Kapitel 38 - Rache

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Der Direbär ist ein Allesfresser, das heißt, er kann sowohl Beeren als auch Fleisch essen. Er ist sehr territorial und wird angreifen, wenn er nicht genug Freiraum hat.



Unsere Waffen hingen nutzlos an unseren Seiten.

„Wag es ja nicht", zischte Pablo Nastya zu, die bereits ihre Pistole in beide Hände genommen hatte.

Sie sah ganz und gar nicht glücklich aus, doch unternahm nichts weiter. Selbst sie musste begriffen haben, wie gering unsere Chancen standen, sollten diese Biester beschließen, uns anzugreifen. Wir durften ihnen keinen Grund dafür geben.

Es blieb uns keine andere Wahl als eng beieinander zu stehen und zu hoffen.

Immer mehr Wölfe kamen zwischen Lücken in Bäumen und hinter Felsen hervor und bald waren sie in der Überzahl. Unsere Chancen schwanden von Minute zu Minute. Sie alle im Blick zu behalten war unmöglich. Doch noch wurden wir nicht angegriffen. Ich zweifelte keine Sekunde daran, dass unsere angespannte Regungslosigkeit uns am Leben erhielt. Zumindest jetzt gerade.
Niemand wagte zu sprechen, bis wir alle gleichzeitig zusammenschreckten, als ein schriller Pfiff die windige Stille zerriss.

„Hey! Halt! Tut ihnen nicht weh!" Eine heisere, fremde Stimme lenkte die Aufmerksamkeit der Wölfe auf sich und einige blickten ihr entgegen, während andere uns nicht aus den Augen ließen.

Eine Gestalt stapfte eilig durch den Schnee auf uns zu, das Gesicht bis auf die Augen vermummt, formlos in mehreren Schichten aus Kleidung und Fell, dicke Stiefel an den Füßen. Obwohl ihr die Stimme zu versagen drohte, als sie den Wölfen befahl, von uns abzulassen, handelte es sich eindeutig um ein Mädchen.

Sie hielt einige Meter von uns entfernt an, einen Wolf an jeder Seite.

„Wer seid ihr? Was tut ihr hier?"

„Wer wir sind?", entgegnete Nastya mit einer Mischung aus Fassungslosigkeit und Feindseligkeit. „Wer bist du?"

Das Mädchen musterte uns und antwortete nicht. Sie ließ ihren Blick über jeden einzelnen von uns wandern, über unsere Gesichter und die Waffen, die wir hielten.

„Wir sind verbündet!", rief Sophie plötzlich und trat einen Schritt nach vorn. Instinktiv griff ich nach ihrem Arm, aber sie war zu schnell. „Wir sind Freunde. Und wir müssen dort hin." Mit einer unnötig ausladenden Bewegung zeigte sie auf den blauen Turm auf der Bergspitze. Das fremde Mädchen folgte Sophies Hand mit den Augen.

„Wir tun dir nichts", bekräftigte Kemen. „Wir wollen nur hier weg."

Es dauerte noch einen Moment, ehe das Mädchen sich zu einer Antwort durchrang. „Dann folgt mir."

Sie drehte sich um und begann durch den Schnee davonzustapfen, allerdings nicht in Richtung des Berges mit dem Turm. Wir warfen einander Blicke zu, wagten es aber nicht, uns zu widersetzen. Immerhin waren die Wölfe noch immer eine sehr reale Gefahr. Sie begleiteten uns in einigen Metern Entfernung, manche setzten sich ab und verschwanden zwischen den Bäumen.

Das Mädchen führte uns über felsigen Boden zu einer Höhle, um die herum überall Knochen verstreut waren. Im Inneren brannte ein Lagerfeuer und mehrere Wölfe knurrten, als wir nach und nach die Höhle betraten. Das Mädchen beruhigte die Wölfe mit leiser Stimme und kraulte eine Wölfin mit mehreren Welpen hinterm Ohr.

Die Höhle an sich war ein Albtraum.

Es roch nach nassem Hund und Blut, Knochen knirschten unter unseren Stiefeln, ein halb aufgefressenes Tier lag an einer Höhlenwand und starrte uns aus toten, milchigen Augen an.

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