Schlecht gelaunt las ich das Testament von Sirius durch. In den letzten Wochen hatte ich es immer wieder gemacht, um doch noch irgendwie eine Lösung zu finden, um an Kreacher oder dieses blöde Medaillon heranzukommen. Noch einmal Zugang zum Grimmauldplatz 12 würde dazu wahrscheinlich ausreichen, doch es schien unmöglich.
Sirius hatte sein Elternhaus und den Hauself tatsächlich an Harry vererbt. Ich meine, an Kira hätte ich ja noch irgendwie verstanden, aber sein Patensohn? Patricia hatte verdammt noch mal mit ihm angefangen, das Haus zu renovieren. Und was hatte Potter getan? Vielleicht mal ein wenig geputzt. Aber nein, Harry bekam das Haus und den Hauself mit Horkrux und was hatte er für seine Patricia? Nur das ehemalige Haus von ihm und Carolin. Was sollte ich oder sie schon damit anfangen? Es war verstaubt und die Möbel waren veraltet. Wenn Patricia hier wäre, würde sie sicherlich nicht dorthin ziehen, sondern sich weiterhin bei Marlon ins Bett kuscheln. Nach dem Tod von Sirius hätte sie wahrscheinlich nicht einmal mehr darauf Rücksicht genommen, wenn Yasmine da war. Hauptsache sie durfte bei ihrem zweiten Vater sein.
Doch da ich mal wieder mit den blöden Horkruxen nicht weiterkam, konnte ich mich auch auf mein zweites Problem kümmern. Das Absorbieren der Magie der anderen Nymphen. Und wo konnte man da besser anfangen als in der ehemaligen Bibliothek eines Gottes. Da mir nun die von Ares versperrt war – jedenfalls ging ich noch davon aus, die Kriegsnymphenfamilie ließ mich herein – hatte ich beschlossen, lieber die Bibliothek einer anderen aufzusuchen. Genauer gesagt, die im Schloss von Zeus, denn diese war die einzige Unbewachte, die ich kannte. Allerdings wusste ich nicht, wie viele Bücher überhaupt die Jahre in dem leerstehenden Gebäude überlebt hatten. Oder die Kämpfe davor.
Trotz allem hatte ich beschlossen das erste Hogsmeadewochende des Jahres dafür zu nutzen, zu dem Schloss von Patricias kleiner Schwester zu reisen. Während sich die meisten anderen in Hogsmeade vergnügten, würde ich hoffentlich einen Schritt näher an die Vernichtung meiner Feinde kommen. Ich hatte auch schon überlegt, Hogwarts heimlich über einen der unzähligen Geheimgänge zu verlassen, doch aufgrund der vielen neuen Sicherheitsmaßnahmen hatte ich mich dann doch dagegen entschieden. Auch wenn ich es wahrscheinlich geschafft hätte, war es sehr viel arbeit und die Bibliothek von Hogwarts hatte mich die letzten Wochen doch ganz gut beschäftigt. Zwar wusste ich noch immer nicht, wo sich nun das Diadem von Ravenclaw befand, doch hatte wenigstens ins Erfahrung bringen können, dass es auch noch einen Kelch von Hufflepuff und ein Schwert von Gryffindor gab. Da Letzteres von dem Schulleiter von Hogwarts und damit Dumbledore aufbewahrt wurde, hielt ich es für unwahrscheinlich, dass es sich dabei um einen Horkrux handelte. Daher hatte ich mir bisher nicht die Mühe gemacht, noch einmal im Schulleiterbüro einzubrechen, um es zu zerstören.
Stattdessen wartete ich ungeduldig darauf, dass wir uns endlich auf den Weg nach Hogsmeade machen durften. Das Frühstück, bei dem sich Draco ständig darüber beschwerte, dass er Nachsitzen musste, weil er mehrmals seine Hausaufgaben für Verwandlung vergessen hatte, zog sich hin wie Kaugummi. Ich aß so schnell ich konnte, doch trotzdem hörte ich dreimal mit, wie der junge Malfoy sich darüber beschwerte. Umso glücklicher war ich, als ich später bemerkte, dass ich wenigstens die dreizehnte Person in der Reihe war. Zumindest musste ich nicht Ewigkeiten darauf warten, endlich dran zu sein, wenn sich die Tore endlich öffneten.An dem ehemaligen Schloss von Zeus schien das letzte Jahr fast spurlos Vorbeigegangen zu sein. Noch immer war es eine verlassene Ruine. Die Steine waren noch immer nicht neu verputzt worden, das Dach nicht neu gedeckt und die Fenster waren noch immer Scherbenhaufen. Nur die Pflanzen hatten sich ein wenig vorgearbeitet und das Gebäude ein wenig weiter eingenommen. Trotz allem würde es wohl noch Jahrhunderte dauern, bis die Natur das alles wirklich zurückerobert hätte.
Ich selbst lief momentan durch das Gemäuer. Immer wieder musste ich über einen Schutthaufen klettern. An manchen Stellen war noch Blut von dem Massaker an den ehemaligen Bewohnern zu sehen. Eine riesige Sauerei, die auch nach all den Jahren nicht von Regen weggewaschen worden war.
Ich öffnete alle Türen auf den Gängen, um irgendwo die blöde Bibliothek zu entdecken. Bisher hatte ich zwei, die in den selben Salon führten, und einen Speisesaal. Eigentlich hatte ich gehofft, sie schneller zu finden. Zum einen konnte ich nicht Ewigkeiten aus Hogsmeade fernbleiben, zum anderen hatte ich auch etwas Sorge, die Kriegsnymphenfamilie würde gleich das Schloss stürmen. Mit vereinten Kräften würden sie mich problemlos überwältigen können. Auch wenn ich nicht davon ausging, dass sie mich töten würden, würde ich gerne darauf verzichten, in einem dunklen Kerker wieder aufzuwachen. Und da würden sie mich bestimmt gerne hereinverfrachten. Dieser Körper würde bestimmt erst wieder raus dürfen, wenn Patricia wieder in ihm steckte.
Ich öffnete eine weitere Tür. Dieses Mal kam ein hoher Raum, der über und über mit Regalen vollgestellt war zum Vorschein. Er ging über zwei Stockwerke und oben führte eine Galerie lang. Wie durch ein Wunder schien dieser Raum den Kampf überlebt zu haben. Es war kein Schutt zu sehen, die Fenster waren heile und nichts war umgekippt worden. Verstaube Sessel und Sofas haben früher einmal sicherlich zum Hinsetzen und Lesen eingeladen. Heutzutage taten sie nichts mehr, allerdings war weit und breit auch kein Lesestoff zu sehen. Jedes einzelne Regalbrett war leer. Der dünnen Staubschicht nach zu urteilen, hatte jemand die ganzen Bücher vor kurzem weggeschafft. Alles, was von der einst wahrscheinlich riesigen Sammlung an Wissen über geblieben ist, war ein einziger Zettel. Auch er sah nicht so aus, als hätte er hier schon Jahre lang gelegen. Neugierig hob ich ihn auf. Mit schwarzer Tinte war nur ein Symbol darauf gemalt worden. Ein Blitz.
Ich runzelte die Stirn. Hieß das, Natasha hatte all die Bücher weggeschafft? Aber die Kriegsnymphenfamilie überwachte doch das Grundstück. Allerdings konnte meine kleine Schwester natürlich so schnell wie ein Blitz laufen. In der Zeit, die Marlon, Frédéric und Margaux vor einem Jahr gebraucht hatten, um auf den Bewegungsmelder-Zauber zu reagieren, hätte sie ein Haufen Dinge wegschaffen können. Und auch wenn sie ihn später noch einmal ausgelöst hätte, hatte man das Patricia vielleicht verschwiegen, um sie nicht noch einmal zu enttäuschen. Oder man hatte einfach nicht auf den Zauber reagiert, so wie es heute anscheinend der Fall gewesen ist. Nachlässlich.
Ich gab einen frustrierten Schrei von mir. Schon wieder lief mein Vorhaben in eine verdammte Sackgasse. Warum konnte ich nicht einfach mal Erfolg haben?

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Hexagramm - Papiertiger
FanfictionDreizehn Nymphen mit dreizehn Kräften und dreizehn Flüchen. Drei Jäger und zehn Gejagte. Sirius, der Lügner; ihre leibliche Familie, die sie nicht genug wollten, um nach ihr zu suchen; der dunkle Lord, der ihr alles nahm - Patricias Wut hat sie noch...