KAPITEL 7

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L I A     P. O. V.

Der Tag war gekommen und mein Vater stand mit seinen gepackten Koffern vor der Haustüre - bereit nach Chicago aufzubrechen. Er wird mit einem Taxi zum Flughafen fahren und mich hier alleine lassen. Seitdem er es mir gesagt hat, zählte ich förmlich die Stunden, bis es endlich so weit war. Nicht etwa, weil ich ihn los haben wollte. Er verbrachte ohnehin die meiste Zeit auf der Arbeit. Nein, mir ging es darum, dass er mir dann nicht mehr vorschreiben konnte, was ich zu tun habe. 

Ich hatte ihn heute morgen noch etliche Male gebeten, Luke nicht zu unserer Großmutter zu bringen, doch er ließ nicht mit sich diskutieren. Sobald er in das Auto stieg, war ich also alleine. Ich wollte den heutigen Abend bei Kate verbringen. Nach allem fühlte ich mich bei ihr irgendwie sicherer als alleine. Und ablenken konnte sie mich auch am Besten. 

“Machs gut, Dad. Bis in einer Woche”, verabschiedete ich mich von ihm und schob ihm seinen letzten Koffer entgegen, anstatt ihn zu umarmen. 

“Ich rufe dich an, sobald ich am Flughafen bin”, versicherte er mir und stieg endlich in das Auto ein. Ich winkte ihm noch zu, bis er außer Sichtweite war. Sofort sprintete ich zurück in den Gang, griff nach meinen Autoschlüsseln und setzte mich selbst ins Auto, um zu Kate zu fahren.

Das wird ein super Abend.

- - -

Das wird ein scheiß Abend. 

Kates Eltern sind sehr streng, was irgendwie Kates aufgeweckter und chaotischer Persönlichkeit widersprach. Und sie haben Kate dazu verdonnert, heute Abend im Haus zu bleiben, da ihre Tante zum Essen vorbeikam. Ihre Tante Margret lebte in Asien und kam deshalb nur selten zu Besuch. Im Gegensatz zu mir. Ich verbrachte viel Zeit bei Kate und trotzdem wusste ihr Vater nicht, wie ich heiße. Ihre Mutter konnte mich aus irgendeinem unerklärlichen Grund auch nicht leiden. Und jetzt musste ich den Abend mit diesem Sauhaufen einer Familie an einem Tisch verbringen. 

Super.

Schonmal daran gedacht, dass dich ihre Mom nicht leiden kann, weil du als Kind ihre Vorhänge abgerissen hast?

Ja. Aber sie sollte mir danken. Die waren viel zu hässlich, als dass man sie hätte hängen lassen sollen. 

“Also, Lia”, begann die Schreckschraube aus dem Nichts ein Gespräch mit mir, “Ich hörte, du wirst in Paris tanzen. Welche Rolle?”

Dank Kate - die offenbar mal wieder den Mund nicht halten konnte - durfte ich mich jetzt mit ihrer Mutter darüber unterhalten.

Wieso fragt die überhaupt?

Als ob es sie interessiert.

Kates Vater saß am Ende des Tisches und schien so einige seiner Lebensentscheidungen zu hinterfragen, als er seinen Wein im Glas kreisen ließ. Margret unterhielt sich mit Kate über ihr Studium - das Kate besser hinstellte, als es eigentlich war. Und das ging nun schon seit Stunden so.

Ich hätte zu Hause bleiben sollen. Selbst mich zu langweilen wäre erträglicher als das. 

Plötzlich vibrierte mein Handy in meiner Hosentasche. Besser gesagt mein Zweithandy. Nachdem meines gestern VeRsEhEnTlIcH gegen die Wand geflogen ist, musste ich mich mit diesem hier zufriedengeben. Es musste mein Dad sein. Er wollte mich anrufen, wenn er am Flughafen ankommt, was jeder Zeit der Fall sein könnte. 

“Entschuldigt mich”, sagte ich und verließ den Tisch, um ins Badezimmer zu gehen. 

Dort angekommen, hob ich ab. “Hey Dad. Sitzt du schon im Flugzeug?”

“Der Flug wird nicht stattfinden”, ertönte die Stimme - die definitiv nicht zu meinem Dad gehörte. 

Ich brachte keinen Ton hervor, sondern starrte nur auf die angezeigte Nummer. Nein. Keine Nummer. Anonym. 

Mafia RipperWo Geschichten leben. Entdecke jetzt