KAPITEL 1

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L I A     P. O. V.

“Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, du hast absolut keinen Geschmack”, kommentierte ich Masons Behauptung, unsere Vanilleküchlein seien besser als die mit Schokolade. 

Wie geschmacklos.

“Dann hoffe ich für dich, dass du es besser weißt und diese Aussage so schnell wie möglich wieder zurücknimmst.”

“So nötig habe ich deine Anerkennung nicht.”

Wir beide lachten und widmeten uns wieder unserer Arbeit. Mason bediente eine ungeduldige Kunden, die er möglicherweise absichtlich etwas länger hat warten lassen. Und ich lud die drei Tassen Kaffee auf mein Tablett und brachte sie zu dem Tisch, der sie bestellt hatte. 

Nachdem mich mein Chef allein heute bereits zweimal darauf hinwies, mehr zu lächeln, setzte ich mein freundlichstes Gesicht auf, als ich den Tisch mit den drei alten Damen bediente. Diese hingegen würdigten mich nicht mal eines Blickes, als ich ihnen die bittere, schwarze Plörre vor die Nase stellte.

Unhöflich.

Wenn ich so alt und verbittert wäre, wie sie, würde ich auch so dreinschauen.

Entweder das oder sie sahen mich so mitleidig an, als lebte ich auf der Straße und wäre auf ihre zwanzig Cent Trinkgeld angewiesen. Dabei war der einzige Grund, wieso ich in diesem Café arbeitete, dass ich damit meinem Vater trotzen konnte. Nachdem er mir das Jurastudium aufzwang, war die Arbeit in dem Café mein einziger Ausweg aus den dicken Gesetzbüchern. 

“Kann ich Ihnen sonst noch etwas bringen?”, fragte ich in die Runde des Rentner-Kaffeekränzchens und hoffte insgeheim, sie würden “nein” sagen, damit ich in meine Pause gehen kann, die ich schon den ganzen Tag aufschub. Doch die sollte mir wohl nicht gegönnt sein.

“Ich würde gerne noch etwas zum Mitnehmen bestellen”, sagte eine der Damen, ohne ihren Blick von der Speisekarte zu heben. 

“Sehr gerne”, kam es - nach drei Monaten Arbeit hier drin - ganz automatisch und mittlerweile sehr monoton aus meinem Mund. 

Ich nahm die Bestellung der Frau auf und bereitete sie hinter dem Tresen vor, als die kleine Glocke an der Eingangstüre des Cafés erklang. Als ich meinen Blick hob und sah, wer dort auf der Schwelle stand, musste ich mir ein Augenverdrehen verkneifen. 

Na ganz toll.

Am liebsten hätte ich alles stehen und liegen gelassen und wäre in meine Pause gegangen, die so lange gedauert hätte, bis der Typ das Café wieder verlässt. Doch stattdessen biss ich die Zähne zusammen und bereitete mich mental darauf vor, ihm gegenüberzutreten.

“Soll ich ihn übernehmen?”, fragte mich Mason, der seinen Kopf hinter der Kaffeemaschine hervor streckte und mir meine Unlust deutlich ansah. Ich griff nach meinem Schreibblock. “Schon okay. Ich mache eh gleich Pause.” 

Ich wollte den schmierigen Typen gerade bedienen, als er mir bereits gegenüber - auf der anderen Seite des Tresens - stand. “Guten Tag”, begrüßte er mich mit einem viel zu breiten Grinsen. 

Ich mied seinen Blick und konzentrierte mich darauf, das so schnell wie möglich über die Bühne zu bringen. “Guten Tag. Was hätten Sie gerne?”

An und für sich war die Frage eigentlich ohnehin überflüssig. Der Kerl hieß Trevor und bestellte jeden verdammten Tag dasselbe. Einen schwarzen Kaffee und einen Karamell-Cookie.

“Einen schwarzen Kaffee und einen Karamell-Cookie”, sagte er schließlich.

Wie unerwartet. 

Mafia RipperWo Geschichten leben. Entdecke jetzt