Fünfundzwanzig

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Die Nacht war kurz weil ich wach gelegen und über alles nachgedacht hatte. Ich war nicht mehr so wie ich vor der Begegnung mit Ophelia war, auch wenn ich es mir lange Zeit nicht eingestehen wollte. In mir wuchs das tiefe Bedürfnis einer Verbindung zu einer anderen Person, die durch nichts und niemanden gebrochen werden konnte. Ich dachte an das Date zurück und an die vielen Momente, in denen Ophelia einfach nur da saß - aber sie lächelte. Das war ein gutes Zeichen...

Der nächste Morgen kam und ich sprang vor dem Wecker aus dem Bett. Ich war energiegeladen obwohl ich kein Auge zugetan hatte und musste die Zeit sinnvoll nutzen. Also zog ich mich um und lief um das Gelände, Runde für Runde. Es war mein Ausgleich zu allem anderen. Etwas später betrat ich die Küche, schnappte mir eine Tasse Kaffee und grinste von einem Ohr zum anderen, als ich Anya sah. Sie hatte sich umgeschaut und wohl nicht damit gerechnet das ich in Begleitung war, trotzdem wirkte sie zufrieden. "So wie du grinst scheint es gut gelaufen zu sein. Was sind deine nächsten Pläne?" fragte sie.

"Ein weiteres Date." murrte ich und verbarg das wachsende lächeln hinter der Kaffee Tasse. Das ich das einmal von mir selbst sagen würde hätte ich nie gedacht, aber es machte mich nervös und hibbelig an das nächste Treffen mit Ophelia zu denken. "Und ehrlich gesagt... Hab ich auch schon eine Idee." fügte ich hinzu. Anya schob ihre Arbeit beiseite, lehnte sich mit den Handflächen gegen die Arbeitsplatte und sah mich interessiert an. Sie wollte alles wissen und ich war nur zu gern bereit sie aufzuklären.

Dank der älteren Dame des Hauses war es gelungen Ophelia hierher zu locken. Anya sprach für mich die Bitte nach einem weiteren Date an und obwohl es vermutlich besser gewesen wäre das selbst zutun akzeptierte Ophelia die Einladung ohne mit der Wimper zu zucken.

Jetzt war ich noch aufgeregter als ohnehin schon und in wenigen Stunden würde der Klang ihrer Stimme wieder die Leere des Hauses füllen. Bis dahin gab es aber noch einiges zutun.

Ich gab den Männern frei, denn ich wollte sie nicht auf dem Gelände haben. Einige protestierten, weil so die Sicherheit nicht gewährleistet wäre, knickten aber dann doch ein als ich mit Blanko Schecks wedelte. Für das was ich vor hatte konnte ich keine weiteren Augen gebrauchen, besonders nicht dann, wenn ich mich so zeigte wie nur Ophelia mich gesehen hatte : Sanft und weich, ganz anders als die Männer überhaupt gewohnt waren.

Anya gab ich auch frei und sie strahlte, aber nicht wegen der Freizeit sondern weil ich den Plan für das nächste Date fast komplett alleine aufgestellt hatte. Sie wollte jedoch zumindest dafür sorgen, daß es uns an nichts fehlte und füllte den Kühlschrank, ehe sie ihre gewohnte Umgebung - die Küche und somit das Haus - verließ.

Indes war ich damit beschäftigt Kerzen aufzustellen. Es waren keine richtigen, sondern diese LED Teile die mit einer Fernbedienung funktionierten. Die Anlage lief im Hintergrund leise und hüllte alles in die sanfte Musik, die ich ausgesucht hatte. Im Ofen in der Küche stand ein Gratin - selbst gemacht - und ein Salat wartete darauf bereit gestellt zu werden. Dazu hatte ich einen Weißwein ausgesucht.

Alles war bereit und die Nervosität wuchs, als es an der Tür klopfte. Ich hatte darum gebeten sie abzuholen, aber sie hatte mir ausrichten lassen das sie das nicht wollte. Nun stand ich da, in einem schwarzen Anzug - diesmal ohne lästige Krawatte - mit einem Hemd das an den oberen Knöpfen offen stand... Ich stand da und wartete, bis sie zu mir kam.

So wie es sein sollte. So wie es immer hätte ablaufen sollen.

"Guten Abend." flüsterte sie und trat näher. Wieder trug sie ein bodenlanges Kleid, doch diesmal passten wir auch farblich zueinander. "Du siehst hübsch aus." antwortete ich sofort und biss mir auf die Zunge. Ich wollte nicht so vorschnell nach vorne preschen aber es war die Wahrheit - sie war atemberaubend. "Danke gleichfalls." antwortete sie mit einem lächeln. Mit einer einladenden Handbewegung gestikulierte ich in Richtung Küche und lief direkt hinter ihr.

Nach einem recht ruhigen Dinner zu zweit kamen erste Zweifel auf, ob ich alles richtig gemacht hatte. Es fehlte an Lockerheit, wie zuvor im Restaurant.

"Ich möchte gern..." - "Vielleicht sollte ich..." - wir fielen uns gegenseitig ins Wort. Ich lächelte über diese Kleinigkeit und Ophelia entspannte sich auch. "Du zuerst." murrte sie. "In Ordnung. Ich habe noch etwas geplant, also... Wenn du fertig bist kannst du dein Weinglas mitnehmen und mir folgen." gab ich zurück und stand auf. Der nächste Schritt war der schwerste weil ich das noch nie zuvor getan hatte. Ich hatte nicht direkt Angst oder Panik, aber etwas unwohl fühlte ich mich dennoch.

Alles war vorbereitet und bis auf eine Sitzmöglichkeit mit kleinem Beistelltisch gab es kaum etwas, das noch im Wohnzimmer stand. Ich hatte alles aus dem Weg geräumt um Platz zu haben.

Ophelia beobachtete jeden meiner Schritte. Ich ging auf die kleine Anlage zu, die die ganze Zeit leise klassische Musik gespielt hatte und hielt inne, um mich selbst auf das, was gleich kam vorzubereiten. Es war meine Idee gewesen - jetzt verteufelte ich mich dafür. Aber ich zog es durch, weil ich schon zu weit gekommen war...

In einer fließenden Bewegung drehte ich mich zu Ophelia. Sie sah mich noch immer skeptisch an, schwieg aber. Was auch immer in ihrem hübschen Kopf vor sich ging war ein Geheimnis, unergründlich für mich. "Würdest du... Mit mir tanzen!?" fragte ich als die Musik leise einsetzte. Fast sofort stellte sie ihr Glas auf dem kleinen Beistelltisch ab und kam auf mich zu. Sie empfing meine Umarmung, legte ihre Arme um meinen Nacken während meine ihren Rücken hinab glitten. Wir waren so dicht beieinander, so eng miteinander verbunden wie ich es mir erhofft hatte.

Dann begann ich zu flüstern... Gerade rechtzeitig um den Einsatz nicht zu verpassen. Mein flüstern wurde zu etwas deutlicheren Worten und so sang ich - mit Ophelia in meinen Armen - das Lied der Stones mit, das passender nicht hätte sein können. Ich vergaß all die Bedenken und Zweifel, weil es sich richtig anfühlte es für die Frau zutun, die mir wichtiger war als ich selbst.

Und Ophelia? Sie drückte sich fest an mich, lauschte dem Klang meiner Stimme und den Worten, die aus meinem Mund kamen.

BLOODLINE : CameronWo Geschichten leben. Entdecke jetzt