich trotzdem nicht. Vielleicht hatte sie zu viel Angst davor, was passieren würde, wenn Patricia mich doch irgendwann wieder ersetzen würde. Würde sie mir helfen, säße die kleine schwache Kriegsnymphe dann allerdings längst auf dem blutigen Thron, was auf jeden Fall sehr lustig anzusehen wäre. Ändern konnte das an meiner Situation allerdings nichts.
Tyche blieb ein wankelmütiges Miststück, was mich nicht unterstützte, also musste ich mich wohl weiter hier durchbeißen.Am letzten Abend der Ferien kamen dann die ganzen Schüler zurück nach Hogwarts, weshalb es auch mit der Ruhe vorbei war. Parkinson warf Draco und mir einen eifersüchtigen Blick zu, als wir zusammen beim Abendessen auftauchten. Auch wenn sie nichts sagte, ihr gefiel es gar nicht, dass wir beide momentan so viel Zeit miteinander verbrachten. Allerdings war das wohl nicht verwunderlich, wenn man bedachte, dass Tag nach Slughorns Weihnachtsfeier jeder von der Knutscherei gewusst hatte.
Der kleinen Parkinson war das Herz in tausend Teile zerschmettert worden und ich hatte es wirklich genossen, dabei zuzusehen. Sie hatte eigentlich nie auf meiner Liste gestanden. Die weiche Patricia hatte ihr doch tatsächlich irgendwie verzeihen können, weshalb ich trotz des jahrelangen Kleinkrieges nicht Hass für sie empfand. Eigentlich ironisch, wenn man bedachte, dass die Kleine über die Taten ihrer leiblichen Familie nie hinweg gekommen war. Rein objektiv betrachtet, hatte Parkinson mein Messer im Herz wesentlich mehr verdient, doch ihr gegenüber empfand ich einfach nicht die Lust dazu.
Doch trotz allem hatte der Scherbenhaufen, der einst Parkinsons Herz war, mir sehr gut gefallen. Er hatte das letzte, kleine bisschen Wut in mir besänftigt, von dessen Existenz ich bis dahin nicht einmal wusste.
Doch egal, wie sehr es ihr in diesem Moment auch das Herz zerschmettert hatte, sie war tatsächlich nicht auf mich losgegangen. Sie hatte mich nur böse angesehen, weil ich meine Krallen in ihren Traumtypen gerammt hatte. Keine Ahnung, ob sie es schon nicht wagte, sich mit der Kriegsnymphe anzulegen, oder ob Adina im Schlafsaal eine Warnung ausgesprochen hatte, ich wäre momentan leicht reizbar und mörderisch veranlagt.
Als sie kurz darauf mitbekam, wie Draco den Jungs aus seinem Schlafsaal versicherte, der Kuss würde nicht bedeuten, wir wären ein Paar, wirkte sie wieder etwas besänftigter. Jedenfalls bis zu dem Moment, wo sie die Ferienpläne von uns beiden realisierte.
Viel wichtiger als Parkinsons Rückkehr war allerdings die von Adina. Jedenfalls für Draco. Er war ganz begierig darauf, zu hören, dass es seiner Mutter wirklich gut ging. Am liebsten wäre er in den Weihnachtsferien wohl nach Hause gefahren, da es aber beim Verschwindekabinett nicht weiterhelfen würde, hatte er sich wohl dagegen entschieden.
Das war unterm Strich auch eine sehr kluge Entscheidung von ihm. Der dunkle Lord hatte nur den Druck von seinen Schultern genommen, weil ich ihm versicherte, dass der junge Slytherin wirklich alles tat, um das Verschwindekabinett zu reparieren, und dieses später für uns sehr praktisch sein könnte, um die Schule nach Dumbledores Tod zu übernehmen.
„Ihr geht es den Umständen entsprechend sehr gut, Draco", versicherte Adina ihrem Bruder, der dabei erleichtert aufatmete. Anscheinend hatte der Slytherin wirklich gedacht, ich würde mein Versprechen nicht einhalten und klammheimlich folterte der dunkle Lord seine Mutter. „Sie macht sich Sorgen um dich und ist sehr traurig, weil du Weihnachten nicht zu Hause warst. Die Feiertage waren ohne Vater schon schwer und dann hast du auch noch gefehlt ... Komme an Ostern bitte nach Hause."
„Wenn ich es kann, werde ich mitkommen, Adina", erklärte Draco, während sein Blick immer wieder gehetzt zu mir glitt. „Ich vermisse sie auch, aber momentan sind andere Dinge einfach wichtiger. Ich muss meine Aufgaben erledigen und das weißt du."
„Wenn du danach entspannt bist, habe ich nichts gegen Ferien. Ihm könnte das aber sauer aufstoßen. Der Sinn von einer Auszeit wird definitiv über seinen Horizont hinausgehen. Ich würde empfehlen, erst deine Aufgaben zu beenden, Draco. Danach wirst du frei sein", flüsterte ich Draco zu, damit die anderen nicht mitbekamen, worüber wir redeten.
Auch wenn ich nicht ausschloss, dass die beiden Malfoys sich gegenüber ihren Freunden bezüglich meiner Position geäußert hatten, war ich noch immer der Meinung, die Schüler mussten nicht alles wissen. Ich war sogar eigentlich dafür, dass sie gar nichts erfuhren. Es gab keinen Grund dafür, sie einzuweihen, also war das Gespräch nur ein Risiko. Ein Risiko belauscht zu werden, ein Risiko verraten zu werden.
„Wir wissen beide, dass es nicht stimmt", wurde von Draco genauso leise erwidert, weshalb ich nur mit den Schultern zuckte.
„Wenn du seine Aufgabe bestehst, hast du ein höheres Ansehen bei ihm. Also wird sein Stiefel nicht mehr ganz so drohend über dir schweben. Aber ja, du hast Recht. Ganz frei wirst du erst wieder nach deinem Tod sein. So lange gehörst du mir", flüsterte ich ihm zu, allerdings offensichtlich nicht leise genug, denn Adina sah uns etwas verstört an. So viel zum Thema, man konnte belauscht werden.
Doch die Reaktion zeigte mir noch etwas anderes. Vielleicht oder sogar sehr wahrscheinlich war der Wassernymphe klar gewesen, dass ich gerade mein Spiel mit ihrem Bruder trieb. Ich war mir auch sehr sicher, sie verstand meine nicht ganz so subtilen Anmerkungen ihr gegenüber, dass ihr Bruder und ich regelmäßig miteinander schliefen. Jedes Mal wenn sie mit der Beziehung von Blaise und Patricia ankam, rieb ich ihr es unter die Nase, um ihr klar zu machen, dass mich der Ex-Freund überhaupt nicht interessierte.
Viel mehr stellte ich mir immer wieder die Frage, wann sie wohl endlich einsehen würde, dass ihr ganzen gerade von Blaise nichts bringen würde. Ihre beste Freundin war gut weggesperrt und bisher war noch niemand in Sicht, der ihr die Kraft geben würde, sich zu befreien. Nur Leute, die notfalls aus meinem Weg geräumt wurden.
„Wir gehören dir nicht, Tahnea!", wurde leise über den Essenstisch gezischt. „Weder Jamie, noch Draco, noch ich. Wir mögen vielleicht momentan in deinem klebrigen Netz gefangen sein ..."
„... aber ihr werdet alles dafür tun, um eure Patricia zurückzukriegen", beendete ich gelangweilt den Satz. Als hätte sie mir das nicht schon hundert Mal versichert. Seitdem sie mich in die Zwischenwelt befördert hatte, war allerdings ein weiterer Versuch ausgeblieben. Vermutlich wollte sie nur eine wirkliche sichere Methode verwenden, damit ich nicht wieder zurückkam und sie tötete.
„Ist mir bewusst", fuhr ich fort. „Aber ich habe kein Problem damit, euch alle zu töten, wenn ihr ein Versuch wagt und scheitert. Denk immer daran, bevor du etwas Dummes tust. Also bevor du keinen Weg gefunden hast, von dem du dir sicher bist, er wird funktionieren, bleibe ich.
Dir scheinen aber die Ideen ausgegangen zu sein. Ich vermute, dein letzter Versuch, war der einzige Rettungsplan, der euch eingefallen ist. Patricias schwächliche Liebe zu Sirius, dem elendigen Lügner. Er brach ihr das Herz, also muss er in der Lage sein, es wieder zusammenzusetzen. Aber das ist er nicht.
Ich habe keine emotionale Schwäche. Du wirst Patricia nie wieder kriegen. Sie ist für immer fort, weil sie niemand genug geliebt hat. Jeder hat ihr immer nur das Herz gebrochen. Wenn du mich loswerden willst, gibt es nur einen Weg. Du wirst mich töten müssen und sie damit auch.
Kannst du damit leben, Adina? Deine beste Freundin getötet zu haben?"
Ich wurde mal wieder geschockt aus großen Augen angestarrt. Bisher schien es der Wassernymphe noch nicht in den Sinn gekommen zu sein, mich auf diese Art und Weise aufzuhalten. Das Leben ihrer besten Freundin zu beenden, um zu verhindern, dass ich die Welt vernichtete.
Es wunderte mich nicht wirklich. Sie war nicht die Art von Mensch, die in einem solchen Moment zu einem Mord fähig war. Sie war nicht bereit, zu tun was nötig war, um zu überleben, genauso wenig wie es bei Draco oder Jamie der Fall war. Keiner von den Dreien wäre im Zweifelsfall fähig, mich zu töten, auch nicht, wenn sie sich selbst damit retten konnten. Zu tun was nötig war, war in dem Freundeskreis immer Patricias Job gewesen.
Vermutlich hatte es selbst die Kriegsnymphenfamilie noch nicht in Betracht gezogen mich auf diese Art und Weise auszuschalten. Einer von ihnen alleine hatte natürlich keine Chance gegen mich, doch ich traute es ihnen zu, mich in eine Falle zu locken und gemeinsam zu töten. Ich war stark, eine gute Kämpferin, doch nun einmal nicht unbesiegbar. Die Frage war nur, würden sie ihre wichtigste Überzeugung aufgeben, der Kriegsnymphe zu dienen, um mich aufzuhalten? Und wenn sie es taten, war es dann vielleicht zu spät?

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Hexagramm - Papiertiger
FanfictionDreizehn Nymphen mit dreizehn Kräften und dreizehn Flüchen. Drei Jäger und zehn Gejagte. Sirius, der Lügner; ihre leibliche Familie, die sie nicht genug wollten, um nach ihr zu suchen; der dunkle Lord, der ihr alles nahm - Patricias Wut hat sie noch...