Kapitel 24

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Unruhig saß Lyarra in ihrer Zelle und wartete. Was wenn Aelia sie doch verraten würde? Nun ja, sie hatte sich zwar mit dem Tod abgefunden, wollte aber nicht vor den Augen aller Blutelben sterben. Wenn sie starb, dann in einem Kampf, soviel war klar. Im Kopf ging sie erneut den Plan durch. Aelia würde sie und Aydan befreien, zu den Grenzen bringen und ihnen dort Waffen und Pferde bringen. Sie würde mit Aydan zweieinhalb Wochen nach Westen reiten und so zu dem kleinen Land kommen, wo ihre Verbündeten waren. Dann musste sie sich die Erlaubnis von ihrem Anführer holen, mit Aydan dessen Bruder zu befreien wobei sie den Düsterwaldprinzen töten würde. Der Plan war also recht einfach, würde nichts schiefgehen. Die Wache vor ihrer Zelle musterte sie. „Du planst etwas", stellte der Mann fest. Ruhig schüttelte Lyarra den Kopf auch wenn sie innerlich starb. Es gab die Legende, dass manche Blutelben Gedanken hören konnten. Ohne ein weiteres Wort zu sagen drehte der Mann sich um und starrte auf die Wand. Die Uhr in Lyarra's Kopf tickte. Wann kam Aelia? 

Auch Aydan fragte sich das gleiche während er versuchte sich aus den Handschellen, mit denen er an der Wand festgekettet war, zu befreien. Die Schmerzen in seinem Körper hatten langsam nachgelassen und er fühlte sich gut genug um einen zum scheitern verurteilten Fluchtversuch zu wagen. Er riss an den Handschellen doch das einzige was geschah war, dass ihm das Eisen in die Handgelenke schnitt. Er konnte nur inständig hoffen das Aelia wusste wie man diese Dinger abbekommen würde. Wieso machte sie überhaupt mit? Aus Mitleid? Die Tür öffnete sich und die Heilerin trat ein. „Zum Glück bist du da", murmelte Aydan leise. Aelia zog spöttisch die Augenbrauen hoch. „Hast du mich vermisst?" Obwohl Aydan nur zu gerne etwas fieses erwidern wollte, biss er sich auf die Zunge. Aelia jetzt du verärgern wäre nicht das schlauste was er tun konnte. Die Elbin näherte sich ihm und schloss schnell die Handschellen auf. Ohne irgendwas zu hinterfragen stand Aydan auf und rieb sich die Handgelenke um den Blutkreislauf wieder herzustellen. „Kommst du?", fragte Aelia nun ungeduldig „Wir haben nicht viel Zeit." Schweigend nickte Aydan und folgte ihr schwankend zur Tür. Seine Beine schmerzten. Als er sich ein letztes Mal umdrehte, sah er eine Gestalt in der Ecke des Raumes.

Die beiden liefen so schnell Aydan konnte zu den Zellen. Es war Nacht, keine Leute waren in den Gängen und wenn sie glaubten jemanden zu hören, versteckten sie sich hinter der nächsten Ecke. Der Zellentrakt befand sich am anderen Ende des riesigen Gebäudes und wenn man hinunter lief stank es erbärmlich. Angewidert hielt Aelia sich die Nase zu und lief weiter. Je tiefer sie in den Kerker liefen, desto dunkler wurde es. „Ehrlich gesagt dachte ich wie hätten nur die Zellen am Hinterausgang", gab Aydan nach einer Weile zu. Aelia drehte sich um. „Das denken alle die nicht im Kerker Wache haben oder Heiler sind. Das ist ein Geheimnis unseres Kommandanten", erklärte sie ruhig. „Wieviele Geheimnisse hat er bitte?", erkundigte Aydan sich leicht genervt. Er bekam immer mehr das Gefühl, dass der Kommandant nicht der war für den er sich ausgab. Ohne zu antworten rannte Aelia zu den Zellen. Eine Wache hielt sie am Arm fest. „Was denkst du tust du hier?", fragte der Mann kalt. „Oh ich muss nach einer Gefangenen schauen", erwiderte Aelia lächelnd und bedeutete Aydan mit einer Handbewegung stehen zu bleiben. Ohne das ganze zu hinterfragen, ließ der Mann sie los und die Elbin rannte zu Lyarra's Zelle. „Aelia!", rief die Diebin überrascht und gleichzeitig erleichtert als sie die Zelle betrat. „Shhh sei leise!", fauchte Aelia und zog sie mit einem Ruck hoch „Die anderen sollen das ganze nicht wissen." 

Grinsend lief Lyarra zu den Gitterstäben. „Hey warte", hielt Aelia sie zurück „Du hast uns noch garnicht erklärt wie wir hier rauskommen. Lyarra grinste zufrieden. „Folgt mir einfach, ich hab einen Plan." Mit diesen Worten ging sie aus der Zelle hinaus, woraufhin die drei Kerkerwachen sie umzingelten. „Lasst mich gehen oder es wird euch leidtun", knurrte sie. Die Männer lachten bloß, es sah allerdings auch zu komisch aus. Ein junges Mädchen ohne Waffen gegen drei durchtrainierte, bewaffnete Männer. Augenrollend duckte Lyarra sich, schlug von unten die erste Klinge so hoch, dass sie dem Mann ins Gesicht flog und wich der zweiten Klinge aus, sodass diese gegen das Schwert des dritten Mannes knallte. Daraufhin nutzte sie die wenigen Sekunden der Verwirrung um wegzurennen. Überrascht folgte Aelia ihr, genau wie Aydan als sie an ihm vorbeirannte. Von unten ertönte ein lautes Horn als Zeichen, dass jemand ausgebrochen war. Leise fluchend bog Lyarra scharf rechts ab und rannte in Richtung Nordturm. „Von da aus haben wir keine Fluchtmöglichkeit!", schrie Aydan verzweifelt. Abrupt blieb sie stehen. „Ihr rennt gleich nach links, sie wissen nur das ich weg bin also suchen alle nach mir. Wartet am Wald auf mich." Mit diesen Worten sprintete sie wieder los, Aydan und Aelia bogen ab. Leise fluchend lief Lyarra zu den Wendeltreppen und begann hinaufzurennen. 

Blut rauschte durch ihren Köper und übertönte beinahe die schweren Schritte hinter ihr. Die Treppe war eng, es war dunkel und Lyarra war erschöpft. Staub kitzelte in ihrer Nase. Hastig griff sie nach einer Fackel und rannte weiter während ihr ganzer Köper zu protestieren schien. Keuchend stolperte sie weiter, die Stimmen kamen näher. „Verdammt!", schrie sie und versuchte schneller zu werden. Vom den vielen Drehungen wurde ihr schwindelig und plötzlich tauchte eine dicke Stahltür vor ihr auf. Mit aller Kraft versuchte Lyarra diese zu öffnen. Das kalte Metall wirkte zwar beruhigend, war allerdings viel zu schwer. „Nein, nein, nein!" Sie stemmte sich mit ihrem ganzen Gewicht dagegen, nichts geschah. Mittlerweile konnten ihre Verfolger nurnoch wenige Meter entfernt sein, dennoch ging sie zurück, nahm anlauf und warf sich gegen die schwere Tür. Mit einem Mal stolperte sie ins Freie und knallte die Tür hinter sich zu. Ihr Arm fühlte sich zerschmettert an. Ein heller Mond schien und sie sah, dass sie mindestens zehn Meter hoch war. Die Dächer des Gebäudes wären kein Fluchtweg, entschied sie sich beim umsehen. Eine Mauer führte um die Akademie, vielleicht konnte sie... Die Tür flog erneut auf und sie stolperte zurück. „Das Spiel ist aus!", knurrte der Kommandant. Langsam und mit erhobenen Händen drehte Lyarra sich um. „Oh ich denke es hat gerade erst begonnen.", erwiderte sie und wich zurück, bis sie die Kniehohe Mauer hinter ihr wahrnahm. Soldaten stellten sich im Halbkreis um sie auf und in diesem Moment realisierte Lyarra, dass sie verloren hatte, zumindest wenn im Burggraben kein Wasser war. „Wir sehen uns", sagte sie ruhig und stürzte sich rücklings in die Dunkelheit. 


Was sagt ihr zur Flucht bis jetzt? Glaubt ihr das sie es schaffen? Und habt ihr eventuell Tipps wie man eine Verfolgungsjagd schreiben kann?

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