56. Bring mich zu ihm

14 5 0
                                    

Victor

„Johannes!", rief ich als ich ihn in sein Auto steigen sah. Sofort richtete er sich wieder auf und sah zu mir. Ich beeilte mich zu ihm zu kommen und sagte dann: „Gibt es schon weitere Erkenntnisse? Also ich meine der letzte Trupp ist vor Wochen los gezogen." Johannes fing leicht an zu lächeln und erwiderte: „Du bist wirklichen eifrig in letzter Zeit. Aber nein, die Suchtrupps kommen nicht durch." Also waren sie immer noch nicht bereit den Bunker anzugreifen. „Überhaupt gar keine Meldung?", harkte ich nach. Doch er schüttelte bedauernd den Kopf. „Wir werden warten müssen, bis sie leichtsinnig werden.", erwiderte er und zuckte mit den Schultern. Zeitgleich hallte ein Schrei von den Fassaden des Gebäudes. Verwundert sah er auf und ich sah an dem Gebäude empor. „Kenneth.", kam es leise über meine Lippen als ich zwei Personen am Rande des Daches erkannte. „Nein, das ist Favio.", hörte ich Johannes sagen, wenig später schlug die Autotür zu und er trat neben mich. Zusammen starrten wir an dem Gebäude empor und beobachteten machtlos den Kampf der beiden Männer. „Es ist Belial.", sagte der Mann neben mir leise. Kurz sah ich zu ihm herüber und sah direkt in ein tief besorgtes Gesicht, hoffend, dass sein Sohn stark genug war.

Die Tür des Gebäudes wurde geöffnet und ein paar weitere Jäger kamen auf den Parkplatz. Sicher hatten sie unserer verwunderliche Position durch das Glas gesehen. Denn sie sahen jetzt auch verwirrt nach oben.

Wenig später hörte ich jemanden sagen, dass doch jemand etwas unternehmen müsste. Doch bevor sich jemand regen konnte, fiel der schlanke Körper des Mannes über den Rand des Daches. Favio schrie erneut auf und ich sah im Augenwinkel wie Johannes sich die Hände vor den Mund schlug.

Favio fiel und fiel. Fast schon in Zeitlupe von Stock zu Stock. Für mich fühlte es sich wie eine Ewigkeit an bevor ein schwarzer Schatten ebenfalls über den Rand des Daches rauschte. Die schwarzen Schwingen legten sich um Kenneths Körper um weniger Wiederstand zu geben. Wie ein Pfeil raste er an der Fassade hinab bis er Favio eingeholt hatte. Mit einem Schlag entfalteten sich die Ungetüme und Kenneth griff nach seinem Freund. Grade rechtzeitig. Erneut legten sich die Flügel um die beiden Körper. Mit einer Bruchlandung kam er auf dem Asphalt auf. Ein kleines Stück schlitterten sie über den harten Boden, bis sie zum Stillstand kamen. Dann falteten sich die schwarzen Schwingen wieder auf und gaben die Sicht frei. Der junge Mann in Kenneths Armen hatte offenbar kurz das Bewusstsein verloren, dass er grade wieder fand. „Favio.", hauchte Johannes entsetzt. Doch in der selben Zeit hörte ich wie Waffen entsichert wurden. Auch Kenneth musste diesen Klang vernommen haben. Hinkend kam er auf die Beine und zog Favio hoch. Kurz trafen sich unsere Blicke. Und auch wenn ich sah, dass die Bruchlandung ihn einiges an Haut gekostet hatte hauchte ich: „Flieg.", und hoffte, dass er meine Lippen gelesen hatte.

„Nicht schießen!", donnerte Johannes neben mir, als die ersten Jäger ihre Waffe anlegten. Doch das gab Kenneth den letzten Stoß. Mit einem Rück zog er Favio fest an sich und legte sich seine Arme um den Nacken. Dann fing er an mit den Flügeln zu schlagen und war in den nächsten Minuten wieder in der Luft. Einige der Jäger schossen dennoch. Aber es dauerte nicht lange bis Kenneth außerreichweite war oder Johannes zerrte ihnen die Waffen aus den Händen. „Was fällt euch ein auf meinen Sohn zu schießen!", donnerte er und warf eine der Waffen zu Boden. „Aber der Teufel...", setzte einer der Männer an. „Wenn ich einen Befehl gebe habt ihr ihn zu befolgen und nicht zu denken!", brüllte Johannes und schlug dem erst besten ins Gesicht. „Geht wieder an eure Arbeit.", knurrte er und kehrte ihnen den Rücken. Sofort verschwanden sie wieder im Gebäude. „Wo bringt er ihn hin?", fragte Johannes leise und lehnte sich neben mir an sein Auto. „Was?", fragte ich verwirrt und musterte seine unruhige Haltung. „Kenneth, wohin bringt er Favio. Du weißt wo ihr Lager ist.", erwiderte er und seine dunklen Augen trafen meine. „Wie kommst du denn darauf?", fragte ich schockiert und beobachtete mit schrecken das leichte Lächeln, dass sich auf seine Lippen legte. „Victor, wir beobachten unsere Leute. Ich weiß, dass du Lydia und die Hybridenbrut dort hingeschickt hast. Wo ist dieses verfluchte Lager. Ich muss meinen Sohn finden.", zischte er. „Keine Ahnung.", log ich weiter. Doch Johannes packte meinen Arm und zerrte mich weiter auf den Parkplatz. „Ich weiß, dass ihr einen besseren Zusammenhalt habt als wir. Bei euch würde niemand auf die Idee kommen auf einen von euch zu schießen nur um einen von uns zu bekommen.", sagte er ernst und blieb stehen. „Ich muss aussteigen. Ich ertrag es nicht mehr wie sie meinen Sohn behandeln.", flüsterte er und kniff die Lippen zusammen. „Du willst du Seite wechseln?", fragte ich verwirrt. „Wenn das ein Weg ist meinen Sohn zu schützen und nicht gleichzeitig mein Leben zu verlieren. Vampire kann ich auch anders erforschen. Dafür muss ich nicht hier sein.", erwiderte er. „Was wenn ich dich melde?", fragte ich vorsichtig. Doch Johannes lachte auf und schüttelte den Kopf. „Du weißt, dass sie dich als Maulwurf auf dem Kicker haben. Selbst wenn du nichts mit den Vampiren am Hut hast. Du schwimmst weiter unter dem Radar.", erwiderte er. Damit hatte er recht.

„Gut wie du meinst. Aber sei dir bewusst, dass ich dich töten muss, solltest du dich anders entscheiden.", sagte ich und ging zu seinem Auto. „Wo willst du hin?", hörte ich ihn fragen. Doch ich öffnete nur die Beifahrertür und deutete ihm einzusteigen. Dem kam er zögerlich nach. Dann nahm ich ihm den Schlüssel ab und stieg selber auf der Fahrerseite ein. „Ich weiß nicht ob sie schon da sein werden. Aber es ist sicher besser, wenn du nicht so wirkst als würdest du das nur wegen Favio machen. Also sollten wir vor ihnen da sein.", sagte ich während ich den Motor anspringen ließ und den Parkplatz verließ. „Sie mögen friedlich sein. Aber wer weiß, wer dich erkennt. Und dann könnte es blutig werden.", fügte ich hinzu und sah kurz zu ihm. Sein Gesicht hatte etwas an Farbe verloren. Aber er schien noch immer entschlossen. 

Vamp Zone 《5》Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt