Noelia
„Warten Sie einfach hier. Ich werde schauen wo ich Herrn Gracias finde.", informierte mich die Dame und verließ das Labor. Erleichtert ließ ich meine starre Haltung sinken und legte erstmal meine Unterlagen ab. Niemand konnte beschreiben, welche Angst ich durchleben musste als ich in die Zentrale bestellt wurde. Menschen mit meiner Vergangenheit kamen hier nicht mehr lebend heraus.
„Oh guten Tag."
Erschrocken fuhr ich herum. „Ich wusste nicht, dass wir Besucher haben. Dann hätte ich die Ausstellung angemacht.", sagte der ältere Mann verkniffen und legte einen Schalter um. Hinter mir erhellten plötzlich zwei Fenster das Labor. Langsam drehte ich mich herum und sah auf zwei riesige Schwingen. „Was...", setzte ich stockend an und sah im Augenwinkel wie der Mann zu mir trat. „Ich hätte vielleicht noch Staub wischen sollen.", fügte er mit einem dunklen Unterton hinzu. „Pius ist mein Name.", sagte er und hielt mir seine Hand hin. „Lorca.", murmelte ich und ergriff sein. Dann sah ich auf den jungen Mann, der am Ende dieser mächtigen Flügel stand. Kenneth. Ich hatte ihn nur einmal getroffen aber sein hübsches Gesicht hatte ich nicht vergessen. „Pius?", harkte ich nach. „Etwa Victor Pius?", fragte ich weiter und sah wieder zu dem Fremden. Dieser nickte mit starrem Blick auf den Mann. „Sie kennen Eric.", entwich es mir, jedoch schlug ich mir sofort die Hände vor den Mund. „Was?", zischte er und sah mich jetzt doch an. Es würde mir im Traum jedoch nicht einfallen, das zu wiederholen. Allerdings schien ich das auch nicht zu müssen. „Was wollen sie damit andeuten?", knurrte er und musterte mich genau. „Nichts, ich bin eine Freundin von Lydia und sie redet viel ihr Namen ist mir im Kopf geblieben.", stammelte ich und hob unsicher die Hände. „Greve?", fragte Victor nach. Langsam nickte ich. „Oh mein Gott.", rief er aus und fing an zu lachen. „Scheiße, ich bin nicht alleine. Oh, sie wissen nicht, wie erleichternd das ist. Frau Lorca, geht es Lydia gut?", fragte er und griff nach meiner Hand. „Mal so, mal so. Ihr wird ziemlich zugesetzt.", murmelte ich unsicher. „Sprechen sie offen. Es ist okay. Hier kann uns niemand hören.", erwiderte er und zog mich zu den Stühlen. „Offen? Was meinen Sie?", fragte ich unsicher. Wollte er, dass ich hier von Untreue redete. Mit ihm, der Witze darüber reißen konnte, dass sein Stiefsohn wie in einer Vitrine ausgestellt wurde?
„Frau Lorca, bei mir sind sie sicher. Wir sind die einzigen Menschen mit diesem Gedankengut.", sagte er und deutete dann auf Kenneth. „Das muss ich jeden Tag ertragen und ich könnte mich töten bei dem Gedanken, dass ich Schuld bin. Zu zweit haben wir ein Chance etwas zu ändern.", flüsterte er und griff erneut flehend nach meiner Hand. „Ist das eine Prüfung?", murmelte ich und sah in sein erschöpftes Gesicht. „Nein, ich sehe nur Hoffnung. Wenn sie eine Freundin von Lydia sind, dann versuchen sie doch auch sicher...", setzte er bedeutend an und warf mir auffordernde Blicke zu. „Ich versuche es.", sagte ich langsam und bedacht. „Gut, hier... hier... das ist meine Nummer.", sagte er hektisch und zog einen Zettel aus dem Tisch. Dort kritzelte er eine Nummernabfolge auf und steckte sie mir zu. „Egal was ist. Sagen sie mir bescheid. Ich werde mein bestes tun zu helfen. Aber seien sie vorsichtig.", sagte er leise.
Im selben Moment öffnete sich die Tür zum Labor. „Dr. Lorca, es tut mir leid, dass sie warten mussten.", sagte der junge Mann mit rauer Stimme, fast als hätte seine Mutter ihn schon mit Gebranntem gestillt. Kurz sah ich zu Victor auf. Unmerklich schüttelte er den Kopf bevor er verschwand. „Aber Pius hat sie ja sicher gut unterhalten und wie ich sehe kennen sie schon das Objekt.", sagte er und setzte sich zu mir. „Ja, ich sah es bereits.", murmelte ich und zog meine Unterlagen aus meiner Tasche. „Die Verwandlung war eine andere als bei Ihnen.", informierte er mich und legte ebenfalls seine Unterlagen ab. „Dennoch ist ein Vergleich sicher brauchbar.", fügte er hinzu und sah zu den Fenstern. Kurz sah ich Schmerz auf seinem Gesicht, bevor er aufstand und das Licht wieder löschte. Schmerz?
„Herr Gracias...", setzte ich an doch er unterbrach mich und sagte: „Favio reicht aus. Ich bin nicht mein Vater." Ein freudloses Lachen glitt über seine Lippen. „Freut mich, Noelia.", stellte ich mich vor und sagte dann: „Ich weiß bereits, dass es zwei DNAs gibt. Ich verstehe nur nicht wie dabei zwei so unterschiedliche Wesen entstehen können." „Deswegen sind wir hier.", erwiderter er und zog lässig ein Bein auf den Stuhl. „Sind sie damit einverstanden oder möchten sie ihre Forschung alleine weiter führen? Ich denke, nach meinem ersten Eindruck von Ihnen könnten wir eine recht gute Arbeit zusammen machen. Sie scheinen nicht sehr begeistert davon zu sein.", sagte er und deutete hinter mir auf die Fenster. „Nein, ähm... diese Kreaturen haben genau das verdient... es sieht bedrohlich aus. Ich habe ein solches Objekt nie gesehen und...", stammelte ich, doch Favio unterbrach mich. „Sie sind eine der Ärztinnen aus dem Krankenhaus in dem Dr. Shi gearbeitet hat.", stellte er fest. „Was?", kam es quietschend über meine Lippen. „Ist okay.", beruhigte er mich lachend. Dann sagte er: „Ich wollte ihnen nur sagen, dass ich weiß, dass sie Vampirkinder auf die Welt gebracht haben. Sie müssen nicht so abfällig von ihnen reden. Nicht vor mir. Ich sehe sie auch als Lebewesen und als eine Lebensform, die es nicht verdient hat deswegen so zu leiden. Das ist okay." Langsam schüttelte ich den Kopf und erwiderte: „Das ist nicht was ich denke. Ich war geblendet, wegen Dr. Shi. Aber jetzt bin ich klar." „Noelia, sind sie gegen Gewalt?", fragte Favio eindringlich. Doch ich starrte ihn nur an. Was war verdammt nochmal die richtige Antwort auf diese Frage. Ich war gegen Gewalt aber was wenn sie es so drehten, dass ich Vampire verschonen wollte. „Kenneths Flügel wurde gestern gebrochen und ich habe ihn zusammen gesetzt. Wenn sie nicht gegen Gewalt sind können sie rübergehen und ihn erneut zertrümmern. Wenn sie lieber zugeben, dass sie gegen Gewalt sind, bleiben sie sitzen.", sagte er und sah mich dann abwartend ab. Nervös presste ich meine Hände zwischen meine Oberschenkel und murmelte dann: „Ich will niemandem weh tun." „Gut, dann habe ich mich nicht geirrt und ich werde gerne mit Ihnen zusammen arbeiten.", erwiderte er und schenkte mir ein sanftes Lächeln. Dann legte er seicht eine Hand auf mein Knie und fügte hinzu: „Sie sind ein Mensch, sie müssen hier nichts befürchten."
„Lydia?", rief ich in den stillen Flur. Doch ich bekam keine Antwort. Also ging ich leise zur Wohnzimmertür. Sofort legte sich ein seichtes Lächeln auf meine Lippen. Raphael war auf ihrer Brust eingeschlafen und sie lag mit geschlossenen Augen auf dem Sofa.
Leise trat ich näher und hob den kleinen Körper auf meine Arme. Wie eine Puppe sackte er in sich zusammen. Keine Spannung war in seinen Gliedmaßen. Wie immer, wenn er sehr müde wurde.
„Noe.", murmelte Lydia verschlafen und richtete sich auf. „Du solltest ins Bett gehen.", sagte ich leise während ich über Raphaels Kopf strich. „Ich hab auf dich gewartet.", sagte sie und gähnte herzhaft. „Das ist lieb. Aber du brauchst deinen Schlaf.", erwiderte ich und deutete mit dem Kopf zur Wendeltreppe. Lydia sah verärgert zu mir auf während sie sagte: „Willst du denn nichts erzählen?" „Es gibt nicht viel zu sagen. Nur, dass ich dort nicht in Gefahr sein werde. Er hat mir eine gemeinsame Forschung vorgeschlagen und unsere Meinungen kollidieren nicht so sehr wie sie es mit den anderen Schweinen tun. Es wird leicht sein ihm vor zu spielen ich wäre treu.", murmelte ich und setzte mich zu ihr aufs Sofa. „Außerdem habe ich Victor getroffen.", fügte ich hinzu und beobachtete ihre Reaktion. „Ehrlich? Das heißt... Eric meinte, dass Victor weiß wo sie sind.", sagte sie hektisch und setzte sich etwas weiter auf. „Ich weiß nicht wie es grade bei ihm aussieht. Aber er hat mir die gegeben.", erwiderte ich und gab ihr den Zettel. „Doch jetzt solltest du wirklich schlafen. Morgen wird ein schwerer Tag.", befahl ich ihr und erhob mich wieder um mit Raphael die Treppe zu erklimmen. Lydia folgte mir.
„Manchmal ist es wie früher.", murmelte Lydia als sie an ihrer Schlafzimmertür stand. „Er ist nicht Azrael.", erwiderte ich leise und trat zu ihr um tröstend über ihren Arm zu streichen. „Ich meine wir, wir machen uns gut als Eltern.", erwiderte sie leicht lächelnd und beugte sich dann zu dem kleinen Gesicht auf meiner Brust vor. „Das stimmt.", murmelte ich und strich ihr eine der dunklen Strähnen hinters Ohr. Dann öffnete ich für sie die Tür und ließ sie in das Schlafzimmer treten.
DU LIEST GERADE
Vamp Zone 《5》
Fantasy《Abgeschlossen》 Erneut sind zwei Jahre vergangen. Die Werwölfe haben ihr Lager schützend über den Vampiren aufgeschlagen. Dennoch ist an friedliche Ruhe nicht zu denken. Die Unterschiede der verschiedenen Kulturen kollidieren und bilden eine neue Hü...