Kapitel 16

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Owen

Ich konnte Emilia in diesem Zustand nicht einfach gehen lassen. Deshalb hatte ich auch nicht darüber nachgedacht, wie sie darauf reagieren würde, wenn ich sie berührte. Denn genau das tat ich gerade. Aus reiner Intuition hatte ich nach ihrem Arm gegriffen, sie halb umgedreht und mit dem Rücken gegen die Wand neben der offenen Tür gedrückt. Dabei hielt ich sie mit meinem Körper an Ort und Stelle. Und ich übertrieb nicht, wenn ich behauptete, dass ich jede Rundung ihres Körpers spüren konnte. Weshalb es nicht wirklich ein Wunder war, dass mein Schwanz sich verlangend gegen ihren Unterbauch drückte. Ich wusste aufgrund ihres veränderten Atems, dass sie es ebenfalls spürte. Noch dazu färbten sich ihre Wangen auffällig rot.

»Wir sind noch nicht fertig Emilia«, wollte ich meine Hand an ihre Wange legen, doch sie zuckte verschreckt zurück und sah mich mit geweiteten Augen an. »Kannst du mich bitte loslassen«, klang ihre Stimme aufgelöst und unsicher. Weil ich nicht wollte, dass sie wieder eine ihrer Panikattacken erlitt, ließ ich von ihr ab. Denn die warnenden Worte ihrer Schwester, dass diese von ungewollten Berührungen ausgelöst wurden, waren mir im Ohr geblieben. »Erzähl mir noch den Rest Emilia. Was ist da noch? Woher kommt die Angst vor fremden Männern?«, probierte ich ihr, durch diese gezielte Rückfrage eine Antwort zu entlocken. Und sie ließ sich darauf ein. »Ich habe nicht vergessen, was vorhin im Keller passiert ist. Ich wollte nur nicht darüber sprechen«, begann sie zögerlich.

»Du hattest eine Panikattacke, stimmts?«, schlussfolgerte ich, nachdem ich die Situation noch einmal Revue passieren lassen hatte. »Ja«, gab sie kleinlaut, mit zittriger Stimme, zu. »Unten war sonst niemand, der dich hätte gegen deinen Willen anfassen können. Was war also der Auslöser?«, ergaben die einzelnen Puzzleteile immer mehr Sinn. Ihre Augen weiteten sich kurz vor Erkenntnis, darüber, dass Yara mir davon erzählt hatte, bevor sie sich wieder fing. Tränen traten in Emilias Augen, die sich ihren Weg über ihre Wangen stahlen. Diesmal machte sie sich erst gar nicht die Mühe ihre Tränen wegzuwischen. Ich hatte sie eh schon gesehen. Sowohl jetzt als auch vorhin. Außerdem zeigte mir diese Reaktion ihrerseits, wie sehr sie innerlich wirklich unter ihrer Vergangenheit litt, auch wenn sie es nach außen tapfer verbarg.

Ihre Beine begannen gefährlich zu zittern, weshalb ich vorsorglich einen Arm nach ihr ausstreckte, um sie abzufangen, falls sie umfiel. Das tat sie jedoch nicht. Emilia ließ sich ganz bewusst an der Wand hinter sich herunterrutschen. Ich schloss die noch immer offenen Tür, bevor ich ihrem Beispiel folgte und mich vor ihr in die Hocke sinken ließ. »Emilia was war der Auslöser?«, stellte ich meine Frage ein weiteres Mal, da sie keine Anstalten machte mir zu antworten, sondern eher wirkte, als würde sie sich jeden Moment in ihren Erinnerungen verlieren. »Es waren die Bilder. Der Keller...«, brachte sie es nicht fertig ihren Satz zu beenden. »Was wurde dir in einem Keller angetan? Was hat er ausgelöst?«, lieferte ich ihr Steilvorlagen die sie nur beantworten musste.

Für mich klang das so einfach, aber ich sah genau, wie Emilia mit sich kämpfte. Für sie war es alles andere als leicht. Sie erlebte all das Schlimme von damals durch meine Fragen nochmal. Deshalb legte ich mir in meinem Hinterkopf schon mal einen Plan zurecht, wie ich sie wieder beruhigen konnte, falls die Situation eskalierte. »Den Männer, die uns festgehalten haben, bereitete es Freude mit uns zu spielen. Alle hatten Angst davor selbst einmal dieses Spielzeug zu sein. Die Kinder, denen das schon passiert war, waren hinterher komplett verändert. Mal davon abgesehen, dass sie absolut misshandelt, aussahen«, starrte Emilia an mir vorbei auf einen Punkt hinter mir, während sie sprach.

»Viel schlimmer war jedoch, wie diese Kinder sich hinterher verhielten. Sie sagten zu allem, was ihnen befohlen wurde, ja. Zu allem. Sie wurden gezüchtigt. Anders kann ich mir nicht erklären, wie ein siebenjähriges Kind freiwillig mit einem über 50-jährigen Mann Sex haben wollen würde«, zuckte ihre Hand unruhig auf dem Boden. Emilia sah mir nur ganz kurz in die Augen und trotzdem erkannte ich so viel Schmerz, Ekel, Abscheu und Angst darin. Denn auch wenn sie mich theoretisch ansah, war sie praktisch gesehen nicht anwesend. Es war klar erkennbar, dass Emilia im Inneren mit sich selbst kämpfte. »Was ist da noch? Was haben sie mit dir gemacht?«, klang meine Stimme ungewöhnlich rau.

Chicago Bastard - How you saved meWo Geschichten leben. Entdecke jetzt