L I A P. O. V.
Ruby hatte definitiv all die Höflichkeit, Freundlichkeit und Menschlichkeit, die all den anderen fehlten. Mit ihr über ganz alltägliche und normale Dinge zu sprechen, ließ mich wirklich kurz vergessen, wo ich war und wieso.
Es war später Nachmittag und ich lag im Bett. Zuvor hatte ich mir ein Buch aus der Bibliothek besorgt und mir damit die Zeit vertrieben. Doch mittlerweile habe ich es zu Ende gelesen und musste es zurück in die Bibliothek bringen.
Ich sprang also auf und überquerte den Flur. Die Tür war offen und ich trat ein. Auch, wenn ich den Raum nun schon öfter gesehen habe, könnte ich jedes Mal wieder staunen. Ich legte das Buch zurück und sah mich nach einem neuen um. Da die Auswahl groß war, verbrachte ich einige Zeit damit, ein geeignetes auszusuchen. Als ich eins fand, das mich ansprach, nahm ich es vom Regal und verließ den Raum. Ich wollte keine Aufmerksamkeit auf mich ziehen und schloss die schwere Tür deswegen so leise wie möglich. Auf Zehenspitzen wollte ich zurück zu meinem Zimmer gehen, als ich plötzlich ein leises Klimpern hörte - direkt vor meinen Füßen. Ich sah an mir herab und erkannte nur das Glitzern eines Anhängers. Besser gesagt: meines Kettenanhängers.
“Oh nein nein nein”, flüsterte ich und ging auf die Knie, um ihn zu finden. Doch er rollte geradewegs auf das Geländer neben der Treppe zu und ehe ich mich versah, war er verschwunden. Ich sprang auf und lehnte mich über das Geländer. Ich sah nach unten, konnte aber nichts erkennen. “So eine Scheiße.”
Ich stieß mich vom Geländer ab und warf nachdenklich das Buch in meiner Hand hin und her. Wenn ich ihn mir nicht wieder hole, sehe ich ihn nie wieder. Meine Mum hat ihn mir geschenkt und ich wollte nicht, dass er in einem Staubsauger endet.
Ich legte das Buch auf den Boden und ging leise die Treppen runter, bis ins Erdgeschoss. Ab jetzt hielt ich die Augen offen und scannte den ganzen Boden ab. Es war wie die Suche nach einer Nadel im Heuhaufen. Der Anhänger war alles andere als groß und damit leicht zu übersehen. Doch ich ging auf die Knie und suchte weiter.
Das hat doch keinen Sinn. Den findest du nie.
Er muss ja irgendwo gelandet sein.
In dem Moment kam ich an einer offenen Tür vorbei, die mein Interesse weckte - der Keller. Ich wusste genau, dass ich da nicht runter durfte. Ich wusste nicht genau wieso, doch ich konnte es mir denken.
Bei meinem Glück liegt das Teil da unten.
Die Tür stand offen, als wäre es eine persönliche Einladung zu meiner Beerdigung. Denn wenn mich jemand dort unten erwischt...
Tus nicht.
Ich kann das schnell über die Bühne bringen.
Tus nicht.
Er muss da unten sein.
Tus nicht.
Du bist nur mein Unterbewusstsein, du hast hier gar nichts zu melden.
Im nächsten Moment tauchte ich in die Dunkelheit des Kellers ab. Es war nur ein breiter Gang mit einigen Türen jeweils an den Seiten. Anstatt mir auszumalen, was sich wohl hinter den Türen befindet, konzentrierte ich mich lieber auf die Suche. Wieder ging ich auf die Knie und scannte den Boden ab.
Und tatsächlich. Einige Meter von mir entfernt konnte ich etwas kleines, glitzerndes auf dem kalten Boden erkennen. Sofort rappelte ich mich auf und ging darauf zu. Eine Tür zu meiner Rechten warf einen Schatten auf den Anhänger am Boden. Ich hob ihn auf und wollte ihn einschieben. Jedoch hatte ich mich heute für einen Rock entschieden, statt einer Hose. Er hatte keine Taschen, also nahm ich die Kette um meinen Hals ab. Das Licht, das das Erdgeschoss nach unten warf, war zwar schwach, doch es reichte aus. Ich fädelte den Anhänger wieder durch und drückte den Verschluss so fest zu, dass er garantiert nicht mehr aufging.
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Mafia Ripper
RomanceDie 19-jährige Lia wird ungewollt zur Zielscheibe des gefürchteten Mafiabosses, Jack Whitlaw. Denn durch sie hat dieser nun die perfekte Gelegenheit zur Rache an seinem Erzfeind - Lias Vater, dem FBI-Agenten. Aus ihrem gewöhnlichen Leben wird sie in...