Die Weiterreise

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Sicht Stefan:
Die Bäume, die mich umgeben, waren voller brauner und goldener Blätter, die einzeln vom Baum herabfielen und auf der Erde landeten. Der Herbst war da und wir mussten weiter. So verließen wir in der Frühe Eryn Lasgalen. Anna hatte eine Vision gehabt. Sie sah diesen seltsamen Mann mit wenig Rüstung am Leib und mit schwarzes Haar.

Keiner von uns wusste, wer es war oder was er wollte, doch ich hatte die Zeichnung gesehen und gesehen, dass er was Vertrautes an sich hatte. Doch keiner von wusste, warum.

Wir reisten weiter, Onkel Luin ritt auf Muina, Legolas und Anna auf Dúath und ich und mein Vater auf Miril. Wir ließen die Wälder hinter uns und ritten durch die Ebene Mittelerdes.

Die Reise ging einige Wochen so weiter und zwischenzeitlich bekam Anna immer mehr Visionen, die uns sicher mehr über den Aufenthalt der Dairáca verriet. Wir wussten - weil auch Muina eine ist und Miril auch zum Teil-, dass wir im Pass des Caradhras auf deren Volk stoßen werden, also mussten wir uns dort aufmachen.

Es dauerte so seine, aber irgendwann hatten wir den Pass in Sicht.

"Wir werden eine Woche brauchen, bis wir die Berge erreicht haben, wir sollten beim nächstbesten Dorf halt machen", schlug mein Onkel vor.

Legolas stimmte seinen Vorschlag nickend zu. Sogar mein Vater und meine Schwester waren derselben Ansicht und dachten kurz nach, wo es am besten wäre.

"Wir stehen kurz davor, Rohan zu erreichen", sagte Anna.

"Stimmt, vielleicht können wir dort ein kleines Dorf aufsuchen", erwiderte Legolas.

"Wir können aber auch einen kurzen Rast in Edoras machen und dort unsere Vorräte auffrischen", schlug mein Vater vor.

"Wir sollten darauf hoffen, dass sie so ungefähr ahnen, wer wir sind."

"Anna", fing ich an, "sie haben sicher seit über 300 Jahren keine Elben mehr gesehen, glaubst du da wirklich, irgendwer erkennt uns?"

"Das meine ich doch nicht, Stefan", rief Anna entrüstet. "Ich meine eigentlich damit, dass sie so ungefähr vermuten können, dass ein Großteil von uns einst mit König Theoden von Rohan und König Eomer befreundet war."

"Könnte sein, dass man uns erkennt", sagte Onkel Luin. "Oder dass sie sich so ungefähr denken können, wer wir sind."

"Die Dairáca werden sie sicher kennen." Sanft tätschelte Anna Dúath.

"Dann sollten wir uns unbedingt dort auf dem Weg da machen." Luin trieb Muina an und wir ritten weiter.

Sicht Anna:
Die Einwohner Edoras' waren richtig erschrocken, dass wir auf Dairácas ritten und wir sie zähmen konnten. Einige der Kinder wollten nicht aufhören zu glotzen. Legolas sprach auf Sindarin mit mir weiter, damit keiner wusste, was wir sagten.

"Erinnert mich an meinen ersten Besuch in Edoras."

Ich schmunzelte. "Großmama hatte mir mal davon erzählt."

"Ich erinnere mich noch gut daran, was Gimli mal gesagt hatte", schmunzelte mein Liebster.

"Auf jeden Friedhof ist die Stimmung fröhlicher", zitierte ich und musste mir ein Grinsen verkneifen.

"Richtig."

Wir stiegen ab und sahen hinter uns. Einige der Einwohner sahen uns noch neugierig und misstrauisch an, andere wiederum machten wieder ihre Arbeit oder lernten.

"Ich gehe ein bisschen umher und frage nach, wie die Ernte aussieht und kaufe was ab", sagte Luin und ging mit Legolas  los, nachdem er mir noch einen Kuss auf die Stirn gegeben hatte.

Papa, Stefan und ich waren die einzigen, die bei den Dairáca blieben und ich streichelte Dúath weiches Fell.

"Sei mir ja brav, mein Hübscher", murmelte ich ihm ins Ohr und kraulte ihm hinters Ohr, woraufhin er genießerisch brummte. "Und achte mir gut auf deine Familie."

"Sehen wir uns um", machte Papa den Vorschlag und wir ließen unsere Freunde dort. Draußen saßen Frauen am Webstuhl oder Spinnrad, machten Garn oder Leine. Ställe werden ausgemistet oder Schwerter geschliffen und geschmiedet.

Sie arbeiteten wie ein friedliches Volk.

Einige Kinder spielten und hatten Holzschwerter, mit denen sie Kämpfen spielten.

"Huch, Vorsicht, Kleiner", sagte ich es zu dem jungen sanft, der in mich hineingerannt war.

"Tut mir leid", entschuldigte er sich sofort und spielte weiter, als wäre nichts bei. Wie süß sie waren. Leise seufzte ich. Hoffe, irgendwann werde ich auch Mutter eines entzückenden kleinen Kindes.

"Alles okay, Anna?", fragte mich Papa und ich drehte mich zu ihn um.

"Ja, natürlich", sagte ich.

"Gut."

Wir sahen uns noch weiter um und ich war so neugierig und sah bei einer Gruppe jungen Frauen zu, was sie da machten. Leine, Wolle und Seide sponnen sie. Das Garn sah an sich her toll aus, aber bei der einen jungen Frau mit den erdbeerroten Locken sah ich, dass ihr die Seide Schwierigkeiten bereitete.

"Kann ich dir einen Tipp verraten?", fragte ich sie hilfsbereit.

Erstaunt hob sie den Blick. Ungläubig sah sie mich an. Sicher vermutete sie bei mir, dass ich sowas nie tun würde. Aber dann kannte sie die Elben nicht wirklich.

"Hier, mach das so", sagte ich, nahm ihr den Seidenknäuel ab und zeigte ihr, wie sie richtig feines Seidengarn spinnen konnte.

Sie versuchte dann unter meiner Führung und es dauerte so einige Versuche und sie bekam es dann hin. Sie strahlte und sah zu mir. "Haben Sie vielen Dank."

"Hab gerne geholfen." Ich ging weiter und sah mich noch ein wenig um. Bei den Blumen blieb ich stehen. Lavendel, Gänseblümchen, Tulpen und Wildblumen wuchsen wie wild umher und ich pflückte eine kleine pfirsichfarbene Margerite, die ich mir an die Nase hielt, um ihren herrlichen Duft einzuatmen. Sie roch auch hier so wunderbar. So frisch und nach Freiheit.

Doch ich wurde das Gefühl nicht los, beobachtet zu werden, so drehte ich mich um. Keiner aber sah in meiner Richtung und Papa und Stefan konnte ich auch nicht erspähen. Meine Augen schauten umher und blieben bei ein paar Augen hängen, die mich ansahen. Sie waren so hell, wie Mithril so silbern und ich konnte einige wie weißer Seide gesponnene Haarsträhnen sehen, die ihr halbes Gesicht bedeckten so wie die Kapuze auf ihrem Kopf.

Lange noch sah diese fremde Person mir in die Augen, ehe sie sich abwandte und wie ein Schatten verschwand. Ich folgte ihr und guckte dort, von wo ich sie gesehen hatte.

Aber sie war weg. Spurlos verschwunden. Verwirrt fragte ich mich, wo sie war. Und vor allem, wer sie war.


Was glaubt ihr, wer könnte das gewesen sein?

Bin schon gespannt auf eure Vermutungen ^^

LG Lila Moon

Valinors BlumeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt