37 ☾ Kestrel

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Die nächsten Stunden verfiel ich in eine Art Trance - ich redete und schilderte den Auroren alles. Sah zu, wie Peter gefesselt und abgeführt wurde.
Hörte sein Geschluchze, mit welchem er sich zum tausendsten Mal entschuldigte. Wie er schrie.
Die Horde Auroren ihn aber von Remus und mir weghielten.

Denn das einzige, was ich wirklich wahrnahm - war Remus' Arm, welchen er die ganze Zeit um mich gelegt hatte. Die Nähe meines Bruders, welche mich nicht in komplette Tiefe fallen liess.

Peter war es gewesen.
Peter.
Nicht Sirius.
Es war nicht Sirius gewesen.

Es war, als würde mich diese Gewissenheit hinabziehen. Aber nicht, dass ich Angst vor diesem Fall hatte - nein, es war der Stein, welcher all die Zeit auf meinem Herzen gewesen war.

Die verzweifelte Gewissheit, von welcher immer eine kleine Stimme in mir gesagt hatte, dass das alles nicht wahr sein konnte.
Dass nicht Sirius uns alle verraten hatte. Lily und James getötet hatte.
Sirius war es nie gewesen.

Und nun stand ich hier - an der Seite meines Zwillingsbruders und meinen zwei besten Freunden - und wusste nicht, ob ich überhaupt je all das realisieren und verarbeiten konnte, was gerade alles geschehen war.

Die Geschichte von Peter - dass er scheinbar in Valerie's Wohnung eingebrochen war und so unsere Adresse hatte herausfinden können.
Vor uns die Wahrheit präsentiert hatte - von welchen ich immer noch nicht wusste, was Peter sich davon erhofft hatte.

Warscheinlich hatte er sich Vergebung gewünscht - doch wie konnten wir ihm vergeben?
Wie konnten wir ihm vergeben, dass er unsere besten Freunde getötet hatte - verraten und verkauft. Dass er all das aber dann Sirius angehängt hatte - denn letztendlich war Peter dann doch zu feige gewesen, um zu seinen Taten zu stehen.

Nein, vergeben konnten weder Remus - noch ich.

"Wir werden noch eure aller Aussagen brauchen - auch wenn die von Pettigrew warscheinlich schon reichen wird, damit Sirius aus Askaban rauskommt.",erklärte uns Ryan in seiner allbekannt beruhigender Stimme.

Mit glasigen Augen sah ich auf - spürte jeden Blick auf mir, als Ryan Sirius gesagt hatte.

"Sirius kommt aus Askaban raus.",hauchte ich fast unhörbar - mit solch dünner Stimme, sodass ich Angst hatte, dass sie gleich brach.
Hörte ein leises, schluchzendes Lachen meines Bruders. Sah das sanfte Lächeln von Ryan, als ich dies sagte. Er nickte.

"Ja, Thalia. Sirius kommt aus Askaban raus."

~

Ich war vollbepackt mit Gefühlen - so sehr, sodass ich gar nicht mehr beschreiben konnte, wie ich mich überhaupt fühlte.
Wie ich mich fühlte - als wir im Zaubereiministerium standen.

In diesem langen Gang, in welchem zig verschiedene Büros und Anhörungsräume platziert waren.
Alles feinsäuberlich geputzt und modern - ich war noch nicht oft im Ministerium gewesen.
Aber mir war eigentlich egal, wie prunkvoll und schön es hier aussah.

Nervös versuchte ich, nicht die ganze Zeit nervös hin und her zu gehen - doch dies schaffte ich so überhaupt gar nicht.
An meiner Seite war Remus - Vincent und Xavier hatten sich dazu entschieden, draussen zu warten. Sie wollten uns diesen Moment ganz alleine lassen.
Diesen Moment.
Ich konnte gar nicht glauben, dass es bald soweit sein würde.

"Wie lange geht das denn noch?",fragte nun ebenso Remus nervös - was mich nur noch aufgeregter machte.
Doch als er merkte, wie ich gleich fast ohmächtig wurde, legte er seinen Arm um mich und schenkte mir ein aufmunterndes Lächeln.

Ich begann gleich an zu weinen. Laut. Verzweifelt und atemlos. Vielleicht würde ich wirklich in Ohmacht fallen.
Und als ich noch etwas sagen wollte - ging die grosse Tür gegenüber von uns auf.

Zwei Auroren traten an der Seite von Sirius hinaus.
Seine Haare waren länger als schulterlang - er trug einen etwas verknittert aussehenden, dunklen Anzug, aber ich sah trotzdem, wie ausgehungert er aussah.

Seine Haut war blass - doch als er sogleich zu mir schaute, war es schon fast, als würde das Leben zurück in seinen Körper kommen. In seine Seele. In sein Herz.

Das Schluchzen, welches ich ausstiess, hörte ich gar nicht. Mit schnellen, hörbaren Schritten überquerte ich die wenigen Meter, welche zwischen uns und ihm waren - und schlang zittrig die Arme um ihn.

Es war, als würde ich nach Hause kommen. Als wäre das Band, welches all die Jahre von Askaban bis hier gespannt wurde - nun endlich locker.
Und meine Brust war locker - als könne ich endlich wieder wirklich atmen.
Aufatmen - die Luft endlich wieder in meinem Körper spüren können. Ohne Angst davor zu haben, dass sie mir wegbleiben könnte.

Ich hörte, wie Sirius heiser in meine Schulter auflachte und seine Arme um mich schlang. Spürte ebenso, wie auch er anfing leise zu weinen.

"Hey, Kestrel."
Ich stiess ein schluchzendes Lachen aus und weinte - aber mit einem Grinsen auf den Lippen.
Konnte nicht glauben, dass ich seinen Körper an dem meinen spürte - hatte ich doch geglaubt, dies nie wieder zu spüren.

Ich spürte, wie Sirius sanft über meinen Rücken strich - über meinen Nacken und meine Arme. Meinen Hals. Seine Finger zitterten - als wollte er sichergehen, dass ich auch wirklich real war.
Aber ich war hier.
Und er war hier.
Endlich waren wir beide hier.
Nach all der Zeit waren wir hier.

"Du bist hier."
"Ja, ich bin hier - und du auch.",schluchzte ich lächelnd und nickte wimmernd.

Vorsichtig löste sich Sirius aus der Umarmung und legte zittrig seine Hand an meine Wange. Sie war kühl - wollte mir gar nicht vorstellen, wie kalt er die letzten Jahre hatte verbringen müssen.

Wie viel Leid Sirius hatte ertragen müssen - wie viel Panik, Angst und Dunkelheit.
Wie er wie ein kaltblütiger Mörder behandelt worden war - welcher er doch gar nie gewesen war.
Nie hätte sein können.

Fast schon wie damals am Yule Ball sah er fragend zu meinen Lippen - nachdem er verliebt in meine Augen geschaut hatte. Strich liebevoll mit seinem Daumen eine Träne von meiner Wange weg.
Schluchzend lachte ich glücklich auf und nickte - ehe ich stürmisch und doch zärtlich meine Lippen auf die seinen legte.
Endlich.

Ein Feuerwerk - und das Neujahrsfeuerwerk der Muggle war überhaupt gar nichts dagegen - ging in meinem Körper los.
Mein Herz schlug schnell - jede Berührung von Sirius war eine Überflutung. Aber eine Überflutung, in welcher ich mich endlich ohne Angst hineinfallen lassen durfte.
Endlich.

Sirius lehnte - nun mittlerweile ebenso schluchzend wie ich - seine Stirn an die meine und schaute mir grinsend in die Augen. Fast schon, als hätte dieser Kuss ihm eine Dosis Lebensenergie zurückgegeben.
Das hier war Sirius.
Sirius.

Wir redeten nicht viel - wussten, dass wir danach noch so viel Zeit dazu haben würden.
Und doch sagten wir einander so unfassbar viel - so viel, welches Worte gar nicht hätten beschreiben können. Oder jedenfalls niemals dieses Ausmass an Gefühlen hätten ausdrücken können.

Schluchzend drehte ich mich zu meinem Zwillingsbruder um - welcher schon breit grinste und ebenso Flüsse an Tränen auf seinen Wangen hinablaufen hatte.

Sirius lachte weinend auf und zog dann uns beide gleichzeitig an seinen Körper.
Schlang seine Arme um uns und wimmerte erleichtert auf. Sein dünner Körper zitterte wie Espenlaub - aber wir hielten ihn fest. Würden ihn nie wieder loslassen. Nie wieder.

Und da standen wir - alle weinend und fallend. Fallend in die endliche Erleichterung, welche uns endlich komplett durchflutete.
Endlich.

Wir drei - die letzten, die übriggeblieben waren.

Thalia Lupin | MaraudersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt