Ich suchte nicht nach ihr.
Ich nahm an das sie es nicht wollte und ich wusste auch gar nicht was ich hätte sagen sollen, hätte ich sie gefunden. Wir hatten einen Deal und dieser hatte seinen Abschluss mit dem Tod von Alessandro gefunden. Ich wusste das es früher oder später darauf hinaus laufen würde - das sie weggehen und ihr Leben neu aufstellen würde.
Aber ich hatte nicht damit gerechnet das es mir doch so viel ausmachte.
Ich vergrub mich tief unter Arbeit, besuchte Anya im Krankenhaus und kümmerte mich um die Zukunft. Alessandro's ausscheiden hatte die Fronten neu gemischt und da mein Vater mir persönlich jetzt keine Steine mehr in den Weg legen konnte, hielt ich offiziell an einer Partnerschaft mit Eden fest. Wann immer ich seine Expertise, seine Männer oder etwas anderes brauchte, ich konnte mich auf ihn verlassen.
Doch all das änderte nichts an den nächtlichen Gedanken, die mich wach hielten. Nichts davon hatte genug meiner Energie gefordert, sodass ich nicht an sie dachte. Ging es ihr gut, dort wo sie nun war? Hatte sie einen Unterschlupf und alles, was sie benötigte?
Nacht für Nacht blieb ich wach, starrte die Zimmerdecke an und bemitleidete einen Teil von mir selbst, von dessen Existenz ist bis zu ihrem Weggang nicht einmal gewusst hatte - bis zu einem Morgen, Wochen später, an dem ich genug hatte. Es konnte nicht mehr so weiter gehen.
Ich war gerade dabei alles herzurichten und Anya abzuholen, die endlich nach Hause kommen durfte. Sie wusste noch nichts von dem, was geschehen war und ich wusste das ich mich ihr stellen musste - das war ich ihr schuldig, auch wenn ich alles einfach nur vergessen wollte.
Mit einem letzten Handgriff stellte ich die Vase mit frischen Blumen auf die Anrichte in der Küche, dann griff ich nach den Schlüsseln zu meinem Fahrzeug. Ich schaute in das Glas vor mir, das mein Gesicht widerspiegelte und konnte die dunklen Ringe unter meinen Augen nicht leugnen. Alles hatte sich verändert - sogar ich.
"Dann wollen wir mal." murmelte ich zu mir selbst und verließ das Haus.
•
Die Fahrt zum Krankenhaus war unspektakulär und ruhig. Die Stille im Inneren war bedrückend, trotzdem verzichtete ich darauf sie mit Musik zu füllen. Ich ertappte mich sogar dabei wie ich an jeder Ampel nach rechts schaute und nichts weiter als einen leeren Platz vorfand. Es war bescheuert überhaupt so viel darüber nachzudenken... Ganz abgesehen davon, daß es nichts änderte. Ich musste endlich wieder zu mir selbst zurück finden ohne mich selbst jeden Tag mit Gedanken und Fragen zu quälen, auf die ich sowieso niemals eine Antwort bekam.
Ich musste nach vorne blicken.
Die ältere Dame stand mit gepackten Koffern bereits am Eingang, wo sie auf mich wartete. Sofort erhellten sich meine düsteren Züge, weil auch sie lächelte als sie mich sah. "Anya!" rief ich als ich ausstieg. Der Motor lief noch, aber das spielte keine Rolle. Ich war heilfroh das sie endlich nach Hause kam.
Etwas ungewohnt nahm ich sie in den Arm und drückte sie an mich. Die zierliche Dame erwiderte die Umarmung sofort und es war wie Balsam für die Seele, das ich nicht alles verloren hatte. "Cameron! Du siehst furchtbar aus. Schläfst du überhaupt?" fragte sie und drückte mich etwas weg um mir ins Gesicht zu sehen. Dies war nicht der richtige Platz und schon gar nicht der richtige Zeitpunkt um über irgendwas zu sprechen, weshalb ich die Frage umging. "Lass uns fahren." murmelte ich und griff anschließend nach ihrem Koffern.
Sie stieg in den Wagen und ich tat es ihr gleich, wohl aber darauf bedacht nicht allzu sehr ins Verhör zu geraten, das sich bereits anbahnte. "Es gibt einiges das ich dir erzählen möchte, aber lass uns das bitte zuhause machen, ja?" bat ich und konzentrierte mich auf die Straße vor mir. Anya schwieg und legte ihre Stirn in Falten, bis sie letztlich doch den Mund öffnete. "Was ich von dir wissen möchte ist... Wieso? Nach allem was war, meine ich."

DU LIEST GERADE
BLOODLINE : Cameron
Romance⚠️ Teil 1 der Bloodline Reihe ⚠️ Ich will Rache... Aber bin ich bereit jeden Preis dafür zu zahlen? Was, wenn nicht? AUFTAKT ZUR BLOODLINE REIHE Cameron DaSilva führt ein freies Leben. Als einzigster Sohn von Matheo DaSilva gehört er zu den Erben d...