Kapitel 32 - Verwesung

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Die Zähne des Allosaurus ähneln denen einer Säge. Sie verursachen heftige Blutungen und grauenvolle Verstümmelungen bei seiner Beute und erschweren ihr so die Flucht.



Wir rannten.

Die Felswand tauchte vor uns auf und sie war beinahe senkrecht, doch Diego hielt das nicht auf. Er sprang daran hoch, fand den Halt, den er brauchte und kletterte weiter. Sophie und ich drehten uns zu unserem Verfolger um und hoben unsere Waffen.

Sie hatte die Pistole, ich die Dolche. Sie schoss lieber, als zu stechen, das fand sie zu persönlich. Aber Tiere zu töten war nichts Besonderes mehr, nicht nach Wochen auf der Insel.

Das Dickicht erzitterte, geschmeidige Schritte wurden hörbar, begleitet von kehligem Fauchen. Er sprang aus dem Schutz der Blätter hervor und gab uns die perfekte Sicht. Das rote Licht der Versorgungssonde auf dem Felsplateau spiegelte sich in den Katzenaugen und auf den scharfen Reißzähnen des Säbelzahntigers. Er blieb stehen und schien abzuwarten, vielleicht versuchte er sich zu entscheiden, wen er als erstes anspringen sollte.

Ich hielt beide Dolche vor mich und schlug die Klingen einmal gegeneinander. Der hohe Ton erregte seine Aufmerksamkeit und er ging in die Knie, setzte zum Sprung an. Da ertönte ein ohrenbetäubender Knall und alles ging sehr schnell. Der Schuss war nicht tödlich, hatte den Tiger nur verwundet, doch er jaulte und war eine Sekunde später auf und davon.

Wir hatten meistens Glück gehabt, was die Sonden betraf. Von den roten hatten wir bisher zwar noch keine erwischt, aber von den gelben waren uns nicht viele durch die Lappen gegangen. Wir bekamen immer bessere Waffen aus ihnen und wärmere Kleidung. Noch nützte sie uns nur nachts etwas, aber sobald wir den Berg erreichten, würden sie unersetzbar werden. In einem gelben Strahl hatten wir ein Scharfschützengewehr gefunden, mit dem niemand von uns umgehen konnte, aber das war der einzige Reinfall gewesen. Stiefel, aus denen man das warme Futter entfernen konnte, wenn man wollte, die waren wirklich brauchbar, auch jetzt schon. Gefütterte Helme. Signalpistolen. Echte Pistolen und Munition dafür.

„Geschafft!", rief Diego von oben und bedeckte uns im nächsten Moment mit dem rostigen Staub von der Sonde, die zerfiel. Er warf seinen Fund zu uns runter und kletterte behände die Felswand hinab. Sophie hob eines der zwei Kleidungsstücke auf und hielt es vor sich.

„Das sind Pelzmäntel."

„Ich schwitze schon, wenn ich die nur angucke."

Spaßeshalber zog sie sich einen über und schlug den weichen Kragen nach oben. „ARK Coture."

Jetzt lachten wir, aber wir wussten, ohne diese Ausrüstung, würden wir den Gipfel des Berges niemals erreichen. Zwei Mäntel reichten nicht aus, nicht, wenn alle mit nach oben wollten. Wir waren noch lange nicht damit fertig, den Sonden hinterher zu jagen und uns mit Absicht in Gefahr zu begeben. Und Schusswaffen halfen uns auch nicht gegen die meisten Dinosaurier.

Am frühen Abend trafen wir den Rest der Gruppe an der orangenen Basis. Die Stimmung war seltsam, das merkten wir schon von Weitem. Alle saßen im Sand, niemand hatte ein Feuer gemacht. Sie schienen aber vollzählig zu sein.

„Was ist los?", fragte ich, als wir näherkamen.

Nicky zeigte auf die Hütte, ohne hinzusehen.

Eine düstere Vorahnung beschlich mich und ich teilte einen langen Blick mit Sophie.

Bevor man es riechen konnte, konnte man es hören. Ein stetiges Summen hinter der verschlossenen Tür. Wie ein Wespennest nur schlimmer, so viel schlimmer. Nach kurzem Zögern stieß ich die Tür auf und der Geruch traf mich wie eine Abrissbirne. Eine Wolke fetter, schwarzer Fliegen stob aus der Hütte ins Tageslicht, aber das Innere summte weiter und wimmelte in glänzender Dunkelheit. Die Körper waren schwer zu erkennen, sie sahen nicht mehr aus wie Menschen. Aufgebläht und blutverschmiert, in einer Ecke, halb von einem Bett hängend, durchlöchert und bedeckt von Fliegen und Maden. Ich schlug die Tür wieder zu, drehte mich um und erbrach mich in den Sand.

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