KAPITEL 8

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J A C K     P. O. V.

Ich genoss die Aussicht. Nicht aus dem Fenster meines Privatjets. Sondern auf Lia. Sie lag mir gegenüber gefesselt auf dem Sitz und war dem Betäubungsmittel noch erlegen. Und das sollte auch noch so bleiben. Zumindest, bis wir unser Ziel erreichen. 

Lorence, Leander und Valencio saßen in der Lounge neben meiner und unterhielten sich übers Geschäft, Leanders Zeit im Gefängnis und darüber, wer am meisten Polizisten abgeknallt hat. Lia hatte ja keine Ahnung, dass sie durch ihren kleinen Anruf bei der Polizei nun einige Leben auf dem Gewissen hat. Es hätte so nicht enden müssen. Aber sie wollte es wohl auf die harte Tour. 

Ich ließ meine Augen über sie gleiten und musste schmunzeln. Sie sah so unschuldig aus, wenn sie schlief. Im wachen Zustand war sie es - vermutete ich - wohl auch. Doch so warf sie einem wenigstens keine respektlosen Beleidigungen an den Kopf. Ich werde ihr schon noch Manieren beibringen. 

“Jack?”, riss mich Valencio aus meinen Fantasien, was ich alles mit ihr anstellen wollte, “Ein Anruf.” Er hielt mir das Telefon hin und ich nahm es entgegen.

“Pass auf sie auf”, schaffte ich ihm an, ein Auge auf Lia zu werfen, während ich mich um andere Sachen kümmerte. 

Ich verschwand in einem anderen Abteil des Flugzeugs und nahm den Anruf an. Währenddessen genoss ich diesmal wirklich die Aussicht. Wir werden in etwa einer halben Stunde landen und hatten noch eine Autofahrt vor uns, bevor wir mein Anwesen erreichten. 

“Hey, Jack”, ertönte Rubys Stimme durch das Handy, “Ist Lorence bei dir?”

Ich schob die Hand in die Hosentasche und lauschte kurz Lorences Vortrag über seine Schusspräzision. “Er ist beschäftigt.”

Ruby schnalzte genervt mit der Zunge. “Schön. Sag ihm bitte, dass ich morgen Jasper vorbeibringe und dann noch ein Meeting in der Nähe habe. Er soll mich danach abholen und zu euch bringen.”

Ruby war Lorence jüngere Schwester und wurde bereits vor kurzem Mutter eines kleinen Jungen. Ab und an kam es vor, dass wir und sie zur gleichen Zeit in der gleichen Stadt sind. Ruby verbrachte dann meistens ihre freie Zeit bei uns, um Lorence öfter zu sehen. 

“Fassen Sie mich an und ich beiß Ihnen den Finger ab!”, ertönte plötzlich eine allzu bekannte Stimme aus dem anderen Abteil. Sie sollte noch nicht wach sein. Nicht jetzt. 

“Ich muss auflegen. Wir sehen uns morgen Abend.”

Lia sollte eigentlich erst aufwachen, wenn wir gelandet und im Anwesen sind. Doch ich war vorbereitet.

“Du wirst es noch bereuen, so mit mir zu reden!”, drohte Valencio und türmte sich bedrohlich über Lia auf, während er seine Hand um ihren Hals legte. Lia wollte ihren Kopf wegdrehen und hätte sie gekonnt, hätte sie ihm wahrscheinlich die Nase gebrochen. Oder es zumindest versucht. 

Ich räusperte mich und Valencio ließ sofort von ihr ab. Lia schnappte nach Luft und fasste sich an den Hals. Ihre Fesseln hielten sie im Stuhl gefangen, ermöglichten es ihr aber, ihre Arme und Hände zu bewegen. 

Ich gab Valencio ein Zeichen, sich wieder zu setzen und ließ mich dann gegenüber von ihr auf dem Sitz nieder. “Gut geschlafen?”

“Wo fliegen wir hin?!”, verlangte sie sofort zu wissen. “Nach Sizilien.”, ließ ich die Bombe platzen und Lias Augen weiteten sich. “Sizilien?!”

“Kein Sorge”, sagte ich und legte ein Grinsen auf, das ihre Sorgen wohl eher vergrößerte. Zurecht. “Es wird dir in meinem Anwesen gefallen.”

Lia würdigte mich keines Blickes mehr und starrte nur wütend zur Seite. 

Mafia RipperWo Geschichten leben. Entdecke jetzt