In Dschungeln leben kleinere und schnellere Tiere.
Chiyo erstickte die aufkeimende Diskussion sofort und ohne großes Brimborium. Sie und Diego würden ihr Bestes geben, um an das Artefakt zu kommen, egal was passierte, wenn dieser Timer abgelaufen war. Es gab auch keine andere Möglichkeit. Irgendjemand musste hier sein Leben aufs Spiel setzen. Wir brauchten dieses Artefakt. Wir alle wollten nur noch von dieser Insel runterkommen.
Diego und Chiyo legten sich ihre Ausrüstung an, Diego überprüfte die von Chiyo dreimal. Dann stellten sich beide auf kaum sichtbare Quadrate zu beiden Seiten des Timers. Wir konnten nur rätseln, aber vermutlich handelte es sich dabei um Plattformen, die die beiden hoch genug bringen würden, um an je einem frei schwebenden Segment hinauf zur Kiste zu klettern. Falls wir uns aber irrten, suchten Pablo, Tim und ein paar andere bereits im Wald nach Baumstämmen und Steinen, die helfen würden.
Chiyo schüttelte den Kopf und schaute dann zu Diego, der ihren Blick mit fester Entschlossenheit erwiderte. „Okay", sagte Chiyo zu Himaya. „Drück den Knopf. Wir sind bereit."
Himaya zögerte ein paar Augenblicke, schaute hoch zu der Kiste mit dem Artefakt und seufzte. Dann senkte sie den Blick und drückte den schwarzen Knopf tief in die metallene Bodenplatte.
Sofort begannen die beiden Quadrate in die Höhe zu wachsen, bis die Kante auf einer Höhe mit der des Turms war. Dann ertönte ein hoher Piepton.
„Ich glaube, der Timer läuft", rief Himaya nach oben.
Diego nickte, streckte sich und sprang am Turm empor. Ich sah gerade noch, wie sein Handschuh sich am Turm festzuhalten schien, ehe ich zusammenbrach. Der vom Turm ausgehende Bass hatte sich um ein Vielfaches verstärkt. Es war nicht laut, immer noch nicht, aber meine Augen tränten und ich musste mir den Kopf halten. Dann hörte es auf.
„Nein!", rief Sophie, die ebenfalls zu Boden gegangen war. Tränen liefen ihr über die Wangen, als sie hochblickte. „Macht weiter! Wir halten das aus! Los!"
Diego hielt noch kurz inne, dann machte er weiter und es ging von vorne los. Ich rollte mich auf dem Boden zusammen wie ein Baby, die Arme um den Kopf gewickelt, die Zähne in den Handballen gegraben. Eine Stunde. Falls sie jetzt ein Tier schickten, um uns zu töten, wären wir alle leichte Beute. Jeder von uns lag auf dem Boden, nur noch bemüht darum, nicht zu schreien. Ich konnte nicht mal beobachten, wie Chiyo und Diego sich schlugen, das Sonnenlicht war zu grell, und nur meinen Kopf festzuhalten, brachte etwas Linderung von dem Gefühl. Es musste etwas mit den Implantaten zu tun haben. Zwischen ihnen und dem Turm musste es eine Verbindung geben, irgendwelche Schwingungen oder so etwas.
Die Zeit floss zäh dahin und ich wünschte mir nur noch, dass es endlich aufhörte. Es war das vorletzte Artefakt. Wir durften nicht scheitern.
Dumpf drang ein Schrei durch mein taubes Gehirn und das unangenehme Gefühl war unvermittelt vorbei. Alle um mich herum hoben die Köpfe. Diego hatte die Kiste erreicht und geöffnet. Er hing mit den Füßen und einer Hand am Turm und hatte den anderen Arm so weit ausgestreckt, wie er konnte. Es sah beinahe unmöglich aus, wie er sich verrenkte, um das Artefakt aus der Kiste zu angeln, aber nach ein paar Versuchen hatte er es geschafft. Es leuchtete lila und ließ sich in den Metallhaken an Diegos Klettershirt einhaken.
„Was sagt der Timer?", rief Diego.
Himaya setzte sich auf und ich sah sie schlucken. „Dreiundzwanzig Minuten."
Chiyo fluchte. Sie befand sich einige Meter unterhalb von Diego, aber man sah deutlich, dass sie der Aufstieg mehr Mühe gekostet hatte, als ihn. Ohne Umschweife machten sie sich auf den Rückweg. Diego hatte Chiyo bald überholt und redete ihr gut zu, während wir anderen unten standen und beteten, dass sie es schaffen würden. Tim, Kemen und Pablo holten alle möglichen Sachen aus dem Dschungel, um einen möglichen Sturz abzufedern. Alle Blätter, halb ausgerissene Büsche, Farne und Lianen wurden unter Chiyo aufgeschichtet, als Diego sich der herausgefahrenen Plattform immer weiter näherte.
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ARK
AventuraWir alle blätterten gleichzeitig die nächste Seite um und fanden endlich ein bisschen mehr Text vor. „Sieben Stämme", las Lance vor. „Doch nur ein Stamm kann überleben." 28 Teenager. 7 Stämme. 1 Ziel. Unendlich viele Bedrohungen.