Moe
„Können wir reden?", hörte ich meinen Bruder fragen. „Klar.", erwiderte ich und sah auf seinen Ziehsohn, der weiter durch die Akten blätterte. „Geh schlafen, Ezra.", bat Eric. Sofort stand Ezra auf und ging kurz zu meinem Bruder um ihn zu umarmen. Sanft küsste er Ezras Scheitel und wünschte ihm eine gute Nacht bevor er den Kleinen ziehen ließ.
„Worum geht es?", fragte ich und legte meine Füße auf seinen Schreibtisch. „Erstmal, was soll dieses Benehmen? Zweitens, wo ist der neue, alte Moe?", fragte er und lehnte sich gegen einen der Arbeitstische. Ich zuckte mit den Schultern und erwiderte: „Ich habe mich wiedergefunden." Eric lächelte leicht und erwiderte: „Du hast Nael beim Rummachen mit Nico gesehen." Ich verdrehte die Augen und verschränkte die Arme. „Mag sein. Aber dennoch stehen mir die dunklen Haare besser.", erwiderte ich und sah ihn abwartend an. Jedoch sah er nur stumm auf den Boden vor seinen Füßen.
„Wir haben nichts gefunden, falls das der Grund ist.", setzte ich an. „Auch bei den neuen Akten?", fragte er und sah jetzt doch auf. Ich schüttelte den Kopf und sah ihn mitleidig an. Nur dafür hatte er mich hier hin versetzt. Damit es schneller ging und wir was finden würden. Entnervt stieß Eric sich vom Tisch ab und fing an auf und ab zulaufen. „Wie viele Labore denn noch?", fragte er verzweifelt. Besorgt setzte ich mich etwas auf und erwiderte: „Beruhig dich. Sie erpressen Lydia mit ihm. Dann werden sie ihn nicht töten." „Sie hätten auch Jon getötet und mich glauben lassen, dass er noch lebt", fauchte Eric und änderte leicht seinen Laufweg. „Wenn sie Azrael was tun werde ich mir das nie verzeihen können. Ich hätte nur ein wenig früher kommen müssen", rief er. Ich seufzte leise und erwiderte: „Es ist Vergangenheit. Du wirst sie nicht ändern können und Lydia weiß das." Eric stöhnte genervt auf und ließ sich erneut an den Arbeitstisch sinken. Gedankenverloren griff er nach der Kette unter seinem Shirt, an der der Ring unserer Mutter hing.
Verwundert runzelte ich die Stirn und legte leicht den Kopf schief. Dieser Ring. Eric sagte, dass Lydia ihn getragen hatte. Wieso war er dann hier? War er nicht mit der Wäsche gekommen?
Doch bevor ich Eric darauf ansprechen konnte klopfte es leise an der Tür. Zeitgleich sahen wir zu ebendieser. Langsam schwang das Türblatt auf. Stand sie offen? Rotblonde Haare zeigten sich im Türrahmen, gefolgt von blass blauen Augen. Das konnte nicht sein.
„Träume ich?", hörte ich meinen Bruder hauchen. „Das wäre ein echt mieser Traum.", erwiderte ich leise. „Lass mich erklären, Eric.", bat unser Vater und hob leicht die Hände. Eric sah kurz zu mir. Nur um dann zurück zu dem schlanken Mann zusehen. Er schüttelte langsam mit dem Kopf und sagte: „Ich weiß nicht, ob ich diese Art von Erklärung hören will." Ich konnte mir ein leises Lachen nicht verkneifen. Der perfekte Sohn wollte nichts von seinem Vater wissen und Nathanaels Gesicht spiegelte genau den Unglauben wieder der mich zum Lachen brachte. Jedoch bekam ich dafür einen seltsamen Blick. Doch dann sah er zurück zu meinem Bruder und sagte: „Alles was du denkst zu wissen ist nicht wahr." Eric schnaubte leise und hob beide Augenbrauen. „Es ist egal was ich glaube. Ich hätte dich gebraucht, glaub mir. Aber nicht jetzt.", sagte Eric ernst und verschränkte die Arme. „Das ist mir bewusst. Ich wäre auch liebend gern bei euch gewesen. Wir beide. Aber wir wurden festgehalten", erklärte Nathanael. „Ihr beide?", fragte Eric ungläubig. Er sprach nur mit Eric. Nicht mit mir. Wie immer war ich Luft. Wie früher war ich unwichtig.
Unser Vater nickte leicht. „Deine Mutter ist auch hier", fügte er hinzu. „Wie?", fragte Eric ungläubig und ich hörte langsam Hoffnung in seiner Stimme. Was war aus ‚Ich will die Erklärung nicht hören' geworden? „Nach ihrer Fehlgeburt hat sich ihr Zustand immer mehr verschlechtert. Deswegen habe ich sie ins Krankenhaus gebracht. Ich konnte doch nicht ahnen, dass wir in die Finger von diesem Vampirjäger fallen. Er konnte deine Mutter retten. Aber er hat uns bei sich eingesperrt", erklärte unser Vater. „Wir haben uns Sorgen um euch gemacht. Jon war nur vier und ich habe dich mit ihm und Ran alleine gelassen", fügte ich hinzu. Wütend schnaubte ich und schüttelte leicht den Kopf. Natürlich war es wieder nur Eric. Nur Eric hatte er zurück gelassen. Was war mit mir?
Eric sah zu mir und legte leicht den Kopf schief bevor er sagte: „Sie haben mich nicht belastet. Das würden sie nie." „Eric, ich weiß was ich dir zugemutet habe. Du musst dich nicht stark zeigen.", sagte Nathanael. Langsam ging er auf meinen Bruder zu. Ruckartig stand ich auf und ließ ihn so stehen bleiben. „Verschwinde.", knurrte ich und fletschte meine Zähne. „Raus.", donnerte ich als unser Vater sich nicht regte. „Wenn Ihnen das hier nicht passt steht es Ihnen frei zu gehen.", sagte er kühl und sah mich herausfordernd an. Na klar.
Schnaubend sah ich nach Unterstützung suchend zu meinem Bruder. Doch von ihm bekam ich nur einen mitleidigen Blick. „War ja klar. Alles beim Alten.", fluchte ich und verließ den Archivraum.
Eric
Besorgt sah ich Moe nach, doch ich hatte nicht lange Zeit. Denn erneut sprach mein Vater mich an und sagte: „Eric, wir haben die Chance von vorne anzufangen." „Vielleicht will ich das nicht.", erwiderte ich und beobachtete wie er näher kam. „Wir sind eine Familie. Du bist mein Sohn.", sagte er und wenig später fühlte ich seine Hand auf meinem Oberarm. In diesem Moment verstand ich Atayos Wut auf Shota. Dieser Schmerz. Jemand stand vor dir, der tot war und du musst erfahren, dass du dieses Leid nicht hättest ertragen müssen. Jedoch führte es mir auch vor Augen was Azrael fühlen würde. Sollte ich ihn je finden. „Nimm deine Finger von mir.", kam es grollend aus meinem Brustraum. „Ich brauch dich nicht. Versuch es meinetwegen wieder gut zu machen. Aber ich brauch dich nicht in meinem Leben.", fauchte ich. „Eric, wie sprichst du mit mir?", fragte er erschrocken und zog die Hand zurück. „Ich bin ein erwachsener Mann mit seiner eigenen Familie. Tu nicht so als würden wir uns nahe stehen.", warnte ich ihn und lief dann an ihm vorbei um den Raum zu verlassen. Zitternd schlug ich die Tür zu. Jedoch verflog meine Wut sofort als ich eine zusammen gesunkene Gestalt auf dem Flur hocken sah. Helle Haare. „Sanji?", fragte ich besorgt. Schnell kam ich näher und erkannte meinen Fehler. „Shota? Was ist passiert?", kam es hektisch über meine Lippen als ich das Blut in seinem Gesicht sah. „Ist okay, mir ist nur etwas schwindelig.", nuschelte er nasal und sah mit schmerzverzerrtem Gesicht zu mir auf. „Wer war das?", fragte ich dennoch weiter. „Moe. Er kam hier so wütend durch gerauscht. Ich dachte, es sei wieder Nael gewesen.", murmelte er und legte nach Luft ringend den Kopf in den Nacken. „Tu das nicht.", bat ich und zog seinen Kopf wieder nach vorne. „Es ist zu viel.", hauchte er zitternd und presste wieder seine Hand auf seine Nase. Erst da stieg mir der betörende Duft in die Nase, welchen ich schon früher in seiner Bibliothek gerochen hatte. „Komm.", sagte ich und half ihm auf. Zügig führte ich ihn in mein Behandlungszimmer und gab ihm eine Schale in die das Blut fließen konnte. „Mach dir keine Gedanken.", sagte ich und suchte eines der Tücher hervor, die wir als Masken verwendeten. „Ich weiß, dass du dich kontrollieren kannst.", vernahm ich seine sanfte Stimme sagen. „Moe wollte dir nichts böses, wollte ich eigentlich sagen.", erwiderte ich und reichte ihm eine der gekühlten Konserven, die er sich in den Nacken legte. „Habt ihr euch gestritten? Ihr kamt aus der selben Richtung.", sagte Shota und beugte sich etwas weiter über die Schale. „Nein, unser Vater ist aufgetaucht.", erwiderte ich. „Dieser verlogene...", knurrte Shota und verdrehte die Augen. „Es überrascht dich nicht?", fragte ich entgeistert. Shota schüttelte den Kopf und erwiderte: „Ich habe sie getroffen als sie hier ankamen. Ich habe ihn gebeten sich von dir fern zu halten. Aber er ist so ein egoistischer Mistkerl." „Wann wolltest du es mir sagen?", fragte ich und trat zu ihm. „Er hat es nicht verdient.", erwiderte Shota leise. „Und was ist mit mir und meinen Brüdern?", harkte ich nach. „Eric, geht es dir jetzt besser? Ich denke nicht. Ich wollte dich davor bewahren.", sagte er und sah zu mir auf. „Danke.", kam es mit einem kleinen Lächeln über meine Lippen. Shota nahm die Konserve aus seinem Nacken und griff mit seiner jetzt freien Hand nach meinem Unterarm. „Aber ich wusste, dass er sich mir wiedersetzten würde.", gestand er und strich entschuldigend über meine Haut. „Es ist okay.", erwiderte ich und legte ihm die Konserve wieder in den Nacken.
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Vamp Zone 《5》
Fantasi《Abgeschlossen》 Erneut sind zwei Jahre vergangen. Die Werwölfe haben ihr Lager schützend über den Vampiren aufgeschlagen. Dennoch ist an friedliche Ruhe nicht zu denken. Die Unterschiede der verschiedenen Kulturen kollidieren und bilden eine neue Hü...