69. Verbrannt

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Vanja

„Alles klar?", hörte ich Sorin hinter mir fragen. Ein weiterer Tag und das einzig Gute, dass wir erreicht hatten war die Befreiung des Krankenflügels. „Ich hatte noch keine Chance nach deiner Gesundheit zu fragen.", fügte er hinzu und sah auf den großen Scheiterhaufen an unbrauchbarem Holz. Es war der Versuch eine Trauerfeier zu veranstalten.

„Es geht mir gut.", erwiderte ich dunkel und sah auf den Jungen in seinem Arm. Sorin folgte meinem Blick und ich sah im Augenwinkel wie er leicht lächelte bevor er sagte: „Raphael. Erics Frau hat ihn aus dem Labor gerettet in dem meine Frau ihn zur Welt gebracht hat." So viel Liebe lag in Sorins Augen als er das sagte, als würde er seinen Sohn schon länger kennen. Aber noch viel erstaunlicher fand ich es, dass der Junge zu spüren schien, dass er zu Sorin gehörte und ihn als Vater annahm.

„Verstehe.", sagte ich teilnahmslos und sah wieder zu dem Berg an Holz. Alles Überreste der Hütten. Reste, die nie wieder ein Zuhause sein konnten.

„Du hast von Valea gehört?", fragte Sorin ruhig und ich sah im Augenwinkel wie er Raphael absetzte. Sofort wechselte der Kleine seine Haut und legte sich neben seinem Vater auf den feuchten Boden.

„Ja.", sagte ich kurzangebunden und suchte mit meinen Augen nach dem jungen Mann. Doch er war noch nicht aufgetaucht.

„Ich werde heute die neue Rudelaufstellung bekannt geben. Valea hat mich gebeten allen klar zu machen, dass jedes der Jungtiere bei ihm willkommen ist. Werde ich von dir eine Gegenstimme hören müssen?", fragte er und sah zu mir auf. Für jemand so mächtigen war er doch recht klein.

„Nein, Valea hat mein vollstes Vertrauen. Sicher, kann er die Zukunft meines Rudels besser leiten als ich.", sagte ich stumpf und wie abgelesen.

„Vanja, was ist los? Ich brauche den alten Vanja. Kann ich etwas für dich tun?", fragte er und drehte mich bestimmt zu sich. „Es geht mir gut. Ich bin verfügbar, Dragan.", erwiderte ich und bemühte mich etwas mehr Leben in meine Stimme zu legen. Doch ich sah, dass er mir nicht glaubte.

„Wer ist es?", fragte er einfühlsam und musterte meine Augen. Tief holte ich Luft und kämpfte gegen das feuchte Gefühl in meinen Augen.

„Vanja, es ist keine Schwäche zu trauern. Dafür sind wir hier.", erinnerte er mich und schlug mir sanft auf die Brust. „Also, wen haben sie dir genommen?", fragte er erneut. „Ich sollte kein Rudelführer sein. Du solltest Galina an deine Seite holen.", erwiderte ich und brachte alle Kraft auf um meine Stimme nicht brechen zu lassen. „Vanja, hör zu. Nichts hier von ist deine Schuld.", sagte Sorin und sah tief in meine Augen. „Meine Leute sind tot.", brach es leise auf mir heraus. „Es ist dennoch nicht deine Schuld und wag es nie wieder mir zu sagen ich solle mir diese Furie ins Haus holen.", erwiderte Sorin und hob warnend den Finger. „Es wird sich heute Abend einiges ändern.", fügte er hinzu und lächelte mich aufmunternd an.

Und er hatte Recht.

Als das Feuer brannte trafen auch die jungen Wölfe ein. Ihre Gesichter waren kunstvoll rußverschmiert. Zumindest die der Mädchen. Dennoch lag ernste Trauer auf ihren Gesichtern. Und selbst das Solokow Rudeln schien sich benehmen zu können.

„Wir sind seit heute wieder vereint. Und heute soll der Tag sein an dem sich hier einiges ändern wird. Ich will, dass wir bessere Absprachen treffen können. Ich will, dass Niemand sich vergessen fühlt und niemand als einzelner Verantwortung für etwas Großes übernimmt. Es wird weiterhin eine Hierarchie geben. Ich werde weiter mit Vanja, Valerian und Galina die Befehlsgewalt behalten. Jedoch wird es euch ab heute freistehen euer Rudel zu wählen. Ich will, dass ihr entscheidet wer für euch sprechen darf. Wenn wir hier erneut wohnen können, wenn wir unser Leben wieder aufgebaut haben, dann könnt ihr eure Farben an den Türen selber aussuchen. Ihr könnt selbst entscheiden ob ihr Minin, Dragan oder Solokow seid. Valerian ist bereit für alle jungen Wölfe zu sprechen. Es wird eine offene Kommunikation zwischen Rudel und Rudelführer geben. Wir werden Kommunikationsketten und Gewaltenteilung einführen um Chaos wie diese zu vermeiden. Ich will nie wieder den Tod von so vielen Wölfen betrauern müssen!", rief er und bekam dafür Zustimmung in Form von Geheule. Nur die Solokow Mitglieder blieben stumm. Samt Galina. Dabei sah man genau, dass eigentlich nur Galina damit unzufrieden war. Ihr Rudel hatte nur Angst. Sie wussten, dass sie Galinas Wut treffen würde. Doch in diesem Moment sagte Sorin: „Niemand wird für seine Wahl verurteilt werden. Sollte jemand einen anderen an seiner freien Wahl hindern oder ihn dafür verurteilen, werde ich persönlich für eine Strafe sorgen." Jetzt stimmten auch nach und nach die Solokow Mitglieder ein. Jetzt war es nur noch ich, der stumm dort stand und auf die Fackeln sah. Nach und nach flammten sie auf und glichen die untergehende Sonne aus. Doch der Schein brannte nur in meinen Augen, wenn es nicht die Trauer war.

Vamp Zone 《5》Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt