KAPITEL 5

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L I A     P. O. V.

“Hast du Jack gesehen?”

“Was?” Mein Kopf schoss regelrecht zu Kate.

“Ob du Chad gesehen hast?", wiederholte sie ihre Frage, wobei ich jetzt erst bemerkte, dass ich sie zuvor falsch verstanden hatte. 

Dieser Mistkerl und sein Name verfolgten mich. Erst letzte Nacht in meinen Träumen und jetzt auch noch bis in die Vorlesung.

“Lia?”, sagte Kate diesmal lauter.

“Was denn?”, motzte ich zurück.

“Hast du?”

“Hab ich was?”

“Ihn gesehen?”

“Wen?”

Kate glotzte mich nur ungläubig an. Dann packte sie die Seiten meines Kopfes, zog mein Gesicht nahe zu ihrem und starrte mir regelrecht in die Seele. “Was hast du genommen, hm? Denn was immer es ist, ich will es auch”

Ich drückte ihre Hände von mir weg. “Kate, was redest du da? Ich hab nichts genommen.”

Sie zeigte mit ihrem Finger auf mich. “Du bist schon seit gestern so durch den Wind. Hat dich Theresas Vortrag so traumatisiert oder was ist los mit dir?”

“Schön wär's”, entgegnete ich monoton, “Ich hab letzte Nacht kein Auge zugemacht.”

Das war die halbe Wahrheit. Es stimmte, ich habe fast gar nicht geschlafen. Doch Kate musste ja nicht wissen, dass es daran lag, dass ich permanent an die möglichen Folgen meiner Straftat denken musste und mich damit abfand, nun in permanenter Angst vor der Mafia zu leben. Ein schöner Start in einen Uni-Tag mit einer viel zu frühen Vorlesung.

“Steht unser Treffen heute Abend noch?”, fragte ich Kate, die ihren Blick zwar auf ihr Handy gerichtet hatte, sich aber dennoch aufmerksam mit mir unterhalten konnte.

“Ja, klar”, antwortete sie, “Ich kann zwar nur eine Stunde, aber ich komme trotzdem vorbei.”

Ich nickte nur und schaute zum hundertsten Mal in den letzten zehn Minuten auf die Uhr. “Seit wann ist Professor Lincoln bitte so spät dran?” Kate zuckte nur desinteressiert mit den Schultern, doch mir erschien das ganze schon sehr suspekt. 

Kate war ohne ihre Brille - die sie nie trug - in etwa so blind wie ein Maulwurf. Deswegen verdonnerte sie mich dazu, mich in jeder Vorlesung mit ihr in die vordersten Reihen zu setzen. Ich drehte mich also um zu den anderen Studenten und ließ meinen Blick durch den fast leeren Saal schweifen. Ich schien nicht die einzige zu sein, der Professor Lincolns ungewöhnliche Verspätung auffiel. 

Doch in dem Moment flog die Tür des Saals auf und ein Professor kam herein. Wurde auch höchste Zeit. 

Ist ja nicht so, als würde ich sowieso nur einen Bruchteil davon verstehen, was die Professoren einem hier erzählen. Das kommt eben davon, wenn man den falschen Studiengang aufgezwungen bekommt.

“Ruhe”, erfüllte die tiefe laute Stimme den Raum.

Moment mal.

Professor Lincoln war ein alter, kleiner, pummeliger Mann mit Glatze und würde niemals so seine Studenten begrüßen. Außerdem war seine Stimme mit einem Mal viel zu anders. Viel lauter, stärker und...

“Oh wow”, flüsterte Kate mir zu, “Sieht ganz so aus, als wäre ein neuer Professor am Campus. Und ein heißer noch dazu.”

Mein Kopf schnellte nach oben und als ich den neuen “Professor” erblickte, stockte mir der Atem. 

Mafia RipperWo Geschichten leben. Entdecke jetzt