45 ☾ Vorfreude

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Ich hatte zwar nicht die "mädchenhafteste" Kindheit erlebt - und doch waren mir Hochzeiten immer wie wunderbare Träume vorgekommen. Ganz in weiss gekleidet zu meinem Bräutigam zu schreiten; zu weinen vor Freude. Er und ich.

Alle versammeln sich - Familie, Freunde, alle die man liebt - und feiern unsere Liebe. Man isst gutes Essen, trinkt gute Getränke und wenn man Glück hat, konnte man dies alles sogar draussen veranstalten.
Danach würde man losfahren - zu zweit und voller Vorfreude - in die Flitterwochen. Flitterwochen; Urlaub, welcher wohl ein unbeschreiblich spezielles Gefühl sein musste. Es war ja keine normale Ferien, welche man antritt.
Man hatte sich das Ja-Wort gegeben und liebte sich.

Ja, Hochzeiten mussten wirklich etwas traumhaft Besonderes sein.
Doch niemand hatte mir gesagt, wie verdammt beschissen anstrengend es war, sie zu planen.

Sirius und ich wollten nicht einmal irgendetwas Grosses veranstalten - und doch sassen wir viele Abende lang am Küchentisch über unseren Notizen, Einladungen, Speisekarten, Offerten für Miete der Orte, Gästelisten und all den anderen Papierkram.

Einmal war Sirius sogar trotz fünf Kaffeetassen nacheinander am Tisch eingeschlafen.

Er schlief zwar noch nicht gut - aber etwas besser. Ich kannte mich mit Schlafstörungen besser aus, als so manche. Seit ich vier Jahre alt war, litt ich darunter.
Ich war für ihn da, und wusste, wie energielos man sich durch den Tag fühlte. Ich persönlich hatte mich mittlerweile irgendwie daran gewöhnt - doch auch wenn Sirius es stets zu verstecken versuchte und mit Humor überspielte, belastete es ihn trotzdem.

Cara zerrte mich in insgesamt vier Brautkleidgeschäfte - das fünfte besuchten wir auf Valerie's Empfehlung. Ob die verschiedenen Geschäfte wirklich gross andere Kleider besassen, als das jeweils andere? Nein. Natürlich nicht. Doch wie sollte man sich entscheiden können - gerade wenn man so entscheidungsfreudig wie ich war. Und Freunde wie Cara hatte, welche bei jedem zweiten Kleid quietschend aufsprang und Sachen sagte wie; "Scheisse, ich wünschte ich wäre am anderen Ufer - ich würd dich darin sofort heiraten!"

Auch Florence hatten wir an die Hochzeit eingeladen - mit Ehrleichterung hatte ich in ihrem letzten Brief lesen können, den sie Vincent geschrieben hatte, dass sie sich von Todd getrennt hatte. Nicht nur - aber grösstenteils deswegen - als sie gemerkt hatte, wie er auf die Beziehung zwischen Vince und Xavier reagiert hatte.

Wir hatten uns dafür entschieden, die Hochzeit im Schlossgarten eines eher abgelegenen Zaubereranwesen zu machen, welches viele Zauberer-Ehepaare als Ort der Hochzeit mieteten - ebenso Remus' und meine Eltern selbst damals.

Ich war zuerst etwas unsicher gewesen - doch Sirius war sofort Feuer und Flamme, als er einmal die Fotos der Hochzeit meiner Eltern gesehen hatte und nochmal, als uns die buckelige Hexe, welcher das Anwesen gehörte, durch die schönen Räume und Gärten geführt hatte.

Es war ein Traum - und ich hoffte bei Merlin, dass das Wetter sonnig sein würde, sodass die Hochzeit wie geplant draussen stattfinden können würde.

Dann kam die Sache mit den Trauzeugen. Bei Sirius war es relativ schnell entschieden gewesen, dass Remus sein Trauzeuge sein würde. Natürlich wusste er besser als alle anderen, dass eigentlich James dafür vorgesehen gewesen wäre. Und bei mir Lily. Wir waren deren Trauzeugen gewesen - und jedes Mal, wenn ich daran dachte, schossen mir stets Tränen in die Augen.

Bei mir würden natürlich Cara und Valerie in Frage kommen - und doch wussten wohl beide, dass letztendlich Vincent mir am nächsten stand. Mal abgesehen von Xavier - aber dieser sagte mir, dass er so gut im organisieren von Hochzeitsspielen und ähnlichem war, dass er Sirius und mich wohl aus Versehen töten würde. An unserem Hochzeitstag.
Natürlich sagte er all dies nur, weil er wusste, dass Vincent insgeheim wirklich gerne mein Trauzeuge sein würde.

Und auch wenn die beiden noch nicht lange zusammen waren, wünschte ich mir zum hundersten Mal, dass die Welt änders wäre - und ich ebenso die Trauzeugin bei deren Hochzeit sein könnte.

Ich hätte niemals gedacht, dass das Planen einer Hochzeit mich so melancholisch stimmen würde.
Vielleicht war all dies aber auch nur eine Ablenkung meiner Aufregung. Nervosität. Brennende und konstant mit dem Knie wippende Nervosität - welche leider wohl nicht nur von meinem übertriebenen Kaffee-Konsum zusammenhing.

Würde alles gut laufen? Würde es auf einmal irgendwelches Drama geben? Würde auf einmal die Presse auftauchen und auf der Titelseite würde Sachen stehen wie Ex-Inhaftierter von Askaban jetzt verheiratet! - auch wenn sich die Zeitungen langsam über das Thema beruhigt hatten? Würde ich auf dem Gang zum Altar stolpern? Was war, wenn ich mich vor Weinen verschlucken würde - einen Hustenanfall bekommen würde und das vor all den Leuten?

Mir war egal ob Sirius aus Versehen den Ring fallen lassen würde, einen unpassenden Witz erzählen würde oder dann bei der Feier zu viel Trinken würde. Aus Versehen auf die Hochzeitstorte stolpern würde oder beim Tanzen mir auf die Füsse treten würde.
Nein, was mein zukünftiger Ehemann Peinliches machen könnte, war mir egal. Würde sogar die Feier noch schöner machen.
Vielleicht sollte ich wirklich mal mein Überdenken über mich selbst überdenken.

Ich ging zwar noch ins St. Mungo arbeiten - doch mittlerweile einen Tag pro Woche weniger. Vincent hatte ebenso etwas runtergeschraubt, und da mittlerweile Remus einen Job bei einem Buchbinder in London gefunden hatte - konnten wir so die Miete der Wohnung bezahlen.

Natürlich hatten Sirius und ich geplant, dass wir uns bald eine eigene Wohnung - oder wenn wir träumen durften; ein Haus - suchen würden. Aber da Vincent und Xavier ebenso gerne an einen anderen Ort ziehen würden - und Remus ebenso gerne in der Nähe wohnen würde, wurde dies ein überaus kompliziertes Verfahren.
Vielleicht könnten wir sogar in das Haus von Xavier ziehen - doch die oberen Räume müssten zuerst noch renoviert werden.

Doch nichts eilte - und dies war eins der wunderschönsten Gefühle der Zaubererwelt.
Sirius und ich schliefen in meinem Bett, Remus im Gästezimmer und Xavier bei Vincent. Natürlich wurde es eng am Küchentisch und wir mussten fast aufeinander sitzen, wenn wir alle nach draussen auf den Balkon rauchen gehen wollten - und doch fühlte es sich schön an.

Eine Familie, welche bei Besuch von Valerie, Ryan oder Cara nur noch mehr wuchs.

Am Abend vor der Hochzeit lag ich zittrig im Bett, während Sirius neben mir sitzend eine Quidditch-Zeitschrift las. Er las aber nicht, dies sah ich - nein, er starrte bloss mit gedankenverlorenem Blick auf die Bildchen der Kenmare Kestrels.

"Na, machst du einen Rückzieher morgen und lässt mich auf einen leeren Altar zulaufen?",murmelte ich mit einem verschmitzen Grinsen auf den Lippen - ebenso meine Aufregung überspielend.
Ich hörte ein heiseres Lachen meines Verlobten, ehe er die Augen verdrehte und zu mir rübersah. Das Magazin auf den Nachttisch weglegte.
"Hättest du wohl gern."

Und da waren wir auch schon wieder; wir kuschelten uns lachend aneinander und küssten uns. Zuerst sanft und neckend - dann leidenschaftlicher und inniger.

Und auf einmal war ich mir sicher, dass der morgige Tag gut verlaufen würde - denn wenn Sirius Black dort stehen würde,  bei Merlin, dann würde sowieso alles gut sein.

Thalia Lupin | MaraudersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt