Kapitel 10

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„Die Jungen werden Moosjunges und Federjunges heißen. Als Erinnerung an ihre tapfere Mutter." Tannenweide verkündete die Namen seiner Jungen, die ihn mit großen Augen anblickten. Die beiden Schwestern fragten oft nach ihrer Mutter und wollten Geschichten von ihr erzählt bekommen. Jeder im Clan kümmerte sich um sie und versuchte auch das Leben von Tannenweide leichter zu machen. Er litt am meisten unter dem Tod seiner Gefährtin.

 „Schimmerpfote! Wir gehen jagen!" Windkralle winkte ihm mit dem Schwanz zu und forderte ihn auf zu ihm zu kommen. Schimmerpfote gehorchte. „Wo gehen wir heute hin?", fragte der weiße Schüler neugierig. „Schattenhimmel und Palmenpfote wollen auch mit. Lassen wir sie entscheiden." „Können wir bitte zur kleinen Lichtung!" Palmenpfote sah seine Mentorin bittend an und diese gab nach. „Na gut. Wir gehen zur kleinen Lichtung." Schimmerpfote folgte der schwarzen Kätzin. Er genoss den Duft der Frischbeute und die singenden Vögel in den Bäumen. Ein Specht war auch darunter, man hörte sein klopfen auf dem Holz. Sie kamen bei dem großen Brombeerstrauch vorbei, wo Weidenpfote bei der Rückkehr einer Versammlung hängen geblieben war. Schimmerpfote musste schmunzeln. Es war Schimmerpfotes erste Versammlung gewesen und er würde sie nie vergessen. Morgen ist auch wieder Versammlung. Vor Freude machte er einen kleinen Luftsprung, wobei er einen fragenden Blick von seinem Mentor erntete. „Wir sind da. Jeder kann versuchen allein zu jagen. Zu zweit oder zu dritt haben wir es die letzten Male oft genug geübt" Schattenhimmel gab die Anweisungen und alle gehorchten. Selbst Windkralle schien Respekt gegenüber der schwarzen Kätzin zu haben.

 Schimmerpfote hob die Schnauze in die Luft. Er roch Spitzmaus. Die Spur führte ihn zu einem Haselstrauch und tatsächlich sah er eine fette Maus an einer Nuss nagen. Schimmerpfote ging in Kauerstellung und schlich sich vorsichtig an das Tier heran. Schließlich sprang er, die Maus wollte gerade in einem Loch abtauchen, da erwischte Schimmerpfote sie. Er grub seine Zähne in den Nacken der Maus und ging damit zur Lichtung zurück. Palmenpfote hatte eine Amsel erwischt und vergrub sie neben Schimmerpfotes Beute. Der braune Schüler war sehr verschlossen und leis nur wenige an sich ran. Schimmerpfote hatte es mehrere Male erfolgslos versucht. Windkralle trat mit einem Eichhörnchen aus dem Gebüsch und wenig später gesellte sich Schattenhimmel mit einer Elster zu ihnen. „Ich denke mehr brauchen wir nicht zu jagen. Noch ist der Blattfall nicht eingekehrt und die Beute ist genügend. Es wäre Verschwendung, wenn wir jetzt weiterjagen und nur die Hälfte gefressen wird und der Rest Krähenfraß wird." Windkralle stimmte der Kätzin zu und sie machten sich auf ins Lager. Schimmerpfote war das viel zu kurz und er hätte es genossen noch ein bisschen hier draußen herumzustreunen.

„Ich kann nicht mehr schlafen. Ich muss mir mal kurz die Beine vertreten." Blattpfote stand auf, aber Schimmerpfote hielt sie auf. „Warte! Ich komme mit!" Er selbst hatte einen unruhigen Schlaf und ständig kam in seinen Träumen Blut und Tod vor. Davon hatte er genug. Die cremefarbene Schülerin schien erfreut über die Begleitung und gemeinsam schlichen sie sich über den Schmutzplatztunnel nach draußen. „Ich war noch nie ohne Krieger außerhalb des Lagers. Ich meine es ist zwar verboten als Schüler, aber wir brauchen das." Blattpfote stimmte zu und sie schlugen einen schmalen Trampelpfad ein, den die Rehe gemacht hatten. „Konntest du auch schlecht schlafen?", fragte er seine Baugefährtin. Diese nickte stumm und seufzte. „Manchmal frage ich mich warum nicht ich anstelle von Moosfeder sterben konnte." Entsetzt über diese Äußerung blieb Schimmerpfote stehen. „Blattpfote, jeder hat seine Zeit zu gehen und wenn der SternenClan Moosfeder gerufen hat, musste sie gehen. Du nicht. Niemand sonst. Wir brauchen dich hier. Ich brauche dich hier!" „Aber Moosfeder hätten wir auch gebraucht! Sie war zu jung zum Sterben!" Blattpfote wimmerte und Schimmerpfote schmiegte sich tröstend an sie. „Ich weiß... aber niemand sucht sich sein Schicksal aus. Niemand sucht sich aus wann er stirbt. Niemand sucht sich seine Bestimmung aus." Schimmerpfote musste dabei selbst an seine Prophezeiung denken und wie seht er gern ein normaler Kater wäre. Das ging aber nicht. Genauso wenig suchte man sich den Tag und den Grund zum Sterben aus. „Manchmal kommt es mit vor, als wären wir in diesem Meer, von dem uns die Ältesten oft erzählt haben. Die Wellen sind stark und irgendwann holt es jeden. Manche überleben eine besonders Starke Welle, andere werden fortgerissen, aber am Ende weiß jeder, dass er irgendwann an der Reihe sein wird." Blattpfote blickte ihn erstaunt an. „Woher hast du diese Weisheiten?" Schimmerpfote wollte sie nicht anlügen. „Ich habe da so meine Quellen und Gründe. Eines Tages werde ich sie dir verraten." Blattpfote wollte es wissen, aber sie wusste, dass der weiße Schüler nicht preisgeben würde. Noch nicht. „Lass uns umkehren. Ich will nicht, dass jemand merkt, dass wir weg waren sonst müssen wir vielleicht einen Mond die Ältesten nach Zecken absuchen."

Die Tage wurden kühler und es wehte immerzu ein frischer Wind, die Blätter verfärbten sich langsam und jeder merkte, dass der Blattfall langsam kam. „Ich wette du kriegst dieses Blatt nicht!", Moosjunges warf ein Blatt hoch in die Luft und Federjunges versuchte es zu fangen. „Ich habe es! Aber jetzt brauche ich etwas zu essen. Mama, hast du jetzt Milch?" Die Jungen sahen ihre Ziehmutter traurig an. Tauhimmels Milch war trotz der Bemühung von Funkenfell und Glanzpfote nicht zurückgekommen. Ihre richtige Zeit als Mutter von Minzpfote, Lärchenpfote und Blattpfote war schon zu lange zurück. „Leider nicht meine Kleinen. Trinkt Wasser und dann helfe ich euch beim Fressen der Frischebeute." Die Jungen ließen die Köpfe hängen, gehorchten aber. Schimmerpfote sah dem Ganzen hilflos zu. Wie gerne würde ich helfen. Der Tod von Moosfeder hatte den ganzen Clan erschüttert und besonders Tannenweide litt unter dem Verlust seiner Gefährtin. Seine Jungen sind das Einzige, was ihm geblieben ist. Moosfeders Eltern verunglückten schon lange vor Schimmerpfotes Geburt am Donnerweg und zumindest sie mussten jetzt nicht um ihre Tochter trauern. Ihr Bruder Mondkralle hingegen schon. Im Gegensatz zu Tannenweide ließ er sich seine Trauer nicht anmerken, aber man merkte trotzdem, dass er schwer litt. Seine Gefährtin Veilchenglanz versuchte zwar ihn aufzumuntern, was aber auch nicht wirklich etwas brachte. „Warum müssen wir bloß leiden?", Schimmerpfote sagte das zu sich selbst, aber Funkenfell musste ihn gehört haben. Sie setzte sich neben ihn. „Manchmal gibt es Zeiten, die nicht so schön sind, aber wir werden wieder die Alten. Ich erinnere mich noch genau daran, als meine Schwester Ebenjunges an Grünem Husten gestorben ist und die damalige Heilerin Schattenhelle nichts tun konnte. Das war der Zeitpunkt, als ich beschlossen habe Heilerin zu werden. Ich wurde aus der Trauer und dem Schmerz zu dem, was ich heute bin. Wir wachsen wieder und werde blühen. Eine Narbe wird im Herzen bleiben, aber es ist wird besser." Erstaunt über Funkenfells Vergangenheit blinzelte Schimmerpfote. „Denkst du, ich muss wegen dieser Prophezeiung auch leiden, nur um daraus groß zu werden?" Funkenfell seufzte und blickte in den Himmel. „Wenn ich das nur wüsste. Du bist besonders, Schimmerpfote und im entscheidenden Moment wirst du ihre Bedeutung und ich das tun der Prophezeiung verstehen."

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