Wo finde ich sie?

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Robin löste Francis Fesseln und half ihm auf die Beine.

So standen sie sich gegenüber, Charles, welcher blutüberströmt und dessen Gesicht schwer wiederzuerkennen war, das Auge geschwollen, die Nase gebrochen, der ehemals weiße Bart rot gefärbt.

Francis Fingerknöchel brannten wie Feuer, auch sie bluteten und seine Wange war rot und geschwollen.

„Ich hoffe, du wirst deinen Weg finden" begann Charles und Blut lief ihm aus dem Mund, doch Francis hatte genug von seinen scheinheiligen Sätzen.

„Ich hoffe, du wirst verrecken, alter Mann." Und mit diesen Worten drehte er sich um und zog sich an seinem Pferd hoch.

Robin und Pete taten es ihm wortlos nach, und sogar Joris, welcher eine blaue Beule auf der Stirn trug, stieg auf sein Pferd. Dankbar lächelte Francis sie an.

„Was ist mit euch, Männer? Ihr reitet mit diesem Verräter mit?"

Unschlüssig schauten sich die restlichen Männer an und senkten die Blicke.

„Auf das wir uns wiedersehen" rief Francis in die Runde und drehte sein Pferd.

„Wir müssen die Dakota finden und retten!" Und gemeinsam galoppierten die vier Männer zurück, in der Hoffnung, nicht zu spät zu kommen.

Am zweiten Tag ihrer Reise zurück zu den Dakota kamen sie in eine kleine Siedlung, aus welcher es hervorragend duftete. Gemeinsam entschieden sie, dort eine Pause zu machen.

Sie banden ihre Pferde vor der Gaststätte an und traten hinein.

Drinnen roch es nach einer Mischung aus Tabak und gebratenem Fleisch.

„Guten Abend, Männer! Kann ich euch den mit kräftigem Fleisch etwas gutes tun?"

Eine kräftige Frau trat auf sie zu, gerade wischte sie sich die Hände an ihrer Schürze ab.

„Sehr gerne, wir sind am Verhungern!" Joris rieb sich den Bauch und die Männer taten es ihm nach. „Gerne vier Mal das Fleisch und vier Wein!"

Die vier Männer genossen das saftige Fleisch und tranken über ihren Durst, sodass sie entschieden, eine Nacht zu bleiben.

„Ihr Männer habt Glück, gestern kamen zwei neue Indianer-Mädchen an! Müssen noch eingeritten werden, und ihr sieht aus, als könntet ihr ein bisschen Spaß vertragen!"

Schlagartig wurden die Männer still und ihre anfangs euphorische Stimmung brach ein.

„Indianer-Mädchen?" Francis musste schlucken.

„Ja, sind vor ein paar Tagen erst aus ihren Dörfern geholt worden. Sin hübsche Mädchen, ich hab sie ein bisschen schick gemacht, für die Kundschaft."

„Von welchem Stamm sind die denn?" wollte Francis weiter wissen und die Wirtin starrte ihn verwirrt an.

„Was weiß ich, irgendwie eben regional, keine Ahnung."

Abrupt stand Francis auf. „Ich will eine" meinte er lauter als gewollt, und die anderen drei starrten ihn verwundert an. „Und Robin, du willst auch eine" sagte er unvermittelt und ohne auf eine Antwort von eben diesem abzuwarten, klatschte die Wirtin in die Hände.
„Bis in einer Stunde sind sie fertig. Kommt dann einfach wieder hier her. Mache euch auch einen guten Preis, wie gesagt, sie sind noch jung und frisch, die brauchen noch ein bisschen Öl."
Als die Wirtin verschwunden war, klärte Francis die Männer auf. „Wenn sie aus dem Dakota-Stamm sind, dann können sie uns sagen, wo Enola ist... und die anderen natürlich. Viele von ihnen beherrschen zumindest ein wenig unsre Sprache und können uns bestimmt irgendwie helfen. Und wir befreien sie natürlich."

Eine Stunde später waren Robin und Francis auf dem Weg zu den Zimmern der Prostituierten und Pete und Joris besorgten ein Pferd, mit welchem die beiden fliehen konnten.

„So, hier ist das eine Mädchen, viel Spaß" meinte die Wirtin und öffnete die erste Türe. Wie angewurzelt standen beide Männer vor geöffneter Türe und starrten in das Zimmer. Ein zierliches Indianer-Mädchen kauerte auf dem Bett, nur in einer Stoffhose gekleidet.

„Können sie sich nicht entscheiden, die Herren?"

Robin legte Francis eine Hand auf die Schulter. „Wir sehen uns später, mein Freund" und somit betrat er das Zimmer. Die Türe schloss sich.

Zwei Zimmer weiter öffnete die Wirtin erneut die Türe und hier erwartete Francis das gleiche Bild: eine junge Indianerin, ängstlich zitternd auf dem Bett, kaum bekleidet.

„Vielen Dank, werte Frau" säuselte Francis und schloss die Türe hinter sich.

Sofort legte er sich einen Finger auf die Lippen, als er sah, wie sich ihre Augen weiteten.

„ich hole dich hier raus" sagte er und lief zum Fenster, welches zugenagelt war.

„Francis. Du hier?" fragte das Mädchen in gebrochenem Englisch.

„Ja, ich habe gehört, was passiert ist und habe euch gesucht."

Das Mädchen begann augenblicklich, zu weinen.

„Weiße Männer kamen, getötet und gebrannt, alles kaputt, verschleppt" stotterte sie und Francis setzte sich neben sie auf das Bett. Er legte einen Arm um sie. „Es tut mir so leid, aber kannst du mir sagen, wo die anderen sind?"

Da Mädchen wischte sich die Tränen aus dem Gesicht.

„Eine Stadt Jamestown, aber auch andere Städte. Sie Nahiossi angekettet und viele Männer getötet..." sie brach ab und starrte ins Leere. „Ashakii... An Baum gehängt mit Seil an Hals.... Er war erst fünf Jahre alt!" Wieder begann sie zu weinen und Francis nahm sie in den Arm.

Ihre Tränen durchnässten sein Hemd und Francis musste sich sehr zusammenreißen, nicht ebenfalls zu weinen.

Irgendwann stand er auf und zog das Mädchen an der Hand hoch. „Los, wir müssen gehen!"

Die IndianerinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt