20. Kapitel

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Ares:

Tw!!!!!!!!

Ich sehe Guin in diesem Zustand und mein Herz zieht sich zusammen, droht in tausend Stücke zu zerspringen.
Verzweifelt versuche ich, den Flut von Tränen zurückzuhalten, die kurz davor sind, hervorzubrechen, doch es ist ein aussichtsloser Kampf.
Für die Welt mag ich kalt und gefühllos erscheinen, aber tief in mir toben meine Emotionen wie ein Sturm.

"Schön..du willst die Wahrheit, ja?" fragt sie, ihre Stimme mit Traurigkeit und Wut durchzogen.

Ich kann nur schwach nicken und finde keine Worte. Ich weiß, dass alles, was folgen wird, schmerzhaft sein wird, vergleichbar mit dem unerträglichen Verlust meiner geliebten Mutter und Schwester. Doch was es noch schlimmer macht, ist die Erkenntnis, dass wir niemals zu dem davor zurückkehren kann, egal was sie mir erzählt.
Ich weiß, dass alles meine Schuld ist– ich habe sie verlassen, im Glauben, dass dies der einzige Weg ist, sie vor dem all, vor sowas wie heute, zu schützen.
Zwecklos.

Sie löst sich sanft aus meiner Umarmung und beginnt zu erzählen. " Als ich von hier fortging, fühlte ich mich völlig wertlos, nicht nur in meinen Gedanken, sondern in jeder Faser meines Seins. Ich hatte den Wunsch, mein eigenes Leben zu beenden, es schien der einzige Ausweg zu sein. Doch Asa hielt mich davon ab, spendete mir den dringend benötigten Trost. Er schenkte mir neunen Lebensmut und verhalf mir zu dem Beginn eines neuen Lebens.
Und langsam, nach fast über zwei Jahren, verblasstest du, Ares, aus dem Mittelpunkt meiner Gedanken. Ich versuchte, mich mit anderen zu verabreden, aber niemand konnte dir das Wasser reichen, und nach vier langen Jahren fühlte ich mich furchtbar einsam. Ich suchte Zuflucht in Partys, umgeben von sogenannten Freunden, doch ahnte ich nicht, dass eine schicksalhafte Nacht alles verändern würde. Während einer Party hatte mir ein Typ etwas in mein Getränk gemischt. Ich spürte, dass etwas nicht stimmte, aber so dumm wie ich war,  kehrte ich zu meinem Auto zurück, allein. Jemand anders folgte mir, und von da an ist meine Erinnerung trübe.
Später überwältigte mich ein Schmerz, als ich aufwachte und mich unter einer Person wieder fand. Ich flehte darum aufzuhören, doch er lachte kalt und verstummte mich mit etwas in meinem Mund.
Die Qual war viel zu unerträglich, sodass ich erneut  das Bewusstsein verlor.
Als ich wieder zu mir kam, jagte mir der Anblick von Blut einen Schauer über den Rücken.
Ich schrie, wollte los laufen, doch der Schmerz hielt mich bewegungsunfähig.
Schließlich fand mich jemand in dieser Gosse, und die Polizei und der Rettungswagen wurden gerufen. Ich landete im Krankenhaus und musste unzählige Untersuchungen und Prozeduren über mich ergehen lassen.
Der Typ hinterließ eNarben auf meinem Körper, eine schmerzhafte Erinnerung, die sich tief in mein Innerstes zog.

Tränen abwischend bemerke ich auch Tränen in den Gesichtern von Alec und Asa.

"Ich dachte, ich könnte alleine damit umgehen", fährt sie fort:" Ich versuchte die Qual zu vergraben. Aber jedes Mal, wenn ich mein Spiegelbild erblickte und die Narben sah, tauchte das quälende Gesicht auf und quälte mich unerbittlich. Berührungen von Fremden lösten die schmerzhaften Erinnerungen erneut aus.
Da ich voller Scham war, hielt ich mein Leid verborgen und kämpfte mit dem Trauma im Alleingang. Schließlich hatte ich genug von allem und sehnte mich danach, die schmerzhafte Vergangenheit auszulöschen.
Ich dachte daran, Hilfe zu suchen, aber ich brauchte Geld, weil ich meine Arbeit durch all das verloren hatte.
Vor sechs Monaten beschloss ich also, unsere Alecs und meine Mutter zu besuchen und stahl Geld von ihr, überzeugt davon, es später einfach wieder zurück zulegen.
Doch ich konnte ihr das Geld nicht zurückgeben, die Schuld lastete schwer auf mir; sie musste es gewusst haben, obwohl sie nie etwas sagte.
Ohne andere Möglichkeiten, ohne Geld, ohne Perspektiven beschloss ich hierher zurück zukehren. Ich konnte aber nicht zurück nach Hause, nicht nachdem was ich getan hatte, deshalb suchte ich Zuflucht bei meinem einstigen Pflegevater.
Ich wusste, dass er Alkohol trank, aber es schien die einzige Option zu sein.
"Da hast den blauen Fleck herbekommen, stimmt's?", frage ich ungläubig, meine Stimme erfüllt von Bitterkeit. "Warum hast du es uns nicht gesagt?"
Sie zögert, ihre Augen verraten eine Mischung aus Schmerz und Scham. "Ich habe mich so geschämt...", beginnt sie, aber ich kann es nicht ertragen, sie weiterreden zu lassen.
Ich lasse sie aus meinen Armen los und trete nach draußen.
Mein Herz hämmert in meiner Brust, während ich all die Frustration raus schreie.
Tränen strömen über mein Gesicht, als ich mich auf den Boden sinke und der Schmerz in mir zu überwältigend ist.
Zu wissen, dass der Mensch, den man am meisten liebt, so gelitten hat und man nichts mitbekommen hat, nichts dagegen getan hat, ist ein Schmerz, der tief geht und in jeder Faser deines Wesens schmerzt.
Ich versuche, mich zu beruhigen und wische mir hastig die Tränen ab, doch der Schmerz in meinem Herzen bleibt bestehen.
Das Gefühl der Hilflosigkeit treibt mich zu meinem Auto, aber Asa steht mir im Weg.
"Was glaubst du was du da tust, wo willst du hin?", fordert er mich auf.
"Ich kann einfach nicht", bringe ich mit zitternder Stimme hervor, von Emotionen überwältigt.

Er sieht die Tränen in meinen Augen und versteht das Chaos in mir. "Du weißt, dass sie dich braucht und daran zerbricht, wenn du jetzt gehst", drängt er mich.

"Ich weiß, aber ich kann jetzt nicht für sie da sein", antworte ich, belastet von dem Gewicht meiner Unzulänglichkeit. "Sag ihr, es tut mir leid."

Als ich zum Haus zurückschaue, sehe ich sie auch schon herauskommen.
Ohne ein weiteres Wort starte ich das Auto und fahre weg, die Tränen verschwimmen meine Sicht. Die Straße vor mir scheint endlos, spiegelnd die unendliche Leere die sich in meinem Herzen breit macht.
Ich weiß nicht genau, wohin ich gehe, aber eines ist klar: Ich kann es nicht ertragen, sie in Schmerzen zu sehen, zu wissen, dass ich es ihr diese nicht nehmen kann und ich kann es nicht ertragen, dass ich dafür verantwortlich bin, indem ich sie von mir gestoßen habe.

I crave you - Ares & Guinevere Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt