Kapitel 19 | Wilhelm

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Kapitel 19 | Wilhelm

„Wie lange weißt du es schon?" Mit dieser Frage hatte Simon ihn eiskalt erwischt

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„Wie lange weißt du es schon?" Mit dieser Frage hatte Simon ihn eiskalt erwischt. Die Antwort darauf wusste er doch selber nicht. Die ganze Mathestunde dachte er darüber nach. Bisher hatte ihn ja noch nie ein Junge oder Mann interessiert. Er hatte immer nur etwas mit Mädchen gehabt. Aber vielleicht musste erst so ein faszinierende Person wie Simon kommen, der diese Seite von ihm erwecken konnte.

Er freute sich darauf, auf dem Rückweg wieder so nah neben Simon sitzen zu können. Wenn es sich ergab, wollte er dieses Mal richtig nach seiner Hand greifen, wenn er den Mut dazu aufbringen konnte. Umso enttäuschter war er, dass Simon unbedingt mit der Bahn nach Hause fahren wollte. Hatte er etwas falsch gemacht? Nachdenklich saß er allein auf der Rückbank der Limousine und schaute aus dem Fenster.

Als er zuhause ankam, war seine Mutter tatsächlich einmal bester Laune. Ihre Umfragewerte waren sehr gut. Sie lag zwanzig Prozentpunkte vor Robert Miller, Augusts Vater. Zwar waren es noch vier Monate bis zur Wahl, aber der Vorsprung war doch beruhigend. Wilhelm dachte, dass er dies für sich nutzen konnte.

„Ähm... kann ich dich was fragen?" „Natürlich Wilhelm. Was hast du denn?" „Also, ähm, du hast doch letztens gesagt, dass du es schade findest, dass ja niemand mehr den Flügel nutzt." „Oh, möchtest du Stunden nehmen?", fragte Kristina erfreut. „Nein, nicht ich... also Simon kann wohl spielen und würde für die Musical-AG gern üben..." Ein nachdenklicher Ausdruck legte sich auf das Gesicht seine Mutter. „Ach, warum eigentlich nicht. Ja, es wäre schön, wieder Musik im Haus zu hören." „Klasse, ich werde es ihm gleich ausrichten." Mit einen fetten Grinsen ging er in sein Zimmer und freute sich darauf, Simon die frohe Kunde überbringen zu können.

Wilhelm wartete eine Stunde, dann ging nach unten zur Einlegerwohnung und klopfte zaghaft an der Tür. Als Ms. Perez diese öffnete, sah sie ihm freundlich an. „Guten Tag, Wilhelm. Was kann ich für dich tun?" „Ich würde gern zu Simon." Unbedingt wollte er wissen, wie Simons Zimmer aussah. „Oh, der ist heute den ganzen Tag mit Sara unterwegs die Stadt erkunden." „Oh..." Er versuchte, sich die Enttäuschung nicht allzu sehr anzumerken zu lassen. „Schade. Danke, Ms. Perez. Schönen Tag noch." „Dir auch. Soll ich Simon etwas ausrichten?" Kurz überlegte Wille, dann fragte er die Haushälterin nach Zettel und Stift und schrieb seine Handynummer auf. „Könnten Sie ihm meine Nummer geben und ihm sagen, er soll sich bei mir melden, wenn er wieder da ist?" „Natürlich, Wilhelm." „Danke."

Irgendwie war er nun echt frustriert. So gern hätte er Simon sofort zum Klavier geführt. Stattdessen rief er Felice an. „Und? Wie läuft mit Simon?", fragte diese neugierig. „Ich weiß es nicht. Er verhält sich komisch." „Wie? Komisch?" „Vorhin wollte er nicht mit mir nach Hause fahren und war total abweisend." Hm, ist denn was vorgefallen?" „Nein, eigentlich nicht..." Da kam Wille ihr Gespräch auf den Gang in den Sinn und er erzählte Felice davon.

„Wille! Du bist doch ein Trottel!" „Was denn?" „Er wird jetzt denken, dass du nicht schwul bist!" „Naja, das bin ich ja auch nicht", nuschelte er. „Von mir aus. Dann bist du halt bi oder was auch immer. Aber du kannst doch nicht leugnen, dass du verknallt in Simon bist." Wilhelm überlegte. „Ich... ich glaube, du hast recht." Er fuhr sich mit der Hand durch sein Gesicht. „Scheiße, Felice. Ich habe total Mist gebaut! Ich muss mit ihm reden und das klarstellen." „Ja, worauf wartest du noch?" Wilhelm seufze. „Er ist nicht da. Ich habe seiner Mutter meine Nummer gegeben und gesagt, er soll sich melden. Ich muss abwarten."

Und das tat er dann auch. Bis es dunkel wurde. Bis es Zeit war, schlafen zu gehen. Aber sein Handy blieb stumm. Natürlich schlief er kaum und nahm sich vor, Simon direkt morgen früh noch abzufangen.

Nervös atme Wilhelm durch, bevor er an die Tür klopfte, die dieses Mal von Sara geöffnet wurde. „Hi! Müssen wir schon los? Wir sind noch nicht fertig." „Nein, ich wollte nur kurz was mit Simon besprechen." „Ach so. Simon?"

Der Gerufene kam um die Ecke und stellte sich neben seine Schwester. „Hi." Die kühle Begrüßung ließ Wille schlucken. Seine sorgfältig zurechtgelegten Worte stellte er zurück. Diese wollte er definitiv nicht vor Sara aussprechen. „Ich habe mit meiner Mutter gesprochen. Das mit dem Klavier geht klar." Simons Miene hellte sich auf. „Oh, wie toll!" „Wenn du magst, kannst du heute direkt nach der Schule üben." Eifrig nickte Simon und lächelte ihn an. Wille war bis zu diesem Zeitpunkt nicht klar gewesen, dass er dieses Lächeln nach so kurzer Zeit schon vermisst hatte.

Als sie im Auto nebeneinander saßen, war Simon irgendwie immer noch etwas reserviert, so dass Wilhelm sich nicht traute, ihm großartig näher zu kommen. Auch den ganzen Schultag über war Simon freundlich zu ihm, aber anders als die letzten Tage. Und dies tat Wilhelm weh. Er musste dringend mit ihm reden. Heute Nachmittag.

Als sie zuhause ankamen, brachten beide ihre Taschen zurück und gingen dann in die Bibliothek, wo der Flügel stand. „Wow, was für ein tolles Stück." Staunend umrundete Simon das Instrument und strich vorsichtig darüber. „Spielst du mir was vor?", fragte Wilhelm leise. Mit einem weichen Ausdruck auf dem Gesicht nickte Simon.

Als er begann zu spielen, war Wille sofort gefangen, verlor sich in diesem Augenblick. Irgendwann sah Simon auf. „Willst du ein bisschen mitspielen?" „Ich kann das doch gar nicht." „Ich zeig's dir. Komm." Simon rückte auf dem Hocker ein Stück zur Seite, um Wilhelm Platz zu machen. Viel gab es davon allerdings nicht.

Diese Nähe benebelte Wille vollkommen. Er konnte Simon kaum folgen, wenn dieser ihm etwas erklärte, was diesem natürlich auffiel. „Hörst du mir überhaupt zu?", fragte Simon lachend. „Ich kann mich nicht konzentrieren...", wisperte Wille und sah Simon schüchtern an. Dieser drehte sich zu ihm um und blickte Wille tief in die Augen. Langsam hob Simon eine Hand und legte sie auf Willes schnell schlagendes Herz. „Warum kannst du dich nicht konzentrieren?", hauchte Simon. Wilhelm Atem ging schnell und ihm hatte es wortwörtlich die Sprache verschlagen.

Wie von weit entfernt nahm Wilhelm Stimmen aus Richtung der Tür wahr. Ruckartig wurde diese dann aufgerissen und Willes Augen würden groß. Ehe er sich versah, hatte er klebrige Lippen auf seinen. „Hi Baby. Hast du mich vermisst?" „Nancy?!" Panisch blickte er sich um, doch der Platz neben ihm war leer. Simon war verschwunden.

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