06. Dezember 2022

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Stille lag über dem Hotel und gegen halb eins taumelten die letzten Gäste der Babyparty aus dem großen Salon im ersten Stock

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Stille lag über dem Hotel und gegen halb eins taumelten die letzten Gäste der Babyparty aus dem großen Salon im ersten Stock. Neben Stella an die Wand gequetscht lauschte ich hinter der nächsten Ecke den schweren Schritten, die auf dem bordauxfarbenen Teppich nach wenigen Sekunden verklangen, und seufzte: »Ich dachte schon, die gehen gar nicht mehr.«

Mit kleinen Augen sah die Hotelerbin zu mir herab und dunkle Schatten zeichneten sich trotz ihres Make-ups unter ihren metallgrauen Augen ab. »Ich auch. Aber wenn ich hier noch zehn Minuten hätte stehen müssen, wäre ich eingeschlafen.«

Sie war die Erste, die sich von der weißen Tapete abstieß und um die Ecke lief. Ich folgte ihr etwas langsamer und mit deutlich schwereren Schritten.Eigentlich war meine Schicht bereits seit Stunden beendet, doch da bis auf wenige Mitarbeiter des Veranstaltungsteams alle am späten Nachmittag mit einem Magen-Darm-Virus in ihre Blockhütten verschwunden waren und dort der Streit um die Toiletten ausgebrochen war, hatte ich als Springer angeboten, zu bleiben und gemeinsam mit Stella bis zum Ende der Babyparty zu warten.

Der große Salon wurde bereits morgen für eine Tagung benötigt und deshalb mussten wir die Überreste der Party noch in dieser Nacht wegräumen. Die gesunden Mitglieder des Teams mussten sich morgen direkt nach Beginn der Frühschicht um den Aufbau der Tagung kümmern, da war zumindest ich in jedem Fall aus dem Schneider. Ob das für Stella ebenfalls galt, bezweifelte ich jedoch.

Nacheinander betraten wir den von den Deckenlampen erleuchteten Raum, wobei ich es jedoch nur bis auf die Schwelle schaffte. Der dunkle Parkettboden war unter einer Schicht aus blauem Konfetti begraben und überall standen Flaschen oder Gläser herum. Jede Fensterbank war belegt, die Selbstbedienungsbar war das reinste Chaos und über den höheren Pflanzen in den Ecken hing silbern glitzerndes Lametta. Man erkannte sofort, dass hier noch jemand anderes sein dekoratives Talent ausgelebt hatte.

Stella rieb sich über die Stirn, ehe sie ihre langen hellbraunen Haare zu einem hohen Pferdeschwanz zusammenband. »Fang du mit der Luftballonkette an. Ich hole einen Wagen für die Gläser und Getränke.«

Damit drückte sie sich an mir vorbei und verschwand in Richtung der Aufzüge. Missmutig starrte ich die perfekten Luftballons an, ehe ich mir aus dem kleinen Putzräumchen auf dem Flur eine Leiter und Schere holte. Einen Luftballon nach dem anderen ließ ich geräuschvoll zerplatzen und als Stella mehrere Minuten später mit einem Rollwagen aus der Küche zurückkehrte, hatte ich bereits die Hälfte der Arbeit erledigt und stieg auf die Leiter, um an den oberen Teil der Kette zu kommen.

Gläser und Flaschen klirrten, wann immer Stella schwungvoll ein weiteres Teil auf dem Metallwagen lud. Meine Schultern schmerzten und ich spürte bereits nach ein paar Minuten einen Muskelkater in meinen Oberarmen ziehen.

»Du bist später eigentlich für die Frühschicht an der Rezeption eingeteilt. Ich werde versuchen einen Ersatz für dich zu finden«, sprach Stella mich unvermittelt an und durchbrach damit das Schweigen zwischen uns. Im Laufe der Nacht hatte sie mir das Du angeboten und es fühlte sich fast an, als hätten wir schon immer so viel Zeit miteinander verbracht. Sie gab mir ein angenehmes Gefühl in ihrer Nähe.

Château de rêves | 2022Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt