1 ☾ Anfang einer Geschichte

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Die meisten Geschichten fingen entweder damit an, dass irgendetwas komplett Spannendes oder Tragisches passierte - bei welchem man dann letztendlich erst am Ende des Buches wusste, was für eine Bedeutung diese Szene gehabt hatte - oder damit, dass sich die Protagonistin erst einmal vorstellte.

Beider Arten war ich persönlich nicht unbedingt angetan, wenn ich ehrlich war.
Ich mochte es immer in Büchern, wenn man gleich in die Geschichte reinspringt - ohne irgendeine zurecht gemachte Szene, die den Einstieg besonders angenehm machte.

Denn so war das Leben nicht - es erbaute einem nicht einfach so Situationen, in welchen man dann besonders sanft in irgendeine schwierige Thematik eingeführt wird.
Man wird einfach reingeschmissen - ohne zu zögern.

Deshalb begann meine Geschichte auch hier - auf den überfüllten Strassen von London.
Während ich an der Seite meines Mitbewohners und besten Freundes Vincent - mich durch die Muggle-Mengen zwängte.

Besonders gerne unter so vielen Menschenmengen war ich noch nie gewesen - und war auch damals in Hogwarts diesen so gut es ging, aus dem Weg gegangen.

Das sei ein unnatürliches Wesen von einer Gryffindor - hatten mir meine Eltern immer gesagt.
Sowieso verstand niemand, weshalb ich damals in dieses Haus gekommen war.
Während bei meinem Bruder Ravenclaw eher gepasst hätte - wäre es bei mir wohl gar kein Haus gewesen.

Stets fühlte ich mich überall zugehörig - und gleichzeitig überall nicht passend.
Konnte mich in gefühlt allen Charaktereigenschaften, Stilen oder Lebensmustern wiedererkennen - und doch nie genug, damit ich es auch wirklich ausleben konnte.

Nun gut, mal abgesehen von meiner Freundesgruppe - welche wie in einem Film schon damals auf der ersten Fahrt im Hogwarts-Express entstanden war.
Und welche in den letzten Jahren komplett zerstört wurde. Ohne zu zögern.

"Eine Welt ohne Menschen - das wäre doch was!", drang die Stimme von Vincent durch die vielen Autohupen, Gerede und Motorbrummen zu mir durch.

"Dann wären wir leider unseren Job los, Vince."

Wir grinsten uns kurz an, ehe wir uns weiter Richtung der Nebengasse zwängten, bei welcher der Eingang von St.Mungo unauffällig versteckt war.

Vincent war ein Mensch, welcher viele Facetten besass - von einem hochsensiblen, nahe am Wasser gebauten Tollpatsch - bishin zu einem vorlauten, verschlossenen Anti-Alles-Mensch.
Und genau das liebte ich an ihm.

Damals, als ich meinen Job im St. Mungo Hospital angefangen hatte - waren wir schon begeistert voneinander gewesen.

Es war eins dieser Gefühle, welche man nur sehr schwer beschreiben konnte - wenn man jemanden näher kennenlernte und wusste, dass es einfach passte.

Er selbst war ein Jahr älter als ich - aber wir hatten damals in Hogwarts keinen Kontakt gehabt, wegen den allseits bekannten Rivalitäten zwischen Slytherin und Gryffindor.
Was für eine bescheuerte Sache das doch gewesen war - doch dies war mir erst jetzt bewusst. Und ihm auch.

Wie so oft musste ich unheimlich darauf achten, meinen Kaffeebecher nicht auszuschütten - wenn ich mal wieder einer Frau mit Kinderwagen, oder einer Gruppe von plappernden Mädchen ausweichen musste.

Auch wenn dies schon mein dritter Kaffee heute morgen war - und ich durch den Koffein noch unruhiger als sonst schon wurde - brauchte ich diese Wärme, welche der Becher meinen Händen schenkte.

Es war ziemlich kalt für Mitte Dezember - und alle Leute liefen schon mit dicken Winterjacken, Handschuhen und Mützen bis fast über die Augen gezogen, herum.

Thalia Lupin | MaraudersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt