Kapitel 48 | Simon
In euphorischer Stimmung waren sie nach Hause zurückgekehrt. Doch Simons gute Laune bekam einen Dämpfer, als Wilhelms Mutter sie in ihr Büro beorderte. Schockiert lasen sie den Artikel ihres unfreiwilligen Outings. Für Simon war es nicht das erste Mal, dass es sich jemand anderes zur Aufgabe erklärt hatte, andere über seine sexuelle Orientierung aufzuklären, aber eine Zeitungsartikel war da schon eine ganz andere Nummer. Doch er hatte kein Problem, zu sich zu stehen und zu Wilhelm, aber für diesen war das doch alles noch so neu. Was, wenn er daran zerbrechen würde?
Umso überraschter war er, dass er ihre Liebe – obwohl sie noch so frisch war – nicht verheimlichen wollte. Sich in der Schule zu outen, oder sich einfach wir ein normales Pärchen in der Öffentlichkeit zu verhalten, war eine Sache, aber dies vorm ganzen Bundesstaats New York, vor der ganzen Welt zu tun, war ein Liebesbeweis, den Simon niemals zu erhalten geglaubt hatte. Er konnte ihn nur bewundernd ansehen, als Wilhelm das Video aufnahm und es ihn anschließend hochladen ließ. Womit hatte er nur diesen wundervollen Jungen verdient? Glücklich, aber mit einer gewissen kribbeligen Anspannung schlief Simon schließlich in Wilhelms Armen ein.
Am nächsten Morgen galt sein erster Gedanke nicht dem hübschen, noch schlafenden Jungen neben ihm, sondern seinem Handy. Er öffnete den Post von Wilhelm und überflog die Kommentare unter dem Video. Es waren so viele, dass er sie niemals hätte alle lesen können. Aber die positiven Kommentare versetzen ihn in Hochstimmung. „Das musst du dir ansehen!", schrie er aufgeregt und zeigte anschließend den gerade aus dem Schlaf hochgeschrecktem Wilhelm das Handy. „Ich hätte mit allem gerechnet, aber nicht damit", sagte Wilhelm, während er sich durch die Kommentare las. „Du meinst, dass du vom Schlimmsten ausgegangen bist und es trotzdem durchgezogen hast?" Wilhelm zuckte daraufhin nur mit den Schultern. „Du bist unglaublich. Du weißt gar nicht, wie sehr ich dich liebe."
Auf dem Weg zur Schule gingen ständig Nachrichten und Anrufe ein. Alleine Felice hatte ganze sieben Mal angerufen, aber Wilhelm wollte persönlich mit ihr reden. Sara fand das alles natürlich mehr als aufregend. Doch Simon war angespannt und betrachtete die ganze Autofahrt seinen Daumen, der über Wilhelms Handrücken strich. Als sie vor der Schule angekommen waren, ließ er, schlichtweg aus Gewohnheit, Wilhelms Hand los. Jedoch streckte dieser ihm, nachdem sie ausgestiegen waren, wieder auffordernd die Hand entgegen. Langsam entspannte sich Simon wieder. Woher nahm Wilhelm nur seinen ganzen Mut? Zu gut erinnerte sich Simon noch an einen Vorfall an seiner alten Schule und er wollte nicht, dass Wilhelm das Gleiche durchleben musste wie er. Aber bis sie an ihrem Klassenzimmer angekommen waren, verlief alles normal. Ein paar Mitschüler beglückwünschten sie, aber es gab natürlich auch Getuschel hinter vorgehaltener Hand und den ein oder anderen verachtenden Blick. Aber nichts, was Simon nicht mit dem Jungen an seiner Seite durchgestanden hätte.
Als sie jedoch den Klassenraum erreichten, merkte Simon sofort, dass etwas nicht stimmte. Denn gerade herrschte noch Gelächter, was sofort verstummte, als die beiden den Raum betraten. Auch Wilhelm schien zu ahnen, dass eine Eskalation im Anflug war, denn er drückte kurz seine Hand. Vincent, der vorher noch lässig auf einem der Tische gesessen hatte, kam auf sie zu.
„Na, wen haben wir denn da? Unser neues Traumpaar erweist uns die Ehre?" Simon wollte Vincent mit Missachtung strafen, aber Wilhelm konnte das nicht einfach so auf sich beruhen lassen. „Was ist dein Problem?", zischte er Vincent an. „Naja, von deinem kleinen Freund hier habe ich ja nichts anderes erwartet. Aber dass du eine Schw-" Doch weiter kam er nicht, denn im nächsten Moment traf Vincent eine Faust im Gesicht. Erschrocken sahen sich Wilhelm und Simon an, denn es war keineswegs Wilhelms Faust gewesen, die da in Vincents Gesicht gelandet war, sondern die von August. „Wage es dich noch einmal, die beiden überhaupt anzugucken. Du bist so erbärmlich."
Im nächsten Moment stand ihr Mathelehrer im Zimmer. „Was ist hier los... August! Vincent! Ihr geht sofort zum Rektor. Und die anderen nehmen bitte Platz. Die Show ist vorbei." Noch bevor August sich auf den Weg zum Rektorat begab, warf Wilhelm ihm ein „Danke" zu. „Das würde ich immer wieder machen", antwortete dieser und legte ihm kurz eine Hand auf die Schulter.
In der Pause war Felice Wilhelm um den Hals gefallen. „Ihr seid das Gesprächsthema Nummer eins. Ich kann es nicht glauben. Naja, ihr wart das Gesprächsthema, bevor August Vincent eine reingehauen hat", kicherte sie. „Aber jetzt kommt, das Thema zum diesjährigen Winterball soll wohl gerade am schwarzen Brett ausgehangen worden sein."
Sie quetschten sich durch die Traube an Schülern vor dem Aushang und bei Simon machte sich Ernüchterung breit. Natürlich, warum sollte es hier auch anders sein? Gerade von dieser traditionsbehafteten Schule hatte er nicht anderes erwartet. Die Jungen sollten ein Mädchen zum Ball einladen.
Den ganzen Weg nach Hause überlegte er, ob er nicht Wilhelm bitten sollte, Sara zu fragen, damit er mit Felice gehen konnte. Dann würden sie einfach inoffiziell zusammen zum Ball gehen. Aber er konnte nicht wissen, dass Wilhelm seine ganz eigenen Pläne hatte.
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Be My Prince
FanfictionWilhelm ist der Sohn von Kristina Hillberg, der Bürgermeisterin von New York. Dadurch führt Wilhelm ein Leben in der Öffentlichkeit und steht im Rampenlicht, was das Erwachsenwerden nicht immer einfach macht. Er triff auf Simon, dessen Mutter die ne...