𝕶𝖆𝖕𝖎𝖙𝖊𝖑 𝟏𝟒

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𝕯ie nächsten zwei Tage bis zum Wochenende schwänzte ich den Unterricht bei Snape, vermied es, beim Essen zum Lehrertisch aufzublicken und versuchte, ihm in den Gängen aus dem Weg zu gehen; sogar ziemlich erfolgreich. Bis heute hatte ich ihn höchstens im Augenwinkel gesehen und war, ohne ihm meine Aufmerksamkeit zu widmen, an ihm vorbeigelaufen.

Es war Samstagnachmittag. Gelangweilt saß ich auf einem Sofa im Gemeinschaftsraum und ließ meinen Gedanken freien Lauf. Sie verhedderten sich viel zu schnell wieder bei meinem Professor und dem, was er mit mir machte. Denn eins stand fest, wie ich über die letzten Tage herausgefunden hatte; ich war definitiv nicht von ihm abgeneigt. Sogar nicht, nachdem er mich beleidigt und gedemütigt hatte, fast hatte mich das noch mehr erregt, als seine Nähe genießen zu können.

Egal wie sehr mich seine Worte am Mittwochabend angeturnt hatten, die Blöße, heute wieder bei ihm aufzutauchen, wollte ich mir keineswegs geben. Ich entschied, mir heute einen angenehmen Abend vor dem Kamin zu machen, meine Nase in ein gutes Buch zu stecken und endlich zu entspannen. Das viele Lernen, womit ich mich seit zwei Wochen tatsächlich ernsthaft beschäftigte, zerrte an mir.

„Hey, Ivy", kam Lennon auf mich zu. „Kann ich mich heute zu dir setzen?"

„Ja, jetzt bin ich ausgeschlafener", antwortete ich und rutschte etwas beiseite, um ihm Platz zu machen.

„Das ist gut." Lächelnd setzte er sich zu mir. „Hast du schon was vor heute Abend?"

„Eigentlich nicht", erwiderte ich unüberlegt. Seine Art, zu fragen, ob er sich setzen darf, nachdem ich ihn letztens so kalt abgewiesen hatte, ließ mich meinen Plan für heute Abend kurzzeitig vergessen.

„Was hältst du von einer Runde Schach?"

„Schöne Idee", stimmte ich zu. Gut, Schach war tatsächlich ein Grund, meinen Leseabend auf wann anders zu verschieben. Ich liebte dieses Spiel viel zu sehr. Außerdem hatte es eine gewisse Ästhetik im Schein des Feuers den Figuren dabei zuzusehen, wie sie sich gegenseitig zu Staub schlugen.

„Weiß oder Schwarz?"

„Schwarz", antwortete ich grinsend, als sich meine Gedanken bei der Wahl der Farben etwas verirrt hatten und schon wieder ein Bild meines Professors ausgegraben hatten.

„Gut, dunkle Hexe", ging Lennon auf mein Grinsen ein, auch wenn es nicht ihm gewidmet war. „Dann zeig der hellen Seite mal, was in dir steckt!"

„Mehr Dunkelheit als du denkst", rutschte er mir raus. Genau diesen Gedanken hatte ich seit Tagen versucht totzuschlagen, und ausgerechnet jetzt hatte ich ihn ausgesprochen. Diese Dunkelheit, die ich in mir entdeckt hatte und nicht wahrhaben wollte, bestand keineswegs aus den teils unverschämten teils schlagfertigen Sprüchen, die ich gerne von mir gab, nein; dann würde in mir keine tiefschwarze Finsternis stecken, sondern bloß ein mattes Grau.

So jedoch, mit meinen Fantasien, die mich seit meinen intensiveren Begegnungen mit Snape heimsuchten, die so viel mehr als eine verbotene Affäre beinhalteten, hatte ich die Dunkelheit in mir entdeckt. Niemals hätte ich gedacht, dass grobe Berührungen, erdrückende Dominanz und Beleidigungen mein schwacher Punkt waren. Das war der Grund, warum ich in Snapes Nähe zerfloss, und auch der Grund, dass ich Lennon mit einem müden Lächeln für seine Flirtversuche bedachte. Er würde wohl kaum dazu fähig sein – da konnte er auch noch so viel größer und breiter sein wie ich – meine Sehnsucht nach Dunkelheit zu stillen. Allein seine hellgrünen Augen strahlten so viel Wärme aus, die mich absolut kaltließ.

„Hale!", donnerte es plötzlich durch den Gemeinschaftsraum und ich ahnte bereits, wer sich mir da mit schnellen Schritten von hinten näherte.

𝕯𝖆𝖗𝕶 𝕯𝖊𝖘𝖎𝖗𝖊Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt