Kapitel 38

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Emilia

Da ich die nächste Woche nichts von Owen hörte und ich nicht allein in meiner Wohnung bleiben wollte, hatte Cassie mich bei sich mit einquartiert. Sie hatte es mir schon an dem Tag, als Owen plötzlich weg musste, angeboten. Deshalb hatte ich jetzt seit einer Woche auf ihrem Sofa geschlafen. Der einzige Vorteil war gewesen, dass ich bis zu meiner Arbeit nur schlappe 15 Minuten zu Fuß brauchte, wodurch es mir erspart blieb mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren. Heute war Freitag. Und ich freute mich jetzt schon sehnlichst aufs Wochenende. In der Firma war viel zu tun gewesen und da aufgrund der beginnenden Urlaubszeit einige Mitarbeiter nicht da waren, blieb viel an mir hängen.

Fertig mit meinem Tagwerk erhob ich mich von meinem Stuhl, strich meinen schwarzen Rock glatt und schulterte meine Tasche. Ich löschte das Licht, schloss alle Fenster und verließ schlussendlich um 17:30 Uhr meinen Schreibtisch. Bevor ich das Gebäude allerdings verließ, klopfte ich nochmal bei Sammy an die Tür. »Herein«, drang es durch das Holz. »Hey du. Ich wollte nur sagen, dass ich jetzt Feierabend machen würde. Ich geh nur nochmal überall durch, sodass du nachher nur noch zuschließen brauchst«, war ich in den Raum getreten und hatte die Tür hinter mir ran gedrückt. »Sehr gut danke Lia«, sah Sam schlecht aus. Er hatte tiefe Augenringe, sein Hemd war oben geöffnet und der Schweiß stand ihm auf der Stirn.

»Was musst du noch machen?«, näherte ich mich meinem Bruder, stellte mich neben ihn und legte eine Hand auf seine Schulter. »Nur noch ein paar Abrechnungen«, lehnte er seinen Kopf erschöpft zurück. Da ich mir nicht mit ansehen konnte, wie er litt, trat ich um ihn herum und lehnte mich neben ihn an seinen Schreibtisch. »Geh nachhause Sammy. Ich erledige das noch«, würde mein Feierabend sich doch noch ein Stück nach hinten verschieben. »Aber...«, wollte er mir widersprechen. »Nichts aber. Du siehst wirklich schlecht aus«, legte ich meine Hand auf seine schweißige Stirn und bekam meine Bestätigung. »Du hast Fieber Sam. Geh nachhause, ruh dich aus und lass dich von Helen gesund pflegen. Ich mach das noch schnell fertig«, umgriff ich seine Wangen und zwang ihn mich anzusehen.

Sein Gesicht war nass, viel zu blass und seine Augen glasig. »Sicher? Du musst das nicht tun Lia.« »Ich will aber. Kurier dich aus, damit du Montag wieder fit bist«, küsste ich behutsam seine Stirn. »Danke Emilia«, nuschelte er undeutlich. »Nicht dafür. Und jetzt Abmarsch nachhause. Helen wartet bestimmt schon auf dich«, löste ich mich von ihm, beobachtete allerdings jede seiner Bewegungen genaustens. Alles ging schwerfällig und langsam. Nichts im Vergleich zu sonst. Nachdem ich Sam zum Auto begleitet hatte, obwohl mir bei dem Gedanken, dass er so noch Auto fuhr, leicht schlecht wurde, ich mir jedoch einredete, dass es nur 5 Minuten waren, machte ich meine abendliche Kontrollrunde und schloss die Tür schonmal zu, um Überraschungsgäste zu vermeiden.

Dann setzte ich mich auf Sams Stuhl und sah mir die Dokumente, die ausschließlich aus Zahlen bestanden, an und seufzte schwer. Das würde ein langer Abend werden. Ich kannte mich mit Abrechnungen zwar auch aus, aber es war nicht mein Spezialgebiet und ich hasste es eigentlich abgrundtief. Nur blieb mir wohl oder übel nichts anderes übrig. Da ich wusste, dass das hier länger dauern würde, knöpfte ich meine Bluse auf und warf sie auf meine Tasche. Zum Glück trug ich darunter ein weißes Neckholder Top, um es mir wenigstens ein bisschen bequem zu machen. Also an die Arbeit.

Ich war gerade dabei mich durch die Einnahmen des letztes Monats zu kämpfen, als mein Telefon begann zu klingeln. Bei dem Anblick von Cassies Namen auf dem Display bekam ich sofort ein schlechtes Gewissen, weil ich ihr nicht Bescheid gesagt hatte, dass ich heute später kam. Denn nach einem Blick auf die Uhr stellte ich erschreckt fest, dass es schon fast zehn war und die Dunkelheit sich draußen breitmachte. »Hallo?«, nahm ich ihren Anruf an. »Hey. Ich wollte nur mal fragen, wo du bleibst«, lag ich mit meiner Vermutung richtig. »Tut mir leid. Ich sitz noch auf Arbeit. Sam ging es nicht gut und ich hab ihn nachhause geschickt und gesagt, dass ich das noch fertig mache. Dabei habe ich allerdings die Zeit vergessen«, lehnte ich mich zurück und rieb mir müde meine Augen.

Chicago Bastard - How you saved meWo Geschichten leben. Entdecke jetzt