𝕶𝖆𝖕𝖎𝖙𝖊𝖑 𝟐

234 17 8
                                    

𝕯ie Stunde bei Snape war seltsam verlaufen: Er hatte kaum auf mich geachtet, ich hatte nicht bei Sora und Avery gesessen und generell mal aufgepasst. Etwas verwirrt über all dies fand ich mich beim Abendessen in der Großen Halle ein. Sora stolzierte regelrecht an mir vorbei, als hätte sie mich nicht gesehen, Avery dabei ablenkend, damit auch er nicht auf mich aufmerksam werden würde.

Sollte mir recht sein.

Das Verhalten der beiden mit einem Schulterzucken und einem spöttischen Augenrollen hinnehmend widmete ich mich dem Nudelauflauf vor mir. Keine zwei Gabeln Nudeln später wurde ich schon wieder angesprochen:

„Miss Hale, hätten Sie kurz Zeit?", fragte Professor McGonagall hinter mir. „Ich würde gerne abseits des Unterrichts mit Ihnen sprechen."

„Beim Essen?", fragte ich etwas kurz angebunden zurück. Ich ahnte bereits, um was sich das Gespräch drehen würde.

„Nein, in meinem Büro", erwiderte die Schulleiterin halb im spitzen Ton, halb belustigt.

„Gut, meinetwegen." Mit einem Apfel in der Hand erhob ich mich vom Slytherintisch und folgte der Professorin ins Schulleiterbüro. Zu meinem Erstaunen erwartete mich dort auch Snape, der ebenso genervt über das Timing des Gesprächs schien wie ich.

„Sir", begrüßte ich ihn knapp. Immer noch musste ich an das Wort denken, was ich meinte, kurz vor dem Unterricht von ihm gehört zu haben; prüde.

„Miss", erwiderte er gleichermaßen.

„Schön, dass Sie es während des Abendessens einrichten konnten", begann McGonagall. „Normalerweise würde ich dieses Gespräch zu einer anderen Zeit führen, aber nicht nur mir rennt im Moment die Zeit davon, auch Ihnen, Miss Hale. Das Schuljahresende steht kurz bevor und wie Sie vielleicht wissen, verheißt Ihr Notenschnitt nichts Gutes."

Snape gab ein höhnisches Schnaufen von sich.

„Ich weiß selber, dass das noch nett ausgedrückt ist, danke, Professor Snape", kommentierte ich und biss demonstrativ uninteressiert in meinen Apfel.

„Nicht so provokativ, Miss", antwortete er unbeeindruckt.

„Ja, ich weiß auch um Ihr doch eher angespanntes Verhältnis untereinander", versuchte McGonagall im ruhigen Tonfall etwas zu schlichten, „dennoch wird es nötig sein, dass Sie zwei sich zusammenreißen. Vor allem in Zaubertränke müssten Sie sich verbessern, sonst kann ich Sie unmöglich zu den UTZs in diesem Fach zulassen, wie sie es eigentlich gewählt hatten."

„Was heißt zusammenreißen?", hackte ich nach, um endlich zum eigentlichen Punkt des Gesprächs zu kommen.

„Professor Snape wird Ihnen Nachhilfe geben, Miss Hale", antwortete die Schulleiterin mit dem Ansatz eines strengen Tonfalls.

„Bitte?", kam es augenblicklich mehr überrascht als aufbrausend von mir. Fast hätte ich mich an dem Apfel verschluckt.

„Sie haben richtig gehört", klinkte Snape sich wieder ein. „Jeden Mittwoch und Samstag werden Sie ab heute das Vergnügen mit mir haben; Punkt 19 Uhr in meinem Büro."

„Mittwoch ist Quidditschtraining", wand ich augenblicklich ein.

„Slytherin wird wohl vorerst ohne Sie zurechtkommen müssen", meinte McGonagall.

„Damit Gryffindor auch mal eine Chance bekommt", stichelte ich in ihre Richtung, was Snape ein spontanes Grinsen entlockte.

„Sie halten einiges von sich, Miss Hale", meinte die Gryffindor-Hauslehrerin nahezu geringschätzig.

„Irgendwer muss das ja tun."

„Gut", sagte McGonagall verunsichert. „Ich appelliere wirklich an Ihrer Einstellung, wenn Sie das Jahr schaffen wollen, und hoffe, dass Professor Snape Ihnen dabei behilflich sein kann."

Kommentarlos biss ich erneut in meinen Apfel und warf Snape einen abschätzenden Blick zu. Auch er sah kurzzeitig zu mir.

„Was stehen Sie hier noch so tatenlos herum? Es ist kurz nach sieben und außerdem Mittwoch. Sie sollten in meinem Büro sein", sagte Snape dann bestimmend.

„Machen Sie es gut, Miss Hale", verabschiedete die Schulleiterin mich. Täuschte ich mich, oder sah ich da etwa einen Funken Mitleid in ihrem Blick, als Snape mir die Tür zum Gehen aufhielt?

„Severus?", rief sie noch. „Sei nicht allzu streng. Es ist kein herkömmlicher Unterricht."

Snape deutete mir zu gehen, was ich hoffnungslos tat. Sonderlich bestimmend hatte die Schulleiterin auch gar nicht geklungen. Es hatte sich eher wie ein Vorschlag angehört.

„Hättest du das Niveau für die UTZs dieses Jahr nicht heruntergesetzt, würde das hier alles gar nicht nötig sein", konterte Snape.

„Das Niveau ist nicht niedriger als davor die Jahre", widersprach McGonagall fast schon spitz. „Ich gebe kriegsbedingt nur allen die Chance, sich jedes Fach für die UTZ-Prüfungen auszusuchen. Einzig die Zulassungsbedingungen, die sonst durch die ZAG-Noten festgelegt wurden, fallen weg. Die Prüfung zu bestehen, ist immer noch genauso schwer."

„Hätten wir daran festgehalten, bräuchte Hale sich jetzt um das Fach Zaubertränke keine Gedanken mehr machen. Sonst hätte ich niemals jemanden mit einem Annehmbar zu den UTZs zugelassen", beharrte Snape, der normalerweise nur Schüler mit Ohne Gleichen in den ZAGs zu den Endprüfungen zuließ. Und außerdem lag meine Note schon lange nicht mehr im annehmbaren Bereich.

„Der Krieg hat für viele das Lernen für die ZAGs erschwert", meinte die Schulleiterin. „Es ist also nur fair, jedem eine Chance zu geben."

„Als wenn der Krieg bei Hale das Problem gewesen wäre", spottete mein Professor nochund folgte mir schließlich aus dem Büro hinaus, wo ich ihn böse anfunkelte.

𝕯𝖆𝖗𝕶 𝕯𝖊𝖘𝖎𝖗𝖊Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt