Kapitel 27

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Owen

Ich wusste nicht, was ich mir dabei gedacht hatte. Scheinbar nicht besonders viel. Ansonsten hätte ich niemals vorgeschlagen, dass Emilia heute Nacht bei mir schlief und ich in ihrer Wohnung. Sie würde die erste Frau sein, abgesehen von meiner Mom, die diese Wohnung betrat. Den einzigen privaten Rückzugsort den ich besaß. So laut die Gegenstimme in meinem Kopf auch war. Mein Herz sagte mir, dass es die richtige Entscheidung war. So konnte ich vielleicht einfacher herausfinden, wer hinter all dem steckte. Und es würde mir vielleicht Aufschluss darüber geben, woher der Kerl wusste, wann sie zuhause war. In seinem Brief hatte er sich immerhin für heute Abend angekündigt.

Entweder er kam und würde auf mich treffen. Oder aber er tauchte nicht auf, weil er irgendwie erfahren hatte, dass sie heute Abend nicht da sein würde. Dann blieb natürlich nur noch herauszufinden, wie er davon erfahren hatte. Deshalb legte ich für uns beide fest, dass wir diese Abmachung nicht an die große Glocke hängen würden. Das war besser für alle Beteiligten. Außerdem legte ich für mich selbst fest, dass ich hier auf dem Sofa schlafen würde und nicht in ihrem Bett. Denn das wäre Selbstmord. Heute früh neben ihr aufzuwachen, obwohl ich keinen blassen Schimmer hatte, wer wem näher gekommen war, hatte sich gut angefühlt. Nein verdammt! Sogar mehr als gut. Irgendwie vertraut. Richtig.

Oh Mann! Wann bitte war ich unter die Weicheier gegangen?, stellte ich mir zwar selbst eine Frage. Hatte jedoch Angst vor der Antwort. Und das sagte ich. Owen Harris. Der Typ, der normalerweise nie vor irgendetwas Angst hatte. Denn die Antwort war demütigend. Ein Weichei war ich eigentlich schon seit unserer ersten Begegnung. Nicht, weil ich meine Hand unter ihrem Kleid hatte. Auch wenn es sich wirklich gut angefühlt hatte. Oh nein. Es war der Moment als ich Emilia so ausgelassen auf der Tanzfläche hatte stehen sehen. In diesem Moment wirkte sie nicht komplett verängstigt, zuckte bei jeder Kleinigkeit zusammen oder wich verschreckt zurück. Mir war bewusst, dass sie an dem Abend betrunken war.

Doch ihre Unbeschwertheit hatte mich fasziniert. In ihren Bann gezogen. Und jetzt fühlte es sich so an, als würde ich in einem Strudel stehen und nicht wieder unbeschadet herauskommen. »Okay gut. Du hast mich überredet. Ich pack schnell ein paar Sachen zusammen«, sprang sie plötzlich vom Sofa auf und hatte es furchtbar eilig von mir wegzukommen. Ich hatte auch gar keine Chance etwas zu antworten, da war Emilia bereits verschwunden, weshalb ich mich gegen die Lehne sinken ließ und mir geschafft übers Gesicht fuhr. Hatte ich es mir wirklich gut überlegt, Emilia mit in meine Wohnung zu nehmen? Wahrscheinlich nicht. Aber eine andere Möglichkeit gab es im Moment nicht. Naja. Sie könnte immer noch nach Lemont fahren. Doch das schloss sie ja kategorisch aus. Deshalb war das die einzige Alternative.

Außer ich quartierte sie bei Cassie ein. Okay blöde Idee. Ganz blöde Idee. Denn bei dem Gedanken, der sich in mir auftat, stand mein Schwanz sofort wieder. Ich würde mich gar nicht erst in Versuchung bringen, die beiden zusammen in eine Wohnung einzuquartieren. Das wäre für meinen Seelenfrieden und für meine Eier die reinste Folter. Ich rückte gerade meinen Schwanz in meiner Hose zurecht, als ich leise Schritte hörte. Sofort zog ich meine Hand zurück und starrte angestrengt auf das Display meines Handys. »Ich bin fertig. Meinetwegen können wir los«, hatte Emilia es augenscheinlich sehr eilig von hier zu verschwinden. Und ich tat ihr den Gefallen, erhob mich ein wenig steif vom Sofa und ließ meine Knochen knacken, als ich mich ausgiebig streckte. Dann faltete ich noch die Decke, bevor ich zusammen mit Emilia zur Haustür lief.

»Hast du alles?«, vergewisserte ich mich, dass sie nichts vergessen hatte. »Ja. Ich hab Kleidung, mein Handy und... vielleicht sollte ich mir noch was zu essen mitnehmen«, überlegte sie laut. »Ich bin mir sicher, dass du bei mir etwas finden wirst. Ich besitze immerhin auch einen Kühlschrank.« »Okay«, nickte Emilia verhalten, griff sich noch eine Jacke von der Garderobe und schlüpfte in schwarze Converse. Am Auto angekommen, nahm ich Emilia ihre Tasche ab und stellte sie auf die Rückbank. In der Zwischenzeit hatte sich die junge Frau bereits auf den Beifahrersitz gesetzt und sich angeschnallt. Ich ließ mich hinter das Lenkrad gleiten, startete den Motor und warf Emilia einen Seitenblick zu. Sie beachtete mich aber gar nicht, weil sie gedankenverloren aus dem Fenster starrte. Irgendwas beschäftigte sie definitiv.

Chicago Bastard - How you saved meWo Geschichten leben. Entdecke jetzt