2. Aktenzeugs

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Über seine Dämonenart stand nichts in der Akte, aber...

"Fünffacher Dämonenmord, schwere Körperverletzung, versuchter Mord eines adeligen Vollblutdämons? Wirklich?" murmelte ich überrascht und musterte die Akte des Gefangenen.
"Er ist keine Option für den Schutz meines Sohnes, Barthiwall." "Natürlich, das weiß ich jetzt..." stimmte ich dem König zu und er klappte die Akte wieder zu, als plötzlich die Haupttür aufschwang.
Darin stand Aiko, sein Sohn.

"Vater? Was macht ihr da?" fragte er grinsend und kam zu uns. Sein Schuppenschwanz war, im Vergleich zu dem des Königs, ziemlich kurz und dünn, aber dennoch schnalzte er mir ins Gesicht.
Genervt drehte ich mich weg und rieb mir über die Wange, während ich das Gespräch der beiden hinter mir mithörte.
"Was ist das?" "Eine Akte." "Von wem? Ich will sehen, gib sie mir." murmelte der Prinz und schnappte seinem Vater die Akte aus der Hand.
Bevor einer von uns sie ihm wieder wegnehmen konnte, hatte er sie schon aufgeschlagen und die ersten Wörter gelesen.
"Adjar Katritsch. Fünffacher Dämonenmord, schwere Körperverletzung... und versuchter Mord eines adeligen Volblutdämons? Is ja geil." staunte er und ich entriss ihm die Akte.
"Bitte, stecken Sie Ihre Nase nicht in private Angelegenheiten." "Aber ich hab euch doch gehört. Dieser Adjar hätte mein neuer Bodyguard sein sollen, oder?"
Geschockt starrte ich ihn an, während König Sinon sich genervt über die Stirn rieb.
"Aiko, ich hab dir gesagt, du sollst nicht im Schloss herumlungern und alles mitanhören, was für deine Ohren nicht bestimmt ist." knurrte er seinen Sohn dämonisch an und ich seufzte.
"Ich will ihn sehen." war alles, was dieser zu sagen hatte.
"Was?" "Na Adjar. Ich will ihn sehen. Villeicht gefällt er mir ja und ich ernenne ihn einfach selber zu meinem Bodyguard. Bin gespannt, wie lange er durchhält." grinste der Prinz und wir wollten ihm wiedersprechen, aber er kam uns zuvor.
"Wie wärs... morgen Abend im Königssaal. Bringt ihn dort hin, seht ihn euch an und diskutiert das aus. Ich seh ihn mir nebenbei an. Vielleicht ist da ja was dran."

Wiederwillig stimmten wir beide zu und der freche Prinz war genauso schnell wieder verschwunden, wie er gekommen war.
Sinon, der König, wandte sich seufzend an mich und schüttelte den Kopf.
"Barthiwall, was mach ich nur mit dem Jungen?..."

.
Am nächsten Tag saß ich gerade mit den anderen Schlossdienern beim Mittagessen und hörte ein paar Diskussionen mit, bis ich mich einfach zur Seite drehte und Kenji, eine Königsgarde etwas fragte.
"Kenji, du weißt ja schon von dem Bodyguard-Drama mit dem Prinzen, oder?" Darauf nickte er.
"Heute Abend soll der Gefangene vorgestellt werden und wenn er dem Prinzen gefällt dann weiß ich nicht, ob ich dem trauen kann. I-ich meine, das ist ein gefangener Dämonenmörder... wieso musste er sich unbedingt den Gefährlichen aussuchen?" murrte ich verzweifelt und stützte den Kopf in die Hände.
"Ach, komm schon. Das wird schon gut gehen. Immerhin sind auch die Wachen anwesend und ich bin sicher, dass er nicht einfach so hineingebracht wird. Ohne Fesseln darf er sowieso nicht einmal aus seiner Zelle, was ich gehört habe." meinte er und strich mir über den Rücken. "Naja, einen Versuch ist es ja wert, oder?" stimmte eine andere Wache, uns gegenüber mit ein.
"Du hast natürlich recht, es ist gefährlich, aber was sind die Aussichten? Es gibt keine freiwilligen Kandidaten mehr und bald wird etwas passieren müssen."

Genau, als Kenji das sagte, schwang die Tür des Saals auf und der Prinz hastete herein, mit einem Dämonen im Schlepptau. War das... ein Gefangener?!
Erschrocken sprang ich auf und als der Prinz an mir vorbei gerannt war, pfefferte ich seinem Jäger mit Schwung meine Metallprothese ins Gesicht.
Nur, weil ich eine Prothese hatte, hieß das noch lange nicht, ich könne nicht zuschlagen.
Sofort sprang die Königsgarde auf und stürzte sich auf den Geflohenen. Sämtliche Teller flogen und Besteck klorrte, als es auf den Boden donnerte.

"Vielleicht wäre so ein starker, erfahrener Gefangener doch nicht so schlecht, was meinen Schutz angeht." grinste der Prinz mich an und ich verdrehte die Augen.
"Mein Prinz, wir sehen ihn uns doch schon an. Sie brauchen nicht noch nachzuhelfen und einen gefährlichen Gefangenen freilassen." "Ach, den hab ich nicht freigelassen. Der ist vor irgendwas weggelaufen und da hat er mich gesehen und dann ist er mir nachgerannt." grinste der Prinz und ich musterte den sich windenden Gefangenen.
Auf dessen Glatze ragten zwei kleine, spitze Hörner in die Höhe, was mir verriet, dass er eine einfache, weit verbreitete Dämonenart war und wahrscheinlich fast keine Magie mehr besaß.
"Bringt ihn zurück zu seiner Zelle. Ich rede mit dem Prinzen."

.
Eine Stunde später saß ich also mit Aiko in seinem Zimmer und wir diskutierten miteinander.
"Ich will nur, dass du einsiehst, dass mich so ein Gefangener gut beschützen könnte. Ich verspreche dir, er wird mir nichts tun können." "Wie soll das funktionieren?" "Ich komm einfach zu dir, wenn er mir etwas tun will." lachte er und ich verzweifelte innerlich.
"Es wird schon gut gehen. Wird schon gut gehen..." murmelte ich zu mir selber und fuhr über die flachen, nach hinten gedrehten Hörner auf meinem Kopf.

Zwar hatte ich in diesem Bereich nichts zu entscheiden, aber ich war ja auch nur ein Diener des Königs.
Und seines Sohnes...

𝒂𝒏 𝒐𝒍𝒅 𝒍𝒆𝒈𝒆𝒏𝒅Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt