KAPITEL 14

5.2K 135 35
                                    

L I A     P. O. V.

Zwei Tage waren vergangen und ich hatte soeben meinen Job im Café gekündigt. Nachdem mein Chef mir die Hölle heiß gemacht hat, dass ich einfach ohne Bescheid zu sagen “zu meiner Oma gefahren bin”, war sein Hass auf mich größer als der Personalmangel. Wir kamen also quasi beide mit der Kündigung aufeinander zu. 

Mein Vater hat mich dazu gezwungen. Er sagte, ich solle mich ausschließlich auf das Studium konzentrieren und noch keine Zeit mit Arbeiten verschwenden. Mittlerweile war er wieder öfter auf der Arbeit und ließ mich alleine Zuhause.

Ich schlenderte die Straße entlang zurück nach Hause und dachte über alles nach. Obwohl noch so viele Fragen offen standen, war ich mir über drei Sachen zu 100 Prozent klar: Ich hasse das Studium immer noch. Was passiert ist, hat mein Leben, wie ich es kannte, über den Haufen geworfen. Und ich bin froh, dass ich Jack nie wieder sehen muss. Außer vielleicht, nachdem er verhaftet wurde. 

Ich spürte regelrecht, wie der Hass auf mein vorherbestimmtes Leben an mir nagte. Mein Vater hat mir nicht nur das Jurastudium aufgezwungen - er hat mein ganzes Leben bereits geplant. Dabei wollte ich nie in diese Richtung gehen. Jura, Anwalt, Polizei, FBI. All das war einfach nichts für mich. Doch immer, wenn mein Vater mich fragte, was ich sonst machen wollte - nicht, dass er es mir gestattet hätte -, hatte ich keine Antwort. Ich weiß nicht, was ich will.

Es bestand kein Zweifel daran, dass Jack für das lebt, was er tut. Er ist mit Leib und Seele der Kopf der Mafia. Und obwohl ich ihn aus tiefstem Herzen verabscheue, bin ich doch so reif und selbstreflektierend, um zuzugeben: Ich kann es verstehen. Er ist gut in dem, was er tut. Und er war auch nur ein Mensch, der einen Freund aus dem Gefängnis holen wollte. Nur ist es mein Pech, dass ich es war, die ihm helfen musste. 

Und...

...Und VIELLEICHT war die ganze Sache rückblickend vermutlich das aufregendste, was mir jemals im Leben passiert ist.

Und jemals passieren wird.

Danke, dass du mich daran erinnerst. Pass auf. Wenn der Teufel das hört, dann sorgt er dafür, dass mir gleich nochmal sowas passiert. 

Ich stieg die Stufen zur Haustüre hoch und schloss die Tür auf. Drinnen angekommen, hing ich meine Jacke auf und ging ins Wohnzimmer. Mein Blick hob sich und was ich dort sah, brachte mein Herz zum Stillstand. 

Mitten im Wohnzimmer standen mein Onkel Matthias und mein Vater. Und neben ihnen stand Jack. 

“Was zur Hölle?!”, rief ich und trat einige Schritte zurück. Mein Blick fiel auf Leander und Lorence, die etwas abseits standen - die Hände in den Taschen. 

“Dad, was---?!”, fing ich an, ihn anzuschreien, doch er unterbrach mich, indem er seine Hand hob. “Lia, beruhige dich, bitte.”

“Beruhigen?!”, bewirkte seine lächerliche Forderung nur das Gegenteil, “Hast du sie noch alle?! Was machen die hier?!”

Jack war allen Ernstes wieder von Sizilien hierher geflogen. Aber wieso ist er hier in unserem Wohnzimmer?! Weiß mein Vater davon?

“Lia, setz dich”, forderte Matthias mich auf und deutete zum Sofa. 

“Einen Scheiß werde ich tun!”

Jack lachte auf und unsere Blicke trafen sich. In mir brodelten viel zu viele Gefühle, als dass ich sie einordnen konnte. Wut, Verachtung, Schock, Angst. Alles. 

“Freut mich auch, dich wieder zu sehen”, gab er provokant von sich, da er ganz genau wusste, dass das nicht auf Gegenseitigkeit beruhte. Jack trat einen Schritt auf mich zu und sofort setzte mein Fluchtinstinkt ein. Ich schüttelte den Kopf und drehte mich um, um geradewegs wieder aus der Tür zu verschwinden. Doch jemand versperrte mir den Weg. Jemand, von dem ich mir hätte denken können, dass er nicht tatenlos in Sizilien rumsitze. Jemand, der in der Konstellation noch fehlte. 

Mafia RipperWo Geschichten leben. Entdecke jetzt