Vor etwas mehr als sieben Wochen waren Colin und ich mit zwei blauen Augen und einer Verwarnung davon gekommen. Es war nicht schwer gewesen, dem Vorschlag von Mister Mayfare ... Anthony ... zuzustimmen. Auch nach beinahe zwei Monaten fühlte es sich noch immer seltsam an, den Vater meines Freundes hinter verschlossenen Türen zu duzen.
Hinter verschlossenen Türen.
Das waren drei Worte, die ich mittlerweile hasste und die mich in meine Träume verfolgten. Ich wusste, dass ich zufrieden sein musste mit dem, was ich bekam. Colin und ich konnten nicht öffentlich zusammen sein. Nicht, wenn wir unsere Beziehung nicht riskieren wollten. Denn der Hotelinhaber würde seine deutliche Ansage in die Tat umsetzen und mich feuern, wenn herauskam, was wir waren. Und schon allein um meiner Familie zu beweisen, dass ich das hier konnte, durfte das nicht passieren.
Dennoch war es ziemlich mühsam, sich immer zu verstecken. Seit Colin zurück an der Uni war, um sein Studium zu beenden, sahen wir uns nicht mehr so häufig. Das hatte natürlich den Vorteil, dass wir keine Gefahr liefen erwischt zu werden. Allerdings hatte es gleichzeitig auch den Nachteil, dass wir uns hauptsächlich am Wochenende sehen konnten, wo ich entweder arbeitete oder mich in sein Elternhaus schleichen musste.
Am Einfachsten war es, wenn wir uns in einem der alten Personalzimmer direkt unter dem Dach des Hotels trafen und uns dort verschanzten. Colins Schwester Stella war so nett und hatte uns mittlerweile eines der Zimmer gesperrt, sodass nur noch unsere Mitarbeiterkarten dort funktionierten und wir nicht in der Angst leben mussten, erwischt zu werden.
Der einzige Hinweis, dass ich offiziell in festen Händen war, war die Kette um meinen Hals. Der Anhänger in Form eines Schlüssels lag leicht auf meiner Haut und manchmal glitten meine Finger von allein dorthin um zu prüfen, ober überhaupt noch da war. Doch das war er. Jedes einzelne mal. Und obwohl es anstrengend war, die Beziehung zu Colin geheim zu halten, war ich so glücklich, wie schon seit Jahren nicht mehr. Es verging keinen Tag an dem wir nicht miteinander simsten oder telefonierten. Auch Colins Instagram-Profil hatte sich seit Dezember deutlich verändert. Die unzähligen Partybilder waren verschwunden und wurden ersetzt und Selfies oder Bildern mit Freunden von einem entspannten Abend auf dem Sofa.
Mit Stella verstand ich mich immer besser. Seit dem Jahreswechsel war ich hauptsächlich für das Veranstaltungsteam tätig gewesen und hatte meine Schichten in der Küche und an der Rezeption deutlich reduziert. Erst am Wochenende hatte Stella mir die Verantwortung für eine große Verlobungsfeier übertragen, während sie selbst auf einer Messe in Vancouver war, um dort nach neuen Ideen zu suchen und ein paar Lieferanten zu treffen. Um ehrlich zu sein, war ich jedoch nicht allein für das Gelingen der Party und die überaus positive Rückmeldung des frisch verlobten Paares verantwortlich. Das Team hatte mich großartig unterstützt und nicht zuletzt war Colin, als Kellner verkleidet, im richtigen Moment mit dem gekühlten Champagner in den Saal stolziert. Er hatte damit einen Fauxpas, der nur aufgrund eines Kommunikationsfehlers in der Küche in passiert wäre, verhindert.
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Château de rêves | 2022
RomanceMitten in den verschneiten kanadischen Rocky Mountains erhebt sich das ›Château de rêves‹, in welchem sich vor allem zur Weihnachtszeit die Schönen und Reichen mit ihren Festlichkeiten tummeln. Hochzeiten, Babypartys, Geburtstage und nicht zuletzt d...