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"Hast du nach Tony gesehen?"
Das vielsagende Schmunzeln auf den Lippen der Spionin sorgte dafür, dass Bruce irritiert die Augenbraue hob.
"Was..."
"Das hat Steve übernommen, vor ungefähr einer Stunde. Seither hat er das Zimmer nicht verlassen und Friday hat es abgeriegelt. Da bisher kein Alarmzeichen gekommen ist, oder ich irgendwelche Schläge gegen die Wand vernommen habe, gehe ich mal davon aus, die beiden benehmen sich zumindest halbwegs zivilisiert."
"Und das bedeutet?"
"Bruce..." Das leise Lachen, dass den Namen des Hulk Alteregos begleitete, ließ diesen nur noch verwirrter zurück.
"Für einen Professor der Biochemie verstehst du herzlich wenig von Bio und der damit verbundenen Chemie."
Nicht wirklich wissend, wie er darauf reagieren sollte, verschränkte er seine Arme und lehnte sich an den Türrahmen hinter sich.
"Und du bist da natürlich Expertin drin?"
Die Wendung, die dieses eigentlich als Scherz gemeintes Gespräch nahm, missfiel Natasha zusehends, was ihre Körperhaltung auch unmissverständlich klar machte, als sie sich nun Bruce zuwandte.

"Wenn es um zwischenmenschliche Chemie geht, offensichtlich eher als du. Zumindest klemme ich nicht den Schwanz ein, wenn es um Gefühle für jemanden geht."
"Nat..."
"Bruce, spar es dir. Du hast deinen Standpunkt klar gemacht, ich hab‘s verstanden. Dann starr mich aber auch nicht dauernd an, wie ein geprügelter Hund. Und werfe Steve keine imaginären Pfeile in den Rücken, nur weil er und ich näher als einen Meter nebeneinander stehen. Steve Rogers und ich sind Freunde. Das bedeutet aber auf keinen Fall, dass es dich etwas angeht, oder dass du das Recht hast, in irgendeiner Form auf Steve eifersüchtig zu sein. Herrgott, Bruce!"
Sie schnaubte, warf die Hände verzweifelt in die Luft, als der hochintelligente Mann vor ihr  zusammenzuckte und dann den Kopf wegdrehte.

"Hast du was mit ihm?"
"Bitte was?" Nun völlig konstatiert, zischte die Spionin die Worte eher, als sie diese aussprach.
"Schlafen du und Steve miteinander?"
"Selbst wenn, würde es dich nichts angehen, Bruce. Aber um dir diese Frage zu beantworten: Nein, Steve und ich schlafen aktuell nicht miteinander.  Und nur für das Protokoll: Nur weil ich die einzige Frau in diesem Team bin, und trainierte Hure, Manipulantin und was sonst noch alles seit meiner Kindheit in mich hinein und hinaus geprügelt wurde, schlafe ich mich nicht durch dieses Team, das ich als meine Familie ansehe. Und jetzt... Geh mir aus den Augen!"
Ihre Worte, so völlig ruhig und wohl formuliert, waren der völlige Gegensatz zu dem, was in ihrem Inneren vor sich ging. Alles in ihr schrie danach, diesem unverschämten Mistkerl eine reinzuhauen. Ihre Wut an ihm auszulassen, bis dieses hämmernde Gefühl in ihrem Inneren verschwunden sein würde. Doch der rationale Teil ihres Verstandes wusste sehr wohl, dass das nie der Fall sein würde. Bruce wäre lediglich das Ventil, für einen Bruchteil dessen, was da in ihr schlummerte.
"Natasha, es..."
"Geh, Bruce. Geh einfach... Bitte."
Die traurigen Augen des Wissenschaftlers suchten ihren Blick, doch in dem Moment, wo sie sich von ihm wegdrehte, ahnte er bereits, dass er gerade wahrscheinlich den größten Fehler seines Lebens begangen hatte. Schlimmer noch, als den Fehler damals, der den Hulk erschaffen hatte.

Wütend, enttäuscht und traurig ließ sich Natasha Romanoff auf den Stuhl vor der Konsole fallen.
Erneut rief sie über den geheimen Stark-Satelliten die Biodaten von Clint Barton auf und suchte nach ihm. Sie versuchte das Schluchzen in ihrer Kehle noch zu verhindern, doch es drang gequält über ihre Lippen, bevor die Tränen ihren Weg nach draußen fanden. Sie fühlte sich so unendlich allein.

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