Kapitel 10 | Olli Teil 1

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Kapitel 10 | Olli Teil 1

Das Treffen mit Bens Eltern lief im Grunde wie erwartet

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Das Treffen mit Bens Eltern lief im Grunde wie erwartet. Alles bis auf die Tatsache, dass natürlich der Schmierlappen zum Gesprächsthema werden musste. Als Luisa dann auch noch fragte, ob dieser Kerl Ben mal in Deutschland besuchen würde, spürte Oliver, wie es ihm eiskalt den Rücken runterlief. Der Typ in ihrer Wohnung? Und die beiden hatten dann eventuell auch noch Sex? Allein der Gedanke daran drehte ihm den Magen um.

Fast fluchtartig hastete er ins Bad, schloss die Tür ab und spritzte sich kaltes Wasser ins Gesicht. Was war bloß los mit ihm? Warum, zum Teufel, machte ihn der Gedanke daran, dass Ben Sex mit einem Mann hatte, plötzlich so viel aus? Es hatte ihn vorher nie gestört. Herrgott, er war sogar mal aus Versehen in eine Nummer von Ben mit einem Kerl reingeplatzt. Er hatte sich entschuldigt und alles war gut gewesen. Es hatte ihn nicht im Geringsten umgetrieben!

Und jetzt? Allein der Gedanke daran, dass dieser Harvey und Ben... Wer nannte seinen Sohn schon so, das klang wie ein verdammter Name für einen Hund! Mit zitternden Händen trocknete er sein Gesicht mit einem Handtuch ab und starrte seinem Spiegelbild vor sich tief in die Augen. „Reiß dich zusammen, Dude..." Oh fuck, jetzt redete er schon wie so ein australischer Trottel. Er musste sich echt wieder zusammenreißen!

Als der Abend im Silverlight anstand, konnte sich Olli nicht wirklich erklären, wieso er plötzlich so nervös war. Es war ein Abend, wie sie ihn schon tausende Male geplant und erlebt hatten. Tanzen, vielleicht etwas knutschen, einen wegstecken... Warum, um alles in der Welt, war er dann so... Ja, so seltsam zappelig heute? Konnte man mit Mitte zwanzig nochmal in die Pubertät kommen, oder war das einfach schon der emotionale Verfall, wovon alle um ihn herum immer wieder sprachen?

„Nimm das blaue Hemd, das betont deine Augen." Bitte was?! Völlig konstatiert drehte sich Oliver zu seinem Freund um, der neben ihm vor dem Spiegel stand. Seit wann interessierte denn Ben, ob sein Hemd zu seinen Augen passte? Und wieso sah er ihn so an? Wobei Oliver sich noch immer fragte, was genau er unter „so" verstand.

Es war komisch, irgendwie anders. Oder war nur er es, der in diesem halben Jahr anders geworden war? Hatte die Zeit, in der er Ben so verdammt heftig vermisst hatte, irgendetwas in ihm verändert? Wenn ja, warum konnte er es nicht erklären? Oder irgendwie, ja, irgendwie verstehen? Er war doch sonst kein völliger emotionaler Krüppel. Viele in seinem Umfeld bescheinigten ihm eine recht hohe Empathie. Warum also fiel es ihm so schwer zu begreifen, was da zwischen Ben und ihm stand. Wo war die Unbekümmertheit, die es noch vor sechs Monaten zwischen ihnen gegeben hatte?

Um seinen kreisenden Gedanken zu entgehen, war das Erste, was Olli im Club tat, einen starken Whisky-Cola zu bestellen, den er fast in einem Schluck direkt herunter kippte. Sehr zum Entsetzen seines besten Freundes. Doch als Oliver schließlich mit Ben auf die Tanzfläche ging, schien das den Studenten zumindest halbwegs zu beruhigen.

Sie hatten Spaß. Fast so viel Spaß wie früher. Bis zu dem Moment, wo eine ziemlich ansprechende Blondine ihren hübschen Hintern gegen Ollis Körpermitte rieb und mit ihm eng zu tanzen anfing. Sofort ging der Goldschmied auf das Angebot ein. Er umfasste die Hüfte der Frau und hatte bald schon ihre Zunge im Hals. Kurz konnte Olli vergessen, was ihn beschäftigte. Er konnte einfach auf Autopilot schalten. Das so lange antrainierte Programm abspulen, von dem er wusste, dass es ihn für zumindest ein paar Minuten alles um ihn herum vergessen ließ. Alles... bis auf Ben.

In dem Moment, wo er im Augenwinkel sah, dass sein bester Freund in Richtung Toiletten ging, und ihn dort so ein schmieriger Typ den Weg versperrte, gingen bei ihm sofort die Alarmglocken an. Er hatte Ben, damals als er sich ihm geoutet hatte, geschworen, dass er immer auf ihn aufpassen würde. Er würde immer da sein, wenn Ben von so einem Flachwichser nicht respektiert würde.

„Hey..." Die Blondine, deren Namen Oliver schon wieder vergessen hatte, protestierte, als er den Kuss fast grob unterbrach und sie auf eine Armlänge Abstand brachte. „Was zum...?" „Sorry, Liebes... Vielleicht später. " „Liebes?", empörte sie sich, doch das bekam er gar nicht mehr mit. Er bahnte sich einen Weg durch die tanzende Menge und griff dem Pseudo-Macho von hinten an die Schulter, um ihn von Ben wegzuziehen. Den Fuß dabei vor die Hacke des bulligen Typen drückend, sorgte Olli dafür, dass dieser mit seinem Hintern zu Boden ging. Er schob Ben, der einen halben Kopf kleiner war als er, hinter sich. Ausholend, wollte er dem Mistkerl eine Lektion in Sachen „Nein" erteilen, wurde dann aber von Ben zurückgehalten. Sein Freund wusste nur zu genau, wie so etwas enden konnte.

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