46. Folter

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Noelia

„Entschuldigen Sie, wo finde ich Favio Gracia?", fragte ich am Empfang und versuchte nicht so nervös auszusehen wie ich war. Favio hatte sich seit Tagen nicht mehr bei mir gemeldet und Lydia war auch nicht zurück gekommen. Wenn das nicht schlechte Zeichen waren wusste ich auch nicht. „Er ist heute leider nicht anzutreffen.", erwiderte die Frau ohne ihren Blick zu heben oder etwas nachzuschauen. „Wann wird er denn wieder...", fragte ich vorsichtig doch ich bekam sofort die Antwort. „Niemals wieder. Tut mir leid, Schätzchen. Es wird zur Zeit über seine Hinrichtung gesprochen. Sie sollten sich jemand anderen suchen.", riet sie mir und sah jetzt doch auf. „Lorca.", kam es leise über ihre Lippen. Im Augenwinkel sah ich wie sie etwas unter dem Tresen tat. „Ich bin seine Forschungspartnerin.", erklärte ich in der Hoffnung, dass dieser verurteilende Blick aus ihrem Gesicht verschwand. Doch wenig später legte sich eine Hand auf meine Schulter. „Bleiben sie ruhig. Wir haben nur ein paar Fragen.", sagte eine dunkle Stimme hinter mir. Bestimmt zog er mich vom Tresen fort und führte mich zum Aufzug. „Fragen?", fragte ich verwirrt. Doch ich bekam keine Antwort. Er drückte nur stumm auf eine der Zahlen und wartete bis der Fahrstuhl auf der richtigen Ebene war. Grob schob er mich in einen der ersten Räume auf dem Stockwerk und knallte die Tür hinter mir zu. „Wir können das hier wie Menschen machen oder...", sagte er und deutete mit einem bedeutenden Blick auf den Tisch an der Wand. Erschrocken rang ich nach Luft und stolperte panisch zurück. Jedes dieser Werkzeuge kannte ich und ich kannte die Schreie, die sie hervorbrachten. „Was wollt ihr?", fragte ich und fühlte wie mir schon jetzt die Tränen in die Augen schossen. „Was weißt du über Favio?", fragte er und trat langsam auf mich zu. „Nicht viel. Wir sind nur Kollegen.", beteuerte ich und wich weiter vor ihm zurück. „Kollegen? Kollegen treffen sich privat?", harkte er nach. „Wir brauchten eine ruhigere Umgebung.", erklärte ich und stieß jetzt gegen eine Wand. „Ruhiger? Oder meinst du unbewacht? Schon seltsam, dass unser wichtigstes Druckmittel verschwinden sobald du und Favio euch treffen. Was für Pläne wurden da geschmiedet?", fragte er und packte meine Schultern um mich zu dem Stuhl in der Mitte zu befördern. Dort schnürte er meine Arme und Beine fest. „Keine Pläne. Wir haben gearbeitet.", rief ich panisch und versuchte mich gegen die einschneidende Seile zu wehren. „So, wo ist Lydia Greve dann?", fragte er und setzte sich vor mich nachdem er auch meinen Oberkörper fest geschnürt hatte. „Ich weiß es nicht. Sie war fort als ich von der Arbeit kam.", schluchzte ich und beobachtete wie er nach einem der silbernen Geräte griff. „Ich weiß es nicht.", schrie ich als das Metall meine Hand berührte. Doch er legte mit Ruhe meinen Finger in die Zwinge und schraube sie so fest, dass ich den Finger nicht mehr zurück ziehen konnte. „Ich weiß nicht wo sie ist. Sie hat nicht mit mir gesprochen.", sagte ich schluchzend und sah flehend in seine dunklen Augen. „Wer war sonst noch bei euch? Wag es nicht zu lügen.", sagte er ohne die Hand von dem Gerät zu nehmen. „Victor Pius.", presste ich hervor. „Wieso war er dort?", fragte er weiter. Ich schluckte fest und erwiderte: „Wir kennen uns von früher." „Damals als sie noch Vampirkinder auf die Welt gebracht haben?", harkte er nach. „Ja, aber das hat damit nichts zu tun.", schluchzte ich panisch und sah fest auf meine Hand. „Bist du dir sicher?", fragte er und legte seine Finger um die Kurbel. „Als dieses Kind auf die Welt kam wusste ich erst seit ein paar Wochen davon. Victor kannte ich schon vorher.", behauptete ich hektisch und fühlte wie mir immer mehr von den heißen Tränen über meine Wangen flossen. „Und wieso haben sie dann dieses Kind auf die Welt gebracht? Victor stand damals ohne jeden Zweifel treu zu uns.", hörte ich ihn sagen. „Ich weiß, damals war unser Kontakt auch kein guter. Aber er hat mich überzeug. Er hat mir gezeigt, was für schreckliche Kreaturen das sind.", erklärte ich mit zitternder Stimme. „Er ist sowas wie mein Mentor.", behauptete ich und sah auf von meiner Hand zurück in diese dunklen Augen. In seinem Gesicht trug er Piercings, die einen schillernden Kontrast zu seinen dunklen Haaren darstellten. Sein Ex. Es war der Mann, der damals in unser Labor gekommen war. „Mentor. Verstehe. Schöne Geschichte. Denk nochmal ganz scharf nach. Ich werde wieder kommen.", sagte er und erhob sich. „Vielleicht hilft dir das dabei.", hörte ich ihn murmeln. Dann drehte er sich wieder zu mir und zog eine Augenbinde über meinen Kopf. Kurz darauf wurden die Fesseln noch etwas fester gezogen, bis ich mich keinen Millimeter mehr rühren konnte. „Bis später.", flüsterte er nah an meinem Ohr und kurz darauf wurde mir ein Kopfhörer aufgesetzt. Ich hörte nichts mehr. Nur meinen eigenen Herzschlag. Nicht mal meinen Schrei als er die Klemme um meinen Finger fester schraubte und die Wärme des Schmerzes in meinen Arm hoch zog.

Belial

Leise schloss ich die Tür. Auch wenn sie das nicht hören würde. Doch für meinen Adrenalinkick war es genau passig. Ich wollte ihre Panik durch nichts ruinieren. Mit einem kleinen Grinsen auf dem Gesicht verließ ich das Stockwerk wieder über den Fahrstuhl und fuhr in den Keller. Dort schaltete ich das Licht ein und betrat den Laborraum. Sofort war Favio hellwach und kam schwanken auf die Beine. Kenneth im Gegensatz blieb auf den Knien. „Bel, bitte nicht.", flehte er zitternd. „Deswegen bin ich nicht hier. Es liegt nicht in meiner Hand. Sie diskutieren schon über die Art der Hinrichtung.", erwiderte ich und trat vor ihn. Bestimmt griff ich in seinen Nacken und zog ihn in einen Kuss. Doch bevor sich unsere Lippen berühren konnten sagte er: „Ich war hier um den Maulwurf zu finden." „Und hast du ihn gefunden? Bei der Person, die seit Jahren keinen Außenkontakt hat?", fragte ich rhetorisch. Doch Favio erwiderte: „Victor ist regelmäßig bei ihm." „Ich weiß.", sagte ich ruhig und legte grob meine Lippen auf seine. „Bel.", rief er als er mich sanft von sich weg drückte. „Ich habe keinen Verrat begangen.", beteuerte er. „Natürlich. Deswegen ist nach deinem Besuch auch Lydia verschwunden. Samt dem Hybridenkind.", knurrte ich leise. „Hybrid?", echote er verwirrt. „Auch noch ein nutzloser, dummer Verräter.", kommentierte ich seine Reaktion und ließ von ihm ab. „Ich wollte mich nur von dir verabschieden. Die Zeit mit dir habe ich wirklich genossen.", sagt ich und strich sanft durch seine Locken. Doch eine Antwort bekam ich nicht. Nur einen bitterbösen Blick. Mit einem leisen Schnauben drehte ich ihm meinen Rücken zu und verließ das Labor. 

Vamp Zone 《5》Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt