In dem Kylie einen komplizierten Montag übersteht und ein Käsebrot isst , während Martin seine Einsichten mit ihr teilt.
***
Der Montag fiel Kylie sehr schwer. Aufzustehen und zur Arbeit zu gehen. Gedanklich war sie fast jede zweite Minute bei ihrem Herrn. Was wäre, wenn er in der Kanzlei einen Termin hätte? Wie würde er mit ihr umgehen? Und vor allem: wie sollte sie mit ihm umgehen? Von Normalität konnte zwischen ihnen nicht mehr die Rede sein. Wahrscheinlich würde sie knallrot werden und stottern. Mein Gott! Was für ein Schlamassel!
Den Tag brachte sie über die Runden. So halbwegs. Sie bemühte sich um Konzentration. Es gelang ihr - meistens. Nur Cleo, ihre Kollegin fragte einmal nach, warum sie so geistesabwesend durch das Fenster hinaus starrte.
Martin hatte sie bei all diesen Herausforderungen komplett vergessen. Als er gegen acht Uhr abends an der Tür klingelte, zuckte sie zusammen. Mit Herzklopfen öffnete sie ihm und ließ ihn herein. Schweigend saßen sie in der Küche am kleinen Tisch gegenüber. Kylie aß noch ihr Abendbrot.
Was ist, Martin? Du wolltest doch reden? Jetzt rede halt!
Er kratzte sich am Kopf.
Nun ja. Ich weiß auch nicht so recht. Nach deiner Nachricht und meinem Anruf hatte ich eine schlechte Nacht. Hab fast nicht geschlafen. Viel nachgedacht.
Er machte eine lange Pause. Kylie kaute ihr Käsebrot und schaute ihn fragend an.
Ich hab ein Blatt Papier genommen und aufgeschrieben, was unsere Beziehung ausmacht - ausgemacht hat.
Und? Was?
Kylie nahm schon den nächsten Bissen.
Die meisten Dinge, die mir eingefallen sind - bezogen sich tatsächlich auf die Zeit, als wir uns kennengelernt hatten.
Schiescht du? Verschdehscht du jedsch wievo isch ...
Kylie schluckte den Bissen mühsam hinunter, weil sie noch nicht zu Ende gekaut hatte.
...wieso ich nicht mehr glücklich war? Wir können uns doch nicht einfach etwas vormachen? Das ist verlorene Lebenszeit. Ich bin jung, ich will das Leben genießen, Spaß haben. Eine verkümmerte Beziehung zieht mich mich nur runter. Das will ich nicht mehr.
Wir haben uns ja leider auch nicht mehr so oft gesehen, die letzte Zeit...
Weil's nur noch eine Last war. Deshalb. Der Reiz des Neuen war vorbei. Es gab sonst nicht viel.
Gemeinsames Schweigen. Martin kaute seine Fingernägel. Kylie nippte an ihrer Milch.
Tja. Dann gehe ich wohl besser.
Er hoffte, Kylie würde ihm vorschlagen, zu bleiben, doch diese nickte.
Ja, wäre gut. Ich hatte einen anstrengenden Tag. Ich bin hundemüde.
Sie begleitete ihn zur Tür und winkte ihm halbherzig hinterher - äußerst glücklich, dass diese Trennung am Ende doch ziemlich schmerzfrei über die Bühne gegangen war.
Sie war frei! Befreit von etwas, dass sie irgendwie am Boden gehalten hatte. Jetzt war sie endgültig bereit für die Expedition zur Entdeckung ihrer dunklen Seite.
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Nimm dir die dunkle Seite meiner Seele
General FictionKylie auf dem Weg zur Selbstfindung. Sie geht einen Weg, den die selbst nie gesehen hätte. Heraus aus der Frustration, der Unsicherheit und der undefinierbaren Unvollständigkeit, hinein in eine fremde Welt der Verwirklichung ihrer Sehnsüchte voller...