Kapitel 32

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Malia

Ich konnte dich nie kennenlernen.
Ich konnte nie dein Schreien hören,
nie konnte ich dein Lächeln sehen,
nie konnte ich deine kleine Finger berühren.
Ich konnte dich nie großwerden sehen,
konnte nie sehen, wie du älter wirst,
wie du wächst,
wie du lernst,
wie du lebst,
wie du liebst,
wie du dich für deine Eltern schämst, wenn sie etwas peinliches tun.
Nie konntest in den Arm genommen werden, wenn es dir schlecht gehen sollte.
Du hattest nie die Chance zu leben.
Nie hatten wir die Chance dich in den Armen halten zu können.
Doch geliebt habe ich dich vom ersten Augenblick an, als ich erfahren habe, dass du in mir wächst.

Ich schlendere durch den Flur um dann ins Wohnzimmer zu gelangen, um mich auf die Couch zu setzen und mir Love Island reinzuziehen. Trevis kommt mir entgegen, weshalb ich abrupt stehen bleibe und ihn anschaue. Auch er bleibt stehen unf läuft nicht weiter. „Ich mache jetzt Feierabend.", sagt er. Ich lächle.
„Okay. Schönen Feierabend." Dann will ich an ihm vorbeizulaufen, weil die Couch nach mir schreit, doch Trevis hält mich auf.
„Hör mal.", fängt sein Satz an. Ich bleibe schlagartig stehen und drehe mich wieder zu ihm um. Fragend schaue ich ihn an. „Alles gut?", fragt er mich. Es macht mich sofort nervös. Ich weiß genau wieso er mir diese Frage stellt. Ich weiß genau worauf das hinausläuft. Entspannt nicke ich mit dem Kopf und lasse mir nicht anmerken, wie ich mich gerade fühle.
„Klar, was sollte sein?" Er lässt sich kurz Zeit, bevor er spricht, als würde er Angst haben, dass er was falsches sagt.
„Ich habe mitbekommen, dass mit dir und Justin, es ist endgültig vorbei?", fragt er mich vorsichtig. Ich nuss schlucken. Mein Herz schlägt schneller.
„Entschuldigung.", räuspert sich Collin hinter mir, der wohl gerade aus dem Garten kommt. Ich dchaue flüchtig über meine Schulter, ehe ich und auch Trevis ihm dann Platz machen. Unsere Blicke treffen sich kurz, ehe er dann an und vorbeiläuft. Ich schaue Trevis wieder an.
„Ja, es ist vorbei. Ich meine es auch nicht böse aber mir fehlt die Kraft darüber zu sprechen. Über ihn zu sprechen. Es ist schwer aktuell, ich versuche das Beste aus allem zu machen." Trevis presst seine Lippen kurz aufeinander, ehe er sie wieder lockert.
„Ich bin stolz auf dich, Malia. Stolz darauf, wie du alles meisterst. Dir ist so vieles passiert, so viele Schicksalsschläge. Du bist eine starke Frau. Du hast definitiv mein Respekt." Er klopft seine Hand kurz auf seine Brust. Ein Lächeln ziert meine Lippen, während ich meine Zunge gegen mein Gaumen drücke, um nicht loszuweinen.
„Danke, Trevis.", flüstere ich, als ich merke, dass mir die Kraft dafür noch bleibt, bevor ich tatsächlich losweine.
„Schönen Abend, Malia.", verabschiedet er sich. Verträumt schaue ich ihm hinterher, bleibe auf der Stelle stehen und denke noch über seine Worte nach. Plötzlich kommt Collin in mein Sichtfeld und meine Gedanken sind wieder ganz andere.
„Können wir kurz reden? Wegen der Kündigung?" Ich nicke mit dem Kopf.
„Lass uns ins Büro.", sage ich, und laufe mit ihm in mein Büro.

„Ich hoffe es passt dir gerade. Ich will dich auch nicht lange aufhalten.", sagt er höflich. Ich lächle schwach.
„Du hältst mich nie auf, Collin." Er schaut mir innig in die Augen und scheint für eine kurze Zeit vergessen zu haben, was er sagen wollte.
„Darf ich dir was sagen? Ohne, dass du es falsch verstehst?" Lange schaue ich ihn an, ehe ich nach einigen Sekunden mit dem Kopf nicke. „Du bist so wunderschön." Ich muss schlucken. Meine Knie werden kurz weich. Ein Lächeln ziert meine Lippen und ich hoffe, dass ich nicht rot anlaufe. „Ich musste es einmal loswerden, tut mir Leid."
„Danke.", sage ich sofort und verschränke meine Arme lässig vor der Brust.
„Wegen der Kündigung..." Ich nicke. „Erst in zwei Monaten bin ich weg." Ich nicke erneut.
„Okay", hauche ich.
„Das wars. Nur das wollte ich dir mitteilen." Er schiebt seine Hände in seine Hosentaschen, während seine Daumen dabei rausgucken.
„Danke für die Info, Collin. Es ist sehr schade aber dein Leben geht weiter."
„Dein Leben auch, Malia. Vergiss das nicht.", sagt er mir zuversichtlich. Ich denke über seinen Satz nach. „Wenn er nicht um dich kämpft, wird es irgendwann jemand anderes tun." Egal was er sagt, es fesselt mich. Es fesselt mich, weil er Recht hat.
„Danke, Collin.", sage ich bloß, weil ich das Thema nicht weiter ausbauen möchte. Er versteht es sofort und geht auch nicht weiter darauf ein.
„Dann haue ich ab, wir sehen uns nächste Woche.", verabschiedet er sich und verlässt schließlich mein Büro.

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