Kapitel 03 | Ben

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Kapitel 03 | Ben

Australien war fantastisch – sowohl das Land selbst mit seiner tollen Tierwelt, als auch die Menschen

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Australien war fantastisch – sowohl das Land selbst mit seiner tollen Tierwelt, als auch die Menschen. Ben liebte die Exkursionen zum Great Barrier Reef. Es war so schön, dass sich dieses unglaubliche Naturparadies langsam erholte und das Korallensterben scheinbar aufgehalten werden konnte. Besonders die Mantarochen bei Lady Elliot Island hatten es ihm angetan. Olli bombardierte er mit etlichen Fotos von diesen und auch allen anderen Tieren.

Besonders mit einem Kommilitonen verstand er sich gut – Harvey. Ok, gut war vielleicht das falsche Wort. Sie teilten sich ein Zimmer in Wohnheim und wie es der Zufall so wollte, war Harvey bisexuell. So führte eins zum anderen. Warum sollte Ben nicht auch etwas Spaß dieser Art in Australien haben? Und schließlich war es von Anfang an klar, dass ihre Zeit zusammen begrenzt war und ablaufen würde.

Aber tatsächlich warf ihm Harvey immer seltsame Blicke zu, wenn er – jeden Morgen – mit Olli videotelefonierte. „Dir ist schon klar, dass der Typ auf dich steht, oder?", sagte Harvey mit deutlichem Missfallen in der Stimme mal nach einem dieser Anrufe. Es traf Ben, denn er wünschte sich ja nichts sehnlicher, als dass dies der Realität entsprechen würde. „Tut er nicht. Du brauchst nicht eifersüchtig zu sein. Er ist hetero." „Oh, ich bin nicht eifersüchtig, sondern nur nicht gern das fünfte Rad am Wagen. Und so wie der Kerl sich immer freut, wenn du anrufst, hat er definitiv etwas für dich übrig." „Ja, natürlich hat er das. Er ist mein bester Freund." Darauf entgegnete Harvey ihm nur noch mit einem resignierten Schnauben.

Ben musste natürlich zugeben, dass sein Gespräch mit Olli immer das Highlight seines Tages war. Und er wusste auch, dass es nicht so sein sollte. Eigentlich hatte er gehofft, dass die Distanz vielleicht seine Gefühle für Olli etwas abmildern würde. Dem war aber nicht so. Gar nichts hatte sich geändert. Auch, dass er tatsächlich etwas für Harvey empfand, machte keinen Unterschied. Nur hatte er diesem gegenüber schon etwas ein schlechtes Gewissen. Harvey war wirklich toll – aber er war halt nicht Olli. Ein paar Mal war er kurz davor gewesen, ihm seine wahren Gefühle für seinen besten Freund zu offenbaren. Aber man konnte seinem aktuellen Lover doch nicht erzählen, dass man in jemand anderen verliebt war.

Dann kam es, wie es kommen musste. Etwa einen Monat vor seiner Rückkehr nach Deutschland war Olli bei ihrem Gespräch nicht allein. Er wollte Ben seine neue Freundin vorstellen – Rebekka. Wie immer machte Ben gute Miene zum bösen Spiel und beglückwünschte die beiden. Nach dem Telefonat brach er in Tränen aus. Er hatte sich so auf seine Heimkehr und selbstverständlich vor allem auf Olli gefreut. Und jetzt musste er ihn wieder mit einer dieser Tussis teilen. Natürlich war das unfair Rebekka gegenüber. Konnte er doch zu gut verstehen, dass man sich in diesen umwerfenden Typen mit den braunen Locken verlieben konnte.

Harvey setzte sich zu ihm und legte ihm eine Hand auf seinen Oberschenkel. „Honey, du kannst mir noch so oft sagen, dass er nur dein bester Freund ist. Aber für dich ist er doch viel mehr. Habe ich recht?" Nun fing Ben noch mehr an zu schluchzen. Warum war Harvey nur so verständnisvoll? Sollte er ihn nicht zum Teufel jagen? Er spürte Arme, die ihn an einem muskulösen, warmen Körper zogen und Hände, die ihm beruhigend über den Rücken streichelten.

Nach einigen Minuten löste er sich von Harvey und räusperte sich verlegen. „Warum schreist du mich eigentlich nicht an oder sowas?" „Honey, du bist mir ziemlich wichtig und es ist ja nicht so, als hätte ich das Ganze nicht geahnt und mich damit arrangiert." „Es tut mir so leid..." „Das Herz will, was das Herz will. Wie lange schon?" Ben sah auf ihre verschränkten Hände. „Seit etwas mehr als zehn Jahren." „Ok, wow. Und er hat keine Ahnung?" Resigniert schüttelte Ben den Kopf.

Den letzten Monat versuchte Ben noch so gut es ging zu genießen. Schließlich war es ja nicht so, als hätte es ihm in Australien nicht gefallen und er wäre nicht gerne hier. Ganz im Gegenteil. Und das lag nicht nur an Harvey, mit dem er sich auf nun nur noch platonischer Ebene so viel besser verstand. Sie versprachen sich, den Kontakt zu halten und sich gegenseitig, so oft es sich einrichten ließ, zu besuchen.

Und dann war er da, der Tag seiner Abreise. Wehmütig packte er seine letzten Sachen in seinen Koffer, bevor er ihn schloss und ein letztes Mal seinen Blick durch ihr Zimmer schweifen ließ. Er atmete tief durch und drehte sich mit seinem Koffer in der Hand um. Ok, ab nach Hause – zu Olli.

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