Kapitel 13

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Emilia

Ich hatte wirklich versuchtes so lang wie möglich hinauszuzögern. Doch kaum war Yara am Donnerstag abgereist, bekam ich haufenweise Briefe und ein weiteres Paket. In dem vorletzten, welches ich an dem Abend bekommen hatte, an dem Sam und Helen zum Essen vorbeigekommen waren, lag eine blutverschmierte Puppe. Ihr fehlten jegliche Extremitäten. Und dennoch war dieser Inhalt nicht halb so verstörend, wie der des jüngsten Pakets. In dem heutigen Paket lag ein Herz. Obendrauf ein Zettel mit den Worten »Mein Herz gehört ganz dir mi puta. Ich freue mich dich bald zu treffen. Bis dahin«.

An diesem Punkt war nun wirklich die letzte Grenze überschritten. Ich musste endlich über meinen Schatten springen und Owen von unserer Vergangenheit und meinen traumatischen Erlebnissen erzählen. Allein würde ich dieser Person niemals die Stirn bieten können. Dafür hatte ich neben meiner Angst auch keine Ahnung wie. Seit Yaras Abreise hatte ich mich eigentlich nur zuhause verkrochen, Fenster, Türen und Jalousien stets geschlossen gehalten und darauf gehofft, dass der Person langweilig werden würde und sie vielleicht von selbst aufhörte. Ich wusste, dass dies reines Wunschdenken und vollkommen naiv war, aber ein Versuch war es wert gewesen. Wenn es auch nur ein sehr verzweifelter und nicht von Erfolg gekrönter gewesen war.

Das Piepen meines Handys ließ mich zusammenfahren. Ich griff danach und sah, dass Sam mir geantwortet hatte. »Du musst selbst entscheiden, was du für richtig hälst. Ich kann dir nur sagen, dass ich dich unterstütze, egal für was du dich entscheidest. Ich bin immer stolz auf dich Lia.« »Ich hab dich lieb«, tippte ich eine Antwort. »Ich dich auch«, kam sofort von ihm zurück. »Na schön Lia. Frag ihn einfach«, sprach ich mir selbst Mut zu. Bevor ich es mir anders überlegen konnte, hatte ich meine nächste Nachricht bereits weggeschickt. Die Häkchen verfärbten sich sofort blau. Allerdings dauerte es eine ganze Weile, bis irgendwas passierte. Anders als erwartet, begann mein Telefon zu klingeln.

Ich nahm das Gespräch an und hielt das Handy vorsichtshalber ein wenig von meinem Ohr weg. Was im Nachhinein eine wirklich kluge Entscheidung gewesen war. Sam schien aufgebracht über meine Nachricht zu sein. Das schloss ich jedenfalls daraus, da er ohne Punkt und Komma sprach und mir gar keine Chance ließ überhaupt mal zu Wort zu kommen. »Auf keinen Fall Lia. Das werde ich nicht tun. Hast du vollkommen den Verstand verloren. Ich habe zwar geschrieben, dass ich dich bei allem unterstütze. Aber dabei ganz bestimmt nicht. Das wäre einfach nur dumm. Du kannst dich nicht einfach in die Höhle des Löwen begeben. Hörst du?«, fand er schließlich doch ein Ende.

»Bitte Sam. Ich brauche Owens Adresse. Im Internet habe ich sie nicht gefunden. Und du warst schließlich schonmal dort. Außerdem hast du mir doch eingebläut, dass du ihm vertraust«, klang mein Tonfall flehentlich. »Lia nein. Ich geb dir meinetwegen seine Nummer. Aber ich lasse nicht zu, dass du geradewegs in die Arme der Unscrupulous rennst. Denen vertraue ich nämlich kein Stück«, weigerte Sam sich beharrlich meiner Bitte nachzukommen. »Sammy bitte. Ich habe es satt mich vor Angst zu verstecken. Soll ich mein restliches Leben in ständiger Angst leben, mich in meiner Wohnung verschanzen und nie wieder aus der Tür gehen. Willst du das wirklich?«, bemühte ich mich um einen besonders süßen Tonfall, bei dem er mir nichts ausschlagen konnte. Und es schien tatsächlich zu funktionieren.

»Na schön. Aber du meldest dich sofort, wenn dir etwas komisch vorkommt. Und wenn du wieder zuhause bist. Verstanden?«, ließ sein Tonfall keinen Zweifel daran, dass er seine Worte vollkommen ernst meinte. »Verstanden. Ich verspreche es dir«, nickte ich automatisch, realisierte aber ziemlich schnell, dass Sam mich gar nicht sehen konnte. »Okay. Ich schick dir die Adresse«, schnaubte er unzufrieden am anderen Ende der Leitung. Ich hingegen grinste in mich hinein und war stolz, dass ich ihn so schnell überzeugt hatte. Immerhin hatte ich lange vor dem Spiegel gestanden und diese Worte akribisch einstudiert. Kaum hatte Sam aufgelegt, gab mein Handy einen erneuten Ton von sich.

Chicago Bastard - How you saved meWo Geschichten leben. Entdecke jetzt