Kapitel 5 - Fleisch

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Gebratenes Fleisch stillt den Hunger besser als Beeren, aber es ist schwerer zu beschaffen.


Am nächsten Morgen war der Himmel wolkenverhangen und es war zum ersten Mal richtig kalt.

Der Kartoffelsack änderte daran nicht viel, aber ich wollte ihn trotzdem nicht missen. Himaya war verhältnismäßig früh munter und ging mit mir zusammen nach draußen, als der Morgen graute. Nicky schlief noch und Lance passte für sie auf das Feuer auf. Wir wollten es bei der Kälte so lange wie möglich brennen lassen, aber langsam ging uns das Feuerholz aus.

Vor der Tür blieb Himaya stehen und hob die Nase in die Luft.

„Riechst du das?", fragte sie mit Blick auf mich.

Ich nickte. „Regen."

Mit einem Zwinkern bedeutete sie mir, ihr zu folgen. Sie steuerte auf einen Busch mit großen, palmenartigen Blättern zu. Mit flinken Fingern flocht sie ein paar lange Grashalme zu einer Schnur zusammen und band die Blätter so zurecht, dass sie als kleine Auffangbecken für Wasser dienen konnten. Manchmal kam ich nicht darüber hinweg, wie schlau sie war. Wenn es tatsächlich regnen würde, mussten wir heute nicht noch mal den langen Weg zum Fluss zurücklegen.

Während ich anfing Beeren zu sammeln, flocht sie aus Gras ein paar neue Schalen, damit wir die Beeren besser aufbewahren konnten. Der Regen ließ nicht lange auf sich warten. Der Wind frischte auf und schon bald fielen die ersten Tropfen. Es wurde zunehmend kälter. Ich wünschte, ich könnte mich in den Schlafsack verkriechen.

Der Regen wurde schnell stärker. Himaya brachte die Beeren in Sicherheit und holte die vier Trinkschläuche aus der Hütte. Es war ein Kinderspiel, sie an den zusammengebundenen Blättern zu füllen. Wir konnten sogar selbst noch aus den Blättern trinken. Klatschnass, aber zufrieden, kehrten wir in die Hütte zurück und lösten Lance beim Feuer ab.

Der Regen ließ erst gegen Mittag nach. Himaya hatte das Feuer schon klein halten müssen, weil wir anfangen mussten, mit dem Holz zu sparen. Brennholz nach einem Wolkenbruch zu suchen, war natürlich nicht ideal, aber Himaya meinte, sie konnte auch mit nassem Holz Feuer machen.

„Ich hole Holz", sagte Lance bestimmt. „Ihr drei macht was anderes - ihr erlegt einen von diesen Vögeln." Er blickte uns der Reihe nach an. „Heute Abend werden wir speisen wie die Könige."

Wir warfen uns Blicke zu. Aber Himaya war zuversichtlich, dass wir das auch ohne Lance schaffen würden.

Wir bewaffneten uns mit den Jagdmessern und machten uns auf die Suche nach einem Dodo. Es dauerte nicht lange, bis wir einem begegneten. Er watschelte gerade aus dem Dschungel heraus, in dem es so sehr von den Blättern der Baumkronen tropfte, als würde es noch immer regnen. Am Saum des Waldes blieb er stehen und schüttelte Wasser aus seinen kurzen Flügeln.

Ich hatte noch nie etwas getötet, abgesehen von Mücken. Schon gar keinen Riesenvogel. Er war nur ein bisschen kleiner als der Dilophosaurus von gestern und konnte sicher mit dem gebogenen Schnabel einigen Schaden anrichten. Der Dodo gurrte leise und kam näher. Auf ein Zeichen von Himaya begannen wir, ihn einzukreisen. Ich packte mein Messer fester. Nicky und ich standen einander gegenüber und tauschten Blicke, bevor wir uns dem Dodo nährten und uns auf ihn warfen.

Er versuchte mit aller Kraft zu entkommen, aber er war zum Glück nicht allzu stark.

Himaya drängte sich zwischen uns und schlitzte dem Vogel ohne zu zögern die Kehle auf. Er stieß ein schreckliches Gurgeln aus und das Blut spritzte aus seinem Hals - wir alle waren in Null Komma Nichts in Dodoblut getränkt.

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