25. Dezember 2022

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Wie betäubt taumelte ich an Colins Arm aus dem Ballsaal und wagte es nicht, über die Schulter zurückzublicken

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Wie betäubt taumelte ich an Colins Arm aus dem Ballsaal und wagte es nicht, über die Schulter zurückzublicken. Blut rauschte in meinen Ohren, mein Herz schlug viel zu schnell in meiner Brust und ich spürte, wie sich hämmernde Kopfschmerzen hinter meiner Stirn breitmachten. Die Muskeln in meinem Körper waren bis zum Zereisen gespannt, während meine Knie gleichzeitig wie Espenlaub zitterten.

Den gesamten Abend hatten wir uns nichts anmerken lassen. Wir hatten uns kein einziges Mal geküsst, obwohl ich Colins weiche Lippen so gern auf meinen gespürt hätte. Wir hatten all die Dinge, die nicht für fremde Ohren bestimmt waren, so leise ausgesprochen. Wir waren wirklich vorsichtig.

Nur dumpf hörte ich die Absätze meiner Highheels auf dem Marmorboden des Hotels. Das Rascheln des Kleides drang nicht mehr zu mir hindurch, so laut war das Blut in meinen Ohren.

Wir waren absolut geliefert. Das war der einzige Gedanke, der in meinem Kopf gerade platz hatte.

Durch einen weißlichen Schleier hindurch nahm ich wahr, wie wir durch eine unscheinbare Tür in das Personaltreppenhaus verschwanden und Colin mich die Treppen nach oben zog. Ich hatte keine Ahnung, wie Mister Mayfare das zwischen uns herausfinden konnte, doch morgen würde er mich sicherlich die Konsequenzen dafür wissen lassen. Er würde mich heraus werfen. Dessen war ich mir mehr als bewusst.

Vor meinem inneren Auge konnte ich jeden Moment, den ich hier im Hotel erlebt hatte, nochmal wie ein Spielfilm ablaufen sehen. Ich sah mich mit meinen Kollegen im Lake Louise schwimmen und anschließend ein Picknick mit Henrys Leckereien aus der Küche auf einer Decke im Gras genießen. Ich sah mich mit den anderen Mädchen aus Hütte 14 mit Gurkenmasken herumlümmeln. Wir machten einen Spieleabend oder einen Serienmarathon. Ich erinnerte mich an all die schönen Momente, in denen wir Zeit zusammenverbracht hatten und einfach außerhalb unserer Arbeitszeit Spaß hatten. Wir hatten Wanderungen im Sommer, Herbst und Winter gemacht. Wir hatten Ausflüge in den Nationalpark und zum Skifahren gemacht. Ich hatte so viel Zeit mit ihnen alle verbracht, dass ich mir nicht vorstellen konnte, am Nachmittag die Koffer zu packen und nach Hause zu fahren.

Nach Hause. Es fühlte sich seltsam an, diese Worte zu denken. Ich hatte bis zum Beginn meines Studiums bei meinen Eltern gelebt und war dann in ein Studentenwohnheim gezogen. Ich war dort nie wirklich angekommen und egal, was ich getan hatte, ich hatte mich nicht zu Hause gefühlt. Als ich dann jedoch zurück in mein altes Kinderzimmer gezogen war, hatte es sich ebenfalls nicht nach ›Nachhause kommen‹ angefühlt. Hier im Chateau hatte ich mich von der ersten Sekunde an wohlgefühlt und den Eindruck bekommen, angekommen zu sein.

Bei dem Gedanken, diesen Ort verlassen zu müssen, flutete Panik meinen Körper und ich wusste plötzlich nicht mehr, wie man atmete. Meine Schritte wurden langsamer und Colin musste mich mehr und mehr hinter sich herziehen. Das enge, korsettähnliche Oberteil meines Kleides schnürte mir die Luft ab und ich wollte nichts lieber, als es endlich zu öffnen.

Château de rêves | 2022Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt