„𝕴vy!", riss mich eine Stimme aus dem Schlaf.
Murrend drehte ich mich von der Lärmquelle weg und zog mir die Decke über den Kopf.
„Jetzt wach schon auf", blieb die Stimme hartnäckig. „Ich will wissen, wo du gestern noch gesteckt hast, und was Snape noch gemacht hat."
„Avery", antwortete ich schläfrig. „Lass mich doch erstmal wach werden."
„Gut, ich warte im Gemeinschaftsraum. Ich geb' dir keine fünf Minuten."
Sobald ich die Tür zum Schlafsaal zufallen hörte, setzte ich mich ruckartig auf, mir die Decke vor den Körper haltend. Erst überprüfte ich, ob ich alleine war, bevor ich mich ohne Decke ins Bad abmachte. Mir meinen Pullover ausziehend, betrachtete ich mich prüfend im Spiegel.
Mein Hals wurde von den Spuren seiner groben Würgeversuche nur allzu deutlich gezeichnet. Eine heftige Bissspur entdeckte ich an meinem rechten Schlüsselbein, dazu unter meinem Ohr einen Knutschfleck, einen weiteren im Dekolleté. Meine Hüften wurden von leicht roten Striemen gezeichnet, die seine Hände dort hinterlassen haben mussten. Eindeutige Spuren von letzter Nacht, die ich unbedingt verdecken musste.
Im Rollkragenpullover und langer Hose erschien ich etwa sieben Minuten später im Gemeinschaftsraum. Avery stand unmittelbar am Fuße der Treppe zu den Schlafsälen.
„Raus mit der Sprache", forderte er sofort grinsend.
„Wir sollten uns erstmal auf den Weg zu Wahrsagen machen, sonst kommen wir noch zu spät", hielt ich ihn hin und versuchte mir eine geeignete Ausrede zurecht zu legen.
„Allerdings, Schlafmütze. Wie spät ist es eigentlich bei dir geworden?"
„Keine Ahnung mehr", gab ich schwammig als Antwort und setzte mich in Bewegung in Richtung Wahrsageunterricht.
„Was hat Snape denn noch gesagt?"
„Er hat mich ganz schön fertiggemacht", antwortete ich, was nicht einmal gelogen war. Noch immer spürte ich ein leichtes Kribbeln in meinen Fingern und ich wünschte mich zurück in die Bibliothek, zurück zu Snape.
„Das glaub ich."
„Na ja, danach war ich viel zu aufgekratzt, um schon schlafen zu gehen, und bin noch was in den Ländereien unterwegs gewesen. Muss wohl die Zeit vergessen haben."
„Und du hast dich erkältet", fügte Avery wie selbstverständlich hinzu. Kurz war ich etwas verwirrt, dann nickte ich mit Blick auf meinen für mich untypischen Rollkragenpullover.
„Ja, mein Hals kratzt etwas."
„Was ne Nacht."
„Das kannst du laut sagen", rutschte es mir raus, aber Avery schien hinter dem Satz keine anderen Vorkommnisse zu vermuten, als die, die ich bereits erwähnt hatte. Zum Glück hatten wir die Leiter zum Klassenzimmer für Wahrsagen erreicht, sodass unser Gespräch verstummte und wir nacheinander hinaufkletterten.
„Ah, Miss Hale und Mister Right", begrüßte uns Professor Trelawney und trat gebieterisch ein paar Schritte auf uns zu. „Schön, dass Sie uns auch mit Ihrer Anwesenheit beehren. Miss Hale, gerade auf Ihre Wahrsagung bin ich heute äußerst gespannt."
„Was hat die denn heute?", zischte ich Avery zu, als wir auf unseren angestammten Plätzen saßen. Er zuckte nur mit den Schultern, um Trelawneys Unterricht nicht zu stören, den sie direkt mit einer wilden Todesvoraussage startete. Diesmal sollte Lennon in nächster Zeit von einer Posteule ermordet werden. Ich schüttelte nur halb belustigt und hab resigniert über diese talentlose Hexe den Kopf.
Schließlich probierte ich mein Talent beim Hineinstarren in eine Kristallkugel aus. Wie zu erwarten sah ich nur Nebel... oder Wolken? Seufzend legte ich den Kopf auf den Tisch und schielte nur noch mit einem Auge in die Kristallkugel.
„Mir ist langweilig", murmelte ich genervt in Richtung Avery, der ähnlich unmotiviert vor seiner Kristallkugel hing. Er stöhnte nur, rieb sich seine Augen und schüttelte seinen Kopf, um sich wachzuhalten.
„Dann würde ich Ihnen vorschlagen, Miss Hale, dass Sie mir erzählen, was Sie in Ihrer Kristallkugel sehen", sagte Trelawney hinter mir. Erschrocken, dass sie plötzlich hinter mir stand, zuckte ich zusammen und saß kerzengerade auf meinem Stuhl.
„Gut, Professor", stimmte ich müde zu und sah wirklich bemüht in den Nebel. „Wolken, die von Nebel begleitet werden... hm... vielleicht ein Berg dahinten... ah ne, war doch nur eine weitere Wolke. Es sieht schwer nach Regen aus. Ich denke, ein Unwetter wird uns alle ermorden."
„Sehen Sie etwas genauer hin", bat mich Trelawney keineswegs empört über meine Antwort.
So kniff ich meine Augen also etwas zusammen und wollte regelrecht die Nebelschwaden hypnotisieren, sie sollten mir doch ein anderes Bild offenbaren.
„Konzentrieren Sie sich", flüsterte meine verrückte Professorin hinter mir.
„Holy Shit!", entfuhr es mir, als die Nebelschwaden sich tatsächlich zu einem Bild zusammenfügten.
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𝕯𝖆𝖗𝕶 𝕯𝖊𝖘𝖎𝖗𝖊
FanfictionEs sollte nur ein Experiment werden. Dass dem routinierten Zaubertränkeprofessor Snape auch mal ein Experiment misslingt, hätte er nicht erwartet; auch seine Schülerin nicht. Ahnungslos, auf was Ivy Hale sich da einlässt, stolpert sie in eine etwas...