Kapitel 36

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Ich war wohl der unvernünftigste Mensch, den es gab. Anstatt in meinem Bett zu liegen und mich zu erholen, hatte ich mich gegen jeden ärztlichen Rat aus dem Krankenhaus entlassen lassen. Ich wollte einfach keinen weiteren Tag dort bleiben und an meinen Gedanken verzweifeln. Ganz abgesehen davon, dass ich nichts anderes tat als dumm herumzuliegen.

Gut, Myles und Isaac hatten mich gestern wirklich gut abgelenkt, aber wirklich lange hatte es nicht gehalten. Wir waren draussen, wobei mich Isaac im Rollstuhl vor sich hin schob, aber besonders lange konnte ich diese Position nicht aushalten und so mussten wir zurück zum Zimmer, wo ich mich hinlegen konnte. Fakt war also, dass ich einfach nur liegen musste. Das konnte ich Zuhause auch machen.

Leider hatte ich kein Zuhause mehr. Brody hatte mich rausgeworfen und dafür hatte mich Isaac bei sich aufgenommen. Ich würde liebend gerne zu ihm gehen, aber er hatte mir gestern noch gesagt, dass seine Arbeitskollegen zu ihm kommen würden um wieder zu pokern. Da Isaac noch keine Ahnung hatte, dass ich nicht mehr im Krankenhaus war, würde es eine riesige Katastrophe geben, wenn ich zu ihm gehen würde. Der letzte Streit, den wir hatten, hatte mir wirklich gereicht.

Nun sass ich bereits seit Stunden im Büro des Restaurants und versuchte mich in alles einzuarbeiten. Dorthin zu gehen, nachdem das mit Paul passiert war, war alles andere als einfach, aber schliesslich hatte ich es doch geschafft das Restaurant zu betreten, ohne gleich in Tränen auszubrechen. Dafür verschanzte ich mich die ganze Zeit im Büro und ging nicht mehr nach vorne.

„Hey Sofie.“ nahm ich ihren Anruf entgegen, während ich den Dienstplan überarbeitete. „Ich wollte dich im Krankenhaus besuchen, aber man hat mir dort gesagt, dass du heute morgen gegangen bist. Bist du eigentlich völlig bescheuert?“ den letzten Teil rief sie, was mich genervt aufseufzen liess. „Oh nein, du musst mir gar nicht erst so kommen!“ sagte sie gleich. „Was denkst du dir eigentlich dabei?!“ ein Stöhnen unterdrückend, drehte ich mich auf dem Stuhl etwas zur Seite in der Hoffnung, dass die Schmerzen weniger wurden.

„Ich habe es einfach satt den ganzen Tag herumzuliegen und nichts zu machen. Das kann ich auch Zuhause tun.“ „Du bist also bei Isaac?“ stumm presste ich meine Lippen zusammen. „Eleanor Shaw!“ „Was?“ seufzend verdrehte ich meine Augen. „Wo bist du?!“ „Ich bin im Restaurant. Gerade bin ich dabei die Dienstpläne zu überarbeiten.“ „Ich komme sofort zu dir und nehme Myles gleich mit!“ „Sofie, du-“ fassungslos sah ich auf mein Handy, aber sie hatte wirklich aufgelegt.

„Verdammt!“ würde sie Myles nicht mitbringen, dann hätte ich Sofie ja überreden können, dass es gut war aus dem Krankenhaus zu verschwinden...aber mit Myles? Er war mein bester Freund und versuchte mich immer zu beschützen und tat alles, damit es mir nicht schlecht ging. Es war also klar, dass er mich eigenhändig zurück zum Krankenhaus bringen würde. Das würde ich aber nicht zulassen.

Tief durchatmend fuhr ich den Laptop runter und klappte ihn auch gleich zu. Ich hatte keine Ahnung wo Sofie gerade war, aber ich hatte so die Vermutung, dass sie ziemlich schnell hier sein würde. Stöhnend stand ich vom Stuhl auf, hing mir meine Tasche über die Schulter und verliess das Büro.

Wie von selbst blieb ich vorne stehen, als mein Blick beim Tresen hängen blieb. Augenblicklich kamen alle Bilder in mir hoch, die ich in den letzten Tagen erfolgreich verdrängt hatte. Wie Paul auf mich eingestochen hatte, mich dazu zwingen wollte ihm das Restaurant zu überschreiben und wie ich ihm schlussendlich den Kugelschreiben in den Hals gestochen hatte.

Ich zwang mich aber gleich diese Gefühle zu unterdrücken und ging aus dem Restaurant raus. „Elly!“ gerade als ich die Tür abschloss, hörte ich Sofie und drehte mich zur Seite. Sie kam tatsächlich mit Myles auf mich zu und dieser sah alles andere als gut gelaunt aus. Bevor er aber etwas sagen konnte, hob ich meine Hand nach oben. Ich wusste genau, wie ich von mir ablenken konnte.

Eleanor - Gut und BöseWo Geschichten leben. Entdecke jetzt