71. Mein Chef

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Noelia

„Komme sie mal mit?", bat eine dunkle Stimme. Sofort fuhr ich wieder zusammen. „Wohin?", stammelte ich und versuchte meinen Arm aus seinem Griff zu ziehen. „Wir haben ein paar Fragen.", erwiderte der junge Mann und zerrte mich auf die Füße. Schwankend folgte ich ihm. „Sie können auch jetzt fragen.", sagte ich, während er mich auf den Flur zog. „Ich stelle keine Fragen.", erwiderte der Mann und führte mich zum Aufzug. „Bitte, können sie mir wenigsten sagen worum es geht? Ich habe schreckliche Angst.", gestand ich und beobachtete wie er die Tasten des Aufzugs bediente. „Wenn sie nichts zu verbergen haben, haben sie nichts zu befürchten.", erwiderte der Mann und drehte sich zu mir. „Bezogen worauf?", fragte ich verwirrt und folgte ihm gezwungen weiter als wir den Aufzug verließen. „Ihre Tätigkeit hier?", erwiderte er und ließ es wie ein Frage klingen. Als müsse mir das klar sein.

„Dr. Lorca."

Erschrocken fuhr ich zusammen und trat einen Schritt zurück. Aber der Mann zerrte mich in den Raum um dann die Tür zu schließen. Mein Blick lag aber nur auf dem Schwarzhaarigen, der grade durch eine andere Tür aus dem Raum geführt wurde. „Wir dachten, wir räumen einfach mal mit allem auf. Keine Sorge. Ihr Fall wurde auch berücksichtig.", sagte der Mann an dem großen Tisch in den Raum. „Weshalb bin ich hier?", fragte ich und wurde von dem jungen Mann in den Sessel vor dem Tisch gedrückt. „Sie kennen sicher dieses Bild.", sagte er und hob das Bild des Welpen an, dass ich Vanessa überlassen hatte. Die rechte obere Ecke war eingerissen und das ganze Bild war mit Blut bespritzt aber den Welpen erkannte man gut. „Wo ist das Kind?", fragte der Mann ernst und lehnte sich vor. „Keine Lügen.", setzte er ernst hinzu. „Meine Kollegin hat es.", hauchte ich wahrheitsgemäß. „Wieso hat dieses Kind das Labor verlassen? Was hatten sie vor, wenn ihre Kollegin es nicht entwendet hätte?", fragte er weiter. „Ich konnte ihn nicht töten und egal welche Kreatur er war. Ich denke, kein Kind hat es verdient in einem sterilen weißen Raum groß zu werden. Ich hätte ihn zurück gebracht. Ich... es tut mir leid. Es waren sicher nur alte Mutterinstinkte.", erwiderte ich zitternd und klemmte meine Hände zwischen meine Knie. Dabei fühlte ich den schmerzhaften Druck auf meinem gequetschten Finger. Aber es beruhigte mich irgendwie. „Der Sohn ihrer Mitbewohnerin war ebenso ein Sohn für sie, richtig?", harkte er nach. Ich nickte langsam und sah auf den Boden hinab. „Welches Interesse hatte Belial an ihnen?", fragte er weiter.

„Entschuldigung."

Erschrocken fuhr ich herum und sah auf die Tür, die grade gegen die Wand flog. „Sie ist mir untergeben. Ich habe diese Befragung nicht erlaubt.", sagte der Mann. „Das müssen sie auch nicht wenn der Verdacht auf Verrat vorliegt, Gracia. Außerdem waren sie gar nicht anwesend. Sie sollten sich vorsehen, dass ihnen nicht auch Verrat vorgeworfen wird.", erwiderte der Mann am großen Tisch. „Ihr wurde bereits Verrat vorgeworfen. Die meisten meiner Leute sind Verräter, die ihren Weg zurück suchen. Ich habe die Verantwortung für sie und ich werde mich um meine eigenen Leute kümmern. Keine Sorge. Auch brauche ich mich nicht für meine Abwesenheit rechtfertigen.", sagte der Neuankömmling und trat zu mir. „Kommen Sie. Sie sind ja noch nicht einmal in guter Verfassung.", sagte er sanft und zog mich vorsichtig auf die Beine. „Ich werde ihnen einen Bericht zu kommen lassen.", warf er dem Mann noch zu, dann verließ er mit mir den Raum. „Noelia Lorca, richtig?", fragte er vor der Tür und blieb kurz stehen um mich durchatmen zu lassen. „Ja, und sie?", erwiderte ich schüchtern. „Johannes Gracia, Favios Vater.", erklärte er mir und griff nach meinem Arm um mich den weiteren Weg zu stützen. „Sie sind mein Chef?", fragte ich leise als wir in den Aufzug stiegen. „Seit heute. Ja. Das hätte blutig ausgehen können, wenn sie einen Chef von denen gehabt hätten.", erklärte er und führte mich den Gang entlang, der sich auftat als die Tür sich öffnete. „Was?", kam es verwirrt über meine Lippen. Aber da führte er mich schon in eine Wohnung und wenig später vernahm ich meinen Namen. „Victor.", keuchte ich und löste mich von Favios Vater. „Wo warst du?", fragte er besorgt und griff nach meiner verbundenen Hand. „Wo ich war? Ich war hier und niemand hat mich gesucht.", erwiderte ich. „Sie werden mich töten. Sie haben Vanessa weh getan.", kam es aus mir herausgebrochen. „Niemand wird dich töten. Dafür wird Johannes sorgen und das mit Vanessa bekommen wir auch irgendwie hin.", erwiderte Victor und führte mich zu dem Sofa in der Ecke. „Was ist passiert?", fragte er sanft und setzte sich neben mich. „Favios Ex hat mich gefoltert. Ich weiß nicht was er wirklich wollte.", presste ich hervor und sah zu Johannes auf. „Er wird niemandem mehr etwas antun.", versprach er mir und trat in die anliegende Küche. Ich nickte langsam und sah zu Victor auf. „Wir werden sie von innen heraus zerreißen und dass Belial keine Theorien mehr unter die Leute bringen kann ist ein Vorteil.", sagte er mit einem breiten Grinsen. „Denkst du nicht, sie werden schnell drauf kommen?", fragte ich und sah zwischen den beiden Männern hin und her. Favios Vater antwortete zuerst mit: „Ich bin zu lang hier. Sie werden keinen Verdacht schöpfen. Zudem hatte ich meistens die Abtrünnigen in meinen Reihen und die meisten haben zurück ins Innere unserer Organisation gefunden. Wenn sie es nicht geschafft haben war es nicht meine Schuld. Also kann ich mir keinen Grund vorstellen, weshalb sie ihre Einstellung mir gegenüber ändern sollten." Ich nickte erneut und lehnte mich leicht auf dem Sofa zurück. Das die Umstände sich jetzt so entwickelten machte mir Mut. „Und das mit Vanessa... wir schaffen es sicher einen der Außenpunkte zubekommen und dann werden wir dafür sorgen, dass jeder den ihr retten wollt dort landet.", versprach er. Dann sah ich wie er nach einem Tablet auf der Anrichte griff und zu mir kam. „Hier, dort findest du jede einzelne Akte, die wir je besaßen. Du kannst nachlesen, was mit ihnen passiert ist. Markiere die, nach denen ich fragen soll.", trug er mir auf. Sofort griff ich nachdem Gerät. Ich wusste zwar längst nicht alle Namen der Vampire, die der Shi Familie vielleicht wichtig waren. Aber ich hatte jetzt die Möglichkeit leidenden Vampiren zu helfen.

Vanja

Unruhig beobachtete ich meine Männer dabei wie sie ein Schuttstück nachdem nächsten von dem Keller räumten. Alleine seine Stimme zuhören hatte mich ganz aufgeregt werden lassen. Jetzt wollte ich ihn nur noch bei mir haben. In Sicherheit.

„Vorsicht.", hörte ich eins meiner Rudelmitglieder rufen. Darauf folgte ein lautes Krachen. „Alles okay?", fragte ein weiterer. „Es wird eng. Aber ja.", erwiderte Lev. Wenn sie ihn jetzt so kurz vor seiner Rettung erschlugen...

„Was ist los?"

Leicht drehte ich mich herum und sah auf Valea. „Wir haben Überlebende gefunden.", erwiderte ich. „Es ist auch jemand aus deinem Rudel.", fügte ich hinzu und beobachtete wie Sorge in seine Augen stieg. Wie es sich für einen Rudelführer gehörte. Auch wenn seine Leute hauptsächlich im Wald gewesen waren. Offenbar waren auch Leute im Dorf geblieben. „Wer?", fragte er leise. Aber das konnte ich ihm nicht beantworten. Allerdings sah ich in diesem Moment auch, wie meine Männer den ersten Körper aus dem Keller zogen. Levs Gesicht war rußbedeckt und die untergehende Sonne stach in seinen Augen. Doch bisher konnte ich keine Verletzungen erkennen. Erst als sie ihn an den Rand des Loches setzten und er umständlich seine Beine hervor zog, sah ich den riesigen roten Fleck auf seiner Hose. Langsam trat ich näher und ging neben ihm in die Hocke. „Ihr müsst wirklich vorsichtig sein. Er spürt sein Bein nicht. Wenn ihr seine Wirbelsäule weiter verletzt...", setzte er hektisch an ohne mich anzusehen. „Lev...", unterbrach ich ihn und griff nach seinem Kinn. „Ja?", erwiderte er leise und sah überrascht in meine Augen. Sanft strich ich den Ruß von seinen Lippen und sagte: „Sie passen auf. Denk einmal nur an dich." Damit beugte ich mich leicht vor und berührte seine Lippen mit meinen. „Vanja.", flüsterte er leise und ich sah wie er trotz der Nähe in meine Augen sah. „Es ist mir egal.", erwiderte ich und zog ihn diesmal bestimmter zu mir. Leise rang er nach Luft. Doch dann fühlte ich wie er erwiderte. Wie seine Hände meine Arme um ihn legten. Wie er seine Arme in meinen Nacken legte und sich so gut es ging in seiner Position zu mir zog.

„Vanja."

Langsam löste ich mich von ihm und sah zu Valea auf. Doch dieser sah nur auf Lev hinab. „Es ist okay. Ich habe es soweit versorgt.", hörte ich den Dunkelhaarigen sagen. Dennoch ging Valea neben ihm in die Knie und riss das Hosenbein auf. Lev rang schmerzerfüllt nach Luft und griff hektisch nach meinem Arm um Halt zu finden. Doch ich sah nur auf den offenen Bruch den Lea frei gelegt hatte. Lev hatte die Wunde mit seinen Ärmeln verbunden, dennoch ragte der weiße Knochen aus dem Stoff und Blut lief über sein Bein. „Es geht mir gut. Ihr müsst euch um ihn kümmern.", keuchte Lev schmerzverzerrt. „Ihn?", harkte Valea nach. „Faelen.", presste Lev hervor und kniff die Lippen vor Schmerz zusammen. „Bleib du hier. Ich bringe ihn zu Eric.", wies ich Valea an. „Nein, lass los.", rief Lev als ich sofort nach ihm griff. „Ich muss hier bleiben. Hol Eric her, meinetwegen. Aber ich gehe nicht bis Faelen versorgt ist.", erklärte er und sah zu dem Loch aus dem meine Männer grade einen dicken Balken zogen. Er wurde begleitet von einem tiefen Schrei. Sofort fuhr Valea herum und trat an das Loch. „Hol Eric.", kam es leise über seine Lippen nachdem seine Augen sich mit Schrecken füllten. „Mach nichts Dummes.", befahl ich Lev und erhob mich um den großgewachsenen Vampir zu suchen. 

Vamp Zone 《5》Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt