Raptoren sind schnelle und tödliche Jäger.
Tief atmete ich die salzige Luft ein und rieb mir die Augen. Für einen Moment war ich ganz allein mit dem Ozean und meiner aufsteigenden Panik, dann packte mich etwas am Arm.
Schreiend und schlagend drehte ich mich im Wasser und verpasste Lance aus Versehen einen Kinnhaken. Er ließ mich los und fluchte.„Tut mir leid", sagte ich zitternd.
Er sagte nichts, sondern schwamm zurück zur Klippe, wo Tim sich bereits befand. Anscheinend gab es nichts zum Festhalten, aber sie bot zumindest etwas Schutz. Blinzelnd blickte ich nach oben. Von den Raptoren war nichts mehr zu sehen.
Eilig schwamm ich zu den Jungs, jeder Schwimmzug entflammte den Biss in meinem Arm aufs Neue. Ich wollte gar nicht wissen, wie Lance' Bein sich anfühlen musste.
„Habt ihr das gesehen?", japste ich, bei den beiden angekommen. „Da ist etwas im Wasser, unter uns." Panisch klammerte ich mich an einer herausstehenden Kante in der Wand fest. Hier aus dem Wasser zu klettern war ausgeschlossen.
Die beiden starrten mich an. „Kein Hai, oder?", fragte Lance. „Bitte sag mir, dass es kein riesiger ausgestorbener Superhai war."
„Nein, es war – es war riesig."
„Wie riesig?", hakte Tim nach.
„Keine Ahnung! Ich hab es nur kurz gesehen."
Aber die paar Sekunden hatten gereicht, um den Eindruck zu vermitteln, dass dieses Viech beide Flöße mit einem Bissen vernichten konnte. Ich hatte mich nie mit Dinosauriern beschäftigt und wusste nur das, was ungefähr jeder wusste. T-Rex, Raptor, Triceratops. Mit prähistorischen Seeungeheuern kannte ich mich nicht aus. Einen Hai hätte ich noch erkannt, oder einen Wal, aber das Monster sah nichts und niemandem ähnlich. Es war unglaublich groß, und es hatte an jeder Seite zwei lange Flossen, die es auf und ab bewegte.
„Wir schwimmen an der Klippe entlang zu den anderen", entschied Tim und machte sich auf den Weg. Lance und mir blieb nichts anderes übrig, als zu folgen. Immerhin hatte Tim den Rucksack beim Aufprall aufs Wasser nicht verloren. Er schleppte also noch zusätzlich zu seinem Schock den seltsamen Stein mit sich herum.
Wie sich herausstellte, waren die anderen mit den Flößen bereits in unsere Richtung unterwegs und wir wurden bald eingesammelt. Sie hatten gar nicht daran gedacht, uns auf Carnivore Island zurückzulassen. Völlig erschöpft ließen wir uns von den anderen auf die Flöße ziehen und ich brach erst mal zusammen. Ich wagte nicht, mich hier sicher zu fühlen, nicht nach dem, was ich gesehen hatte.
Um mich herum redeten alle durcheinander, Sophie saß neben mir und strich mir die nassen Haare aus dem Gesicht. Sie blickte dabei hoch und verfolgte das Gespräch. Bei mir kam nur Rauschen an. Die sanften Wellen, die das Floß schaukelten, hatten nichts Beruhigendes mehr an sich, seit mir klargeworden war, welche Monster sie beherbergten. Wir mussten schnell wieder an Land.
Ich setzte mich auf, aber dabei wurde mir schwindelig und ich plumpste gegen Sophie.
„Wir müssen weg von hier", nuschelte ich.Sophie nickte und reichte mir einen Trinkschlauch. Dankbar hob ich ihn an die Lippen. Danach ging es mir schon ein bisschen besser, aber die nagende Angst verschwand einfach nicht. Zum Glück waren die anderen aber nicht dumm und ruderten bereits wieder um die Insel herum, Richtung Festland. Nicky benutzte etwas von unserem wertvollen Trinkwasser, um Lance' und meine Wunden zu reinigen und nahm für meinen Biss übrig gebliebene Stofffetzen als Verband. Der Biss pochte unangenehm.
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ARK
AdventureWir alle blätterten gleichzeitig die nächste Seite um und fanden endlich ein bisschen mehr Text vor. „Sieben Stämme", las Lance vor. „Doch nur ein Stamm kann überleben." 28 Teenager. 7 Stämme. 1 Ziel. Unendlich viele Bedrohungen.