KAPITEL 12

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L I A     P. O. V.

“Träum was schönes” hat er gesagt. Schieb dir deine Selbstgefälligkeit in den Arsch.

Ich rannte in meinem Zimmer auf und ab und suchte nach Gegenständen, die ich vielleicht bei meiner Flucht brauchen könnte. Dank unseres kleinen “Ausflugs” zu dieser Auktion wusste ich in welcher Richtung die Stadt lag. Zwanzig Minuten Fußmarsch und ich bin da. Und habe ich erstmal die Stadt erreicht, brauchte ich nur noch einen sicheren Platz und ein Telefon. Meine einzige Herausforderung war es also, aus dem Anwesen zu flüchten, ohne dass es jemand bemerkte. NiChTs LeIcHtEr aLs dAs. 

Ich riss jede einzelne Schublade und jeden Schrank auf und wühlte darin herum. 

Ich entschied mich dazu, eine lange schwarze Leggins und ein schwarzes Shirt anzuziehen. So würde ich wenigstens nicht sofort entdeckt.

Wenn du so durch die Stadt gehst, sehen wir aus wie ein Serienkiller.

Umso besser. 

Die Schuhe in der Hand, öffnete ich vorsichtig die Tür und spähte hinaus. Es war komplett dunkel und mitten in der Nacht. Ich musste mich darauf verlassen, dass alle schliefen. Ich konnte nicht auf eine andere Gelegenheit warten. Wenn nicht jetzt, wann dann?

Auf Zehenspitzen schlich ich hinaus. Die Schuhe wollte ich erst draußen anziehen, da ich nicht riskieren wollte, gehört zu werden. Ich zählte innerlich nochmal alle Gebete auf, die ich kannte und schlich mich dann die Treppe runter. Der Vollmond warf ein kühles Licht durch die riesige Fensterfront und erhellte das Innere des Anwesens. 

Vorsichtig bewegte ich mich Richtung Haustür. Nicht, weil ich sie benutzen wollte. Das wäre zu einfach und würde niemals funktionieren. Es würde wahrscheinlich einen Alarm auslösen oder was weiß ich. Nein, ich wollte nur von dort aus nach draußen zum Eingangstor des Anwesens sehen. 

Gott, das ist ja wie bei einem Palast. Draußen standen mehrere Männer, die ich tagsüber nie sah, wenn ich denn überhaupt mal jemanden zu Gesicht bekam. Die meiste Zeit verbrachte ich ja im Zimmer. Sie waren wohl nur nachts hier und hielten Wache. Keine Chance, dass ich an denen vorbei komme. 

Die Männer standen alle in einzelnen kleinen Gruppen und einige von ihnen rauchten. Mein Blick fiel auf einen Mann, der abseits der Gruppen stand. Er bewachte eine Nebentür in der Mauer, die das Anwesen umgab. Er warf einen Blick auf seine Armbanduhr und gab den anderen ein Handzeichen. Dann setzte er sich in Bewegung und kam direkt auf das Gebäude zu. Vielleicht ein Schichtwechsel?

Das ist meine Chance. Über die Mauer zu klettern war unmöglich. Entweder sie erwischen mich oder ich falle und breche mir das Genick. Das Haupttor war auch eine Nummer zu groß. Der Nebeneingang war meine einzige Chance. Jetzt musste ich nur einen anderen Weg aus dem Haus finden, als die Haustür. 

“Komm schon, denk nach”, sprach ich zu mir selbst und hielt die Hände an den Kopf, als könnte ich so eine brauchbare Idee herauspressen. Und die kam auch, als mein Blick zufällig auf die Kellertür fiel. Dieser scheiß Keller hat mir genug Ärger eingebracht. Doch er war womöglich auch mein Weg in die Freiheit. Ich erinnerte mich an das kleine Fenster in der Kammer. Es war klein, aber führte zweifellos nach draußen. 

Zeit, die Idee nochmal zu überdenken, hatte ich nicht, da in dem Moment ein Geräusch außerhalb der Tür ertönte. Der Wachtmeister. 

Schnell rannte ich zur Kellertür und sprintete die Treppe runter. Ich zögerte kurz, als ich wieder vor der Tür der Kammer stand, drückte aber dann die Klinke runter und öffnete sie. Wieder trat mir dieser miese Geruch entgegen. Doch mein Blick fiel sofort zum Fenster auf der anderen Seite. Es war etwas hoch, aber machbar. Schnell zog ich meine Schuhe an und stellte mich auf die Spitzen. Ich streckte meine Arme nach oben und öffnete das Fenster. Dann hielt ich mich am Rahmen fest, stieß mich vom Boden ab und kletterte die Wand hinauf. Ich zwängte mich durch das Mini-Fenster und genoss die frische, kühle Luft. Über mir hing ein Eisengitter und ich fühlte mich kurz wie in einem Käfig. 

Mafia RipperWo Geschichten leben. Entdecke jetzt